Bayreuth: Internationales Stipendiatenkonzet 2015 der Richard-Wagner-Stipendienstiftung in der Stadthalle Bayreuth
ERSTAUNLICHE MUSIKALISCHE VIELFALT
Internationales Stipendiatenkonzert der Richard-Wagner-Stipendienstiftung am 6. August 2015 in der Stadthalle/BAYREUTH
Vielfältige Talente stellten sich in der gut besuchten Stadthalle vor. In Anwesenheit von Schirmherrin Eva Wagner-Pasquier wurde der Abend mit dem Marimba-Virtuosen Felix Uttenreuther eröffnet, der eine melodisch ungemein einfallsreiche Komposition des Serben Nebojsa Jovan Zivkovic vorstellte: „Ilijas“ für Marimba. Neben Staccato-Effekten überzeugten hier die raffiniert gestalteten chromatischen Passagen. Jure Pockaj (Bariton) und Alexandra Goloubitskaia (Klavier) interpretierten anschließend die Arie „Largo al factotum della citta“ aus der Oper „Der Barbier von Sevilla“ von Gioacchino Rossini. Der Zauber der Opera buffa blitzte immer wieder höchst schelmisch hervor und verlieh der Stimme ein facettenreiches Charisma.
Auch die Gefühlskraft der Mozartschen Tonsprache kam hier nicht zu kurz. Interessant war ebenso die Deutung von „Una furtiva lagrima“ aus dem „Liebestrank“ von Gaetano Donizetti durch den talentierten Tenor Yonkeun Kim (Richard-Wagner-Verband Stuttgart). Parodistische Momente, Brio-Effekte und blühendes melodisches Leben gingen in wahrhaft reizvoller Weise ineinander über. Begleitet wurde er wiederum von Alexandra Goloubitskaia am Klavier. Die wandlungsfähige Sopranistin Tatjana Miyus (Wagner-Forum Graz) wurde bei „Sul fil d’un soffio etesio“ aus Giuseppe Verdis „Falstaff“ ebenfalls von ihr begleitet. Und die Verschmelzung von Arioso und Parlando glückte einmal mehr in bemerkenswerter Weise. Der polyphon-kontrapunktische Geist beherrschte hier die Wiedergabe. Irina Marinas (Sopran), Haruna Yamazaki (Mezzosopran) und Don Lee (Bass) als überraschender Einspringer belebten das Terzett „Soave sia il vento“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ mit elektrisierender Lebendigkeit. Die überirdische Heiterkeit ging dabei auf den melodischen Zauber über. Marta Czech (Klavier) gewann dann „Vallee d’Obermann“ aus den „Annees de pelerinage“ von Franz Liszt rasanten Elan und wildes Feuer ab. Die Werther-Seele drückte hier ihre Begeisterung für die Natur aus. Massige Akkorde und schlanke Modulationen hielten sich die Waage – und die junge Pianistin verlor nie ihre sichere Balance. Marta Wryk (Mezzosopran) intepretierte zusammen mit Alexandra Goloubitskaia (Klavier) „Una voce poco fa“aus Rossinis „Barbier von Sevilla“ mit dem passenden mediterranen Geist. Und Sunggoo Lee (Tenor) entdeckte zusammen mit Alexandra Goloubitskaja bei Georges Bizets „Carmen“ den glutvollen Impetus des Werkes. Mirella Hagen (Sopran, Bayreuther Festspiele) interpretierte zusammen mit Jobst Schneiderat (Klavier) sieben frühe Lieder von Alban Berg. Die Vertiefung des seelischen Ausdrucks erreichte dabei vor allem bei einzelnen Nummern wie „Die Nachtigall“ oder „Liebesode“ eine starke Intensität. Manfred Blassmann (Bass) gefiel daraufhin bei der Klage des Königs Marke mit Jia Jia (Klavier) aus Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Auch hier konnte man erahnen, wie sich aus der geheimnisvollen Keimzelle des Motivs ein berückendes musikalisches Klanggebilde entwickelt. Johana Simon (Sopran) begeisterte dann zusammen mit Jia Jia (Klavier) bei „Dich, teure Halle, grüß ich wieder“ aus Richard Wagners Oper „Tannhäuser“ mit schwelgerischen Kantilenen und dynamisch feingliedriger Akkuratesse. Don Lee (Bass) verlieh dem Hagen aus Richard Wagners „Götterdämmerung“ mit Jia Jia (Klavier) ein robustes Pathos und einen immensen Ausdruckswillen, der sich immer mehr steigerte. Andrew Dickinson (Tenor) von „The Wagner Society London“ brachte „Der Meister Tön‘ und Weisen“ aus Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ auf den richtigen Punkt. Da triumphierte ein überaus strahlkräftiger Tenor über alle kontrapunktischen Klippen – und besaß in der Pianistin Alexandra Goloubitskaja eine bewegliche Begleiterin. Domen Krizaj (Bariton) erfüllte das „Lied an den Abendstern“ aus Richard Wagners „Tannhäuser“ zuletzt mit einer ergreifenden, schlichten Intensität, die ungemein unter die Haut ging.
Alexander Walther