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Beethovens Sinfonien Nr. 1 bis 9 mit der Staatskapelle Dresden unter Herbert Blomstedt bei Berlin Classics erschienen/

07.06.2020 | cd

Beethovens Sinfonien Nr. 1 bis 9 mit der Staatskapelle Dresden unter Herbert Blomstedt bei Berlin Classics erschienen/

mit virtuosem Zauber

Ludwig van Beethoven: Symphonien Nr.1-9 (4 CDs) – jpc

Die Wiedergaben der ersten und zweiten Sinfonie wirken hier ausgesprochen feinnervig und gut strukturiert. Haydn und Mozart erscheinen hier nie aufdringlich als Vorbilder. Vor allem bei der ersten Sinfonie sticht das rhythmisch prägnante Hauptthema hervor. Mit feiner, nie „knallig“ wirkender Dynamik wird die Sinfonie Nr. 3 in Es-Dur op. 55, „Eroica“, interpretiert. Die Auseinandersetzungen drängen dabei zu einer energischen Entscheidung. Ungewöhnlich, eigenwillig und kämpferisch musiziert erscheint auf dieser CD-Box vor allem die Interpretation der Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67. Symbolhaft beginnt das Werk düster und trotzig und endet hymnisch-feurig in sieghaftem C-Dur-Glanz. Die Gewalt eines Naturereignisses ist bei dieser Wiedergabe sehr präsent und eindringlich. Und die Sinnfälligkeit der einzelnen Themen fällt stark ins Gewicht, wobei Herbert Blomstedt die Rubato-Effekte facettenreich betont. Die schicksalhafte Wucht des Kopfthemas kommt so nie zu kurz. Plötzlich schwingt mit viel Energie die Fugato-Stimmung mit, wobei Blomstedt die elektrisierende Spannung mit dem Orchester behutsam aufbaut. Bei der Sinfonie Nr. 6 in F-Dur op. 68, der „Pastorale“, gelingt es Blomstedt mit großer Sensibilität, das schlichte Eröffnungsthema mit eindringlicher Durchsichtigkeit zu beschwören. Seinen wahren Reichtum offenbart es durch immer wieder neue harmonische Abwandlungen, die sinnfällig herausgearbeitet werden. Und auch hier fehlt nie der für Beethoven so wichtige Spannungsbogen. Im Finale der Sinfonie Nr. 7 in A-Dur entlädt sich die Musik mit ekstatisch-dionysischem Taumel. Das Kopfthema entfaltet sich mit entfesselter Intensität, wobei es Blomstedt immer wieder gelingt, die verschiedenen Themenströme zusammenzuhalten. Die kunstreichen Finessen der Durchführung werden subtil ausgekostet. Und die abschließende Coda enthüllt eine überschäumende „Apotheose der Lebensfreude“. Erfrischend wirkt bei dieser gelungenen Einspielung außerdem die verschmitzte Heiterkeit der Sinfonie Nr. 8 in F-Dur op. 93, die keineswegs überhitzt erscheint. Ein Höhepunkt dieser Einspielung ist sicherlich das grandios interpretierte Finale der Sinfonie Nr. 9 in d-Moll op. 125, wo die Staatskapelle Dresden zusammen mit dem Chor der Staatsoper Dresden und dem Rundfunkchor Leipzig sowie den Gesangssolisten Helena Doese (Sopran), Marga Schiml (Alt), Peter Schreier (Tenor) und Theo Adam (Bass) einmal mehr brilliert. Der gellende Ausbruch des Beginns führt direkt zu den aufwühlenden Erinnerungen der vorangegangenen Sätze. Drängender und leidenschaftlicher kann man das kaum interpretieren. Oboe und Fagotte spielen zart auf die Freudenhymne an. Vor allem die Struktur der grandiosen Doppelfuge hat Herbert Blomstedt überzeugend im Blick. Der Intensität dieser 1975 bis 1980 im sächsischen „Elb-Florenz“ entstandenden Aufnahmen kann man sich nicht entziehen, auch wenn die Struktur im Finale der zweiten Sinfonie noch pointierter sein könnte.   

Alexander Walther

 

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