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BAYREUTH MAX EMANUEL CENCIC „40 Jahre auf der Bühne“ – Markgräfliches Opernhaus Bayreuth

11.09.2022 | Konzert/Liederabende

BAYREUTH MAX EMANUEL CENCIC „40 Jahre auf der Bühne“ – Markgräfliches Opernhaus Bayreuth; 10.9. 2022

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Max Emanuel Cencic-Gala. Das Orchester. Copyright: Bayreuth-media

Arien von G.F. Händel für Senesino

Ein Tausendsassa ist er, voller Ideen, unermüdlich, wandelbar, in vielen Gestalten erscheint er so überraschend, wie einst Jupiter das tat. Aber nicht, um gar liebliche Nymphen zu verführen, sondern die Welt des Theaters reicher, fantasievoller, originärer und bunter zu gestalten. Max Emanuel Cencic ist Impresario, Intendant, Sänger, Regisseur, kurzum, der Mann für alles in der schnörkelig pompösen Welt der Barockoper. Mit dem Singen zu üben begann Max mit drei Jahren, wie mir seine wie der Sohn modebewusst-fesche Mutter, die selbst Opernsängerin war,  anvertraut hat. Mit sechs Jahren war Max schon Sopransolist und hat bei einer Fernsehshow die Königin der Nacht tiriliert. Wer aber hören will, wie urmusikalisch und voller Ernst bei der Sache der junge Cencic schon als Kind singen konnte, dem sei das Video vom Frühlingsstimmenwalzer des Johann Strauss II aus Belgrad 1987 empfohlen. Link:

https://www.youtube.com/watch?v=RP4AkmVYOto

Von der Persönlichkeit und Begabung her war damals schon alles da, was ihn seine ganze Karriere hindurch und auch an dem Bayreuther Jubiläumsabend auszeichnet. Große Disziplin, eine stupende Musikalität, präzise intonation, eine ebenmäßige und ruhige Stimmführung ohne Registerbruch sowie bei aller stolzen Keckheit im Aufritt doch eine liebenswürdige  Schüchternheit. 

Mit der Karriere ging es Schlag auf Schlag. Die Laufbahn führte ihn von den Wiener Sängerknaben (Sir Georg Solti schwärmte von seinem Talent, als Max als einer drei Knaben in der legendären Zauberflöteneinspielung für DECCA mitwirkte), bald in viele europäische Länder und bis nach Japan. Zum Gesang gesellte sich die Lust am Inszenieren, was er in Karlsruhe (Handels „Arminio“) aber vor allem in Bayreuth tat, wo Cencic seit drei jähren künstlerischer Leiter des Festivals Bayreuth Baroque ist. Da gab es als Einstand einen höchst erfolgreich und innovativ inszenierten „Carlo il Calvo“ von Porpora und heuer die bejubelte Premiere von Vincis 300 Jahre nicht mehr aufgeführter Oper „Alessandro nell’Indie“.

May Emanuel Cencic ist seit 2001 Countertenor und nat sich insbesondere für die Renaissance der neapolitanischen Barockoper verdient gemacht. Wie tief er in Archiven gegraben hat und dort auch fündig geworden ist, bezeugen eine Vielzahl an erstklassigen CD-Einspielungen: „Rodrigo“, „Faramondo“, „Alessandro“, „Tamerlano“, „Arminio“ und „Ottone“ von Händel, „Farnace“ von Vivaldi oder „Artaserse“ und „Catone in Utica“ von Vinci.

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Max Emanuel Cencic. Copyright: Bayreuth-media

Cencic ist ein tief erfahrener, historisch interessiert wissender, mutiger und neugieriger Künstler. Vom Typ her hat er etwas eines Universalisten der Renaissance. Als künstlerische Seele der Agentur „Parnassus“ des quirlig umtriebigen Georg Lang kümmert er sich aber auch um die Entdeckung neuer Talente. Den sängerischen Nachwuchs berät und fördert er, die besten unter ihnen werden für seine Produktionen engagiert. Als Beispiel dafür, welch goldenes Händchen Cencic dafür hat, möge der Sopranist Bruno de Sá dienen, der das Publikum in Bayreuth nachtigallengleich in höchsten Lagen koloraturwirksam um die Finger gewickelt hat.

Seit dem Frühlingsstimmenwalzer 1987 ist viel Wasser die Donau hinab geflossen. Die Stimme von Max Emanuel Cencic ist breiter und dunkler geworden, aus der Sopranstimme ist allmählich ein stilmmmächtiger Mezzo erblüht. Heute singt er am liebsten in der Altlage, was nicht heißt, dass er nicht mit Genuss und wirksam nach wie vor Spitzentöne zu platzieren weiß. Erhalten hat sich Cencic eine unglaubliche Geläufigkeit der Gurgel, die ihn zu einem legitimen Nachfolger all der Starsänger des 18. Jahrhunderts macht.

Auf dem Programm der Jubiläumsnacht standen acht von Atmosphäre und Temperament her unterschiedliche Arien aus den Opern „Radamisto“, „Giulio Cesare“, „Poro, „Ricardo Primo“, „Orlando“, „Tolomeo“ und “Ezio“, die Händel Senesino auf den Leib komponiert hat. Der Altkastrat mit bürgerlichem Namen Francesco Bernardi galt zu einer Zeit nicht nur als unberechenbar und launenhaft, sondern ihm wurden wegen seiner Sangeskünste auch die höchsten Gagen seiner Zeit bezahlt. Senesino stand mit den Rival Queens Francesca Cuzzoni und Faustina Bordoni gleich bei fünf Uraufführungen Händel in London gemeinsam auf der Bühne. 

Wie das damals gewesen sein könnte, davon gab Max Emanuel Cencic beim Konzert einen nachhaltigen Eindruck. Vor allem das herzzerreissende „Ombra cara“, das flöten- und hornumflorte  „Se la mia vita“ (Ezio) und der virtuose Reisser „Vile, se mi das vita“ (Radamisto) entzückten. George Petrou dirigierte das nicht immer lupenreine Originalklangorchester Armonia Atenea um-, jedoch für meinen Geschmack um einen Deut zu vorsichtig.

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Max Emanuel Cencic. Copyright: Bayreuth-media

Das Publikum war von fern und nah gekommen, um mit dem Sänger zu feiern und ihn für seine bisherige Lebensleistung hochleben zu lassen. Es ist ein kleines Wunder, wie frisch und unverbraucht sich Cencic seine Stimme bewahrt hat. Eine bestimmte Robustheit, eine kluge Rollenwahl und eine felsenfeste Technik haben das Ihrige dazu beigetragen. Dass er seine Talente im Lauf der Jahre so diversifiziert hat, ermöglicht es ihm aber auch seinem Publikum, die wertschätzende Partnerschaft noch lange fortzusetzen. Wir freuen uns auf neue Rollen ebenso wie auf künftige Regiearbeiten, mastabsetzende Ausgrabungen sowie auf viele weitere bereichernde Begegnungen. 

Der Online Merkel gratuliert herzlich zum Bühnenjubiläum!

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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