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BAYREUTH/ Festspiele: TANNHÄUSER UND DER SÄNGERKRIEG AUF WARTBURG. Derniére

23.08.2021 | Oper international

Bayreuther Festspiele: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg  23.8.2021

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Stephen Gould. Foto: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Die Euphorie über die Tannhäuser-Neuinszenierung 2019 von Tobias Kratzer, deren Idee, die Venusberg-Szene mit einer Clowns-Truppe darzustellen, die sich in einem Wohnmobil auf einer Fahrt durch die Wälder der Wartburg zum Festspielhaus nach Bayreuth aufmacht, war jetzt irgendwie verflogen. Das lag wohl in erster Linie an den SängerInnen. Die neue, eigentlich schon 2019 als Venus vorgesehene Ekaterina Gubanova verblieb stimmlich blaß und konnte auch nicht das  darstellerische Format ihrer Vorgängerin Ekaterina Zhidkova erreichen. Steven Gould war in den gefürchteten Strophen seines Liedes an Venus noch nicht auf gewohntem Niveau, was sich aber im Verlauf änderte. Seine Truppe wird vervollständigt von Le Gateau Chocolat, wegen dessen Corona bedingten Nichteinreise vertreten durch Kyle Patrick, der besonders tänzerisch elegant in gelben und rosa Tutu wirbelte, sowie Manni Laudenbach als Oskar, der wieder köstlich schauspielerte. Im  Film wird das Scheitern der Truppe, bedingt durch das Zerwürfnis Tannhäuser Venus mit drastischen Mittel gezeigt, danach wirkt die Szene am Festspielhaus mit den Festspielsängern etwas unkoordiniert. Und später wird nicht klar, warum Tannhäuser von Polizisten verhaftet wird: Weil er ‚versungen‘ und zum Eintritt in den Venusberg aufgerufen hatte, oder als Rädelsführer einer Clownstruppe, die ins Festspielhaus eingedrungen war. Aber egal. 

In diesem 2.Akt wird die Zweiteilung der Bühne beibehalten. Oben werden Backstage-Auftritts-Szenerien live in schwarz-weiß gefilmt, unten eine fast weitgehend originale Wartburg Sängersaal-Draperie mit einem Sängerpodium gezeigt, das mittig von hinten bis  ganz nach vorne führt. Im backstage Bereich spielen sich oft unvorhergesehene Begegnungen und Begrüßungen ab, magisch dann immer der Augenblick, wenn Solisten oder Choristen oben die Bühne betreten und dann unten als Personen erscheinen. Eine besonders musikalisch starke Steigerung ergibt sich bei dem großen Chorauftritt nach der Venusberg-Aufforderung Tannhäusers. Obwohl nur die Hälfte der Chorsänger  nicht singend auf der Bühne steht , die andere Hälfte singend aus dem Chorsaal übertragen wird, ergibt sich eine ansprechende Choreographie, bei der Kratzer aus der Not eine Tugend macht. Die Spannung steigert sich bis zum Bersten und wird erst durch den Ruf „Nach Rom“ aufgelöst. 

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Günther Grössböck, Kyle Patrick, Ekaterina Gubanova, Manni Laudenbach und Stephen Gould. Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Auch im 3.Akt ist eigentlich wenig geändert. Prägnant wird der Liebesakt Elisabeth / Wolfram im ausgebrannten Wohnmobil hervorgehoben. Bei der Romerzählung stöbert Wolfram in Heinrichs Tagebuch, dieser entwendet es ihm aber, zerfleddert es und reißt wütend die Seiten heraus. Auf dem Riesen-Webeplakat erscheint wieder Gateau Chocolat als schwarzer bärtiger Transvestit und daneben eine Goldarmbanduhr. In der Schlußszene wird die verstorbene Elisabeth mit ihrem weißen Königskleid bedeckt, in einem kurzen Filmabspann sieht man sie aber mit Tannhäuser in dem Wohnmobil glücklich wegfahren. (Bühne und Kostüm: Rainer Sellmaier, Video: Manuel Braun)

Die vier gut itintonierenden Edelknaben sind Cornelia Heil, Ekaterina Gubanova (einmal gewollt hinterher), Laura Margaret Smith und Karolin Zainert. Den jungen Hirten gibt Alexandra Steiner, klanghell aber vielleicht diesmal etwas zu manieriert. Jorge Rodriguez-Norton stellt den Heinrich der Schreiber, Wilhelm Schwinghammer Reinmar von Zweter. Den Biterolf zeichnet charakteristisch, auch im lebhaften Spiel und mit kernigem Baß Olafur Sigudarson. Magnus Vigilius gestaltet seinen Kurzgesang schön tenoral phrasiert. Als Landgraf tritt Günther Groissböck mit ruhigen autoritativen Gesten auf und mit der gewohnt sonoren dunkel bassalen Stimme. Markus Eiche ist als Wolfram ein Highlight mit balsamisch hellgestimmtem Timbre, in den Hit- Arien singt er die Phrasen auf beglückende Weise aus. „Seine“ Elisabeth, die es aber nur für eine kurze Zeitspanne zu sein scheint, ist wieder die prachtvolle Lise Davidsen, die aber auch die intrikate Arie im 3.Akt fein abstufen und -tönen kann. Im Duett nach der Hallenarie mit Heinrich jubeln beide auf hohem Level. 

Das Orchester unter der starken Leitung von Axel Kober ist besonders bei den wie Gücks- Schauermomente wirkenden Zwischenpassagen 3.Akt, abwechselnd mit den versonnenen Holzbläsern, in seinem Element mit fabelhaftem Spiel.                                                               
Friedeon Rosén

 

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