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BAYREUTH/Festspiele: SIEGFRIED und GÖTTERDÄMMERUNG – Premiere am 3. und 5. August 2022 und RING-Abschlusskritik

BAYREUTH/Festspiele: SIEGFRIED und GÖTTERDÄMMERUNG – Premiere am 3. und 5. August 2022 und RING-Abschlusskritik

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 Herbe Enttäuschung der Bayreuther Aktualisierungseuphorie

 Es hat sich also bestätigt: Einen ganzen „Ring des Nibelungen“ in nur neun (!) Monaten von Null auf die Bühne zu stellen, wie es sich angesichts der Ankündigung der Leiterin der Bayreuther Festspiele im Sommer 2019, dass der damals etwa 30-jährige Valentin Schwarz nach Absage von Tatjana Gürbaca den „Ring“ übernehmen würde, mit Blick auf den Probebeginn 2020 errechnen ließ, ist schlicht unmöglich. Zumindest nicht ohne die bei diesem größten Werk der Opern-Literatur erforderliche Werkkenntnis, Akribie im Studium von Partitur und Libretto sowie einer offenbar unerlässlichen gewissen Erfahrung. Als die Pandemie ausbrach und zur Absage der Festspiele 2020 führte, lag sofort der – auch für ihn selbst – doch beglückende Gedanke nahe, dass nun der aufgrund eines der Festspielleiterin übergebenen Zettels beim Grazer Ring-Award 2017 zum Zuge gekommene Preisträger  Schwarz die am Grünen Hügel übliche Vorlaufszeit für die Entwicklung der Tetralogie doch noch haben konnte. Für sie wurde bisher aus gutem Grunde am Grünen Hügel stets ein „Ring“-loses Jahr in Kauf genommen. Aber nein, Schwarz meinte damals etwas großspurig und allzu selbstüberzeugt, der „Ring“ sei fertig, also die Bühnenbilder und Kostüm-Entwürfe mit bestellten Stoffen sowie das Gesamtkonzept an sich. Man müsse daran nicht mehr arbeiten, bis auf die Proben natürlich. Die Kostüme Andy Besuchs der männlichen Akteure hätte man jedoch bei einem Rundgang mit dem Personal durch die einschlägigen Kaufhäuser der Bayreuther Innenstadt in einem halben Tag zusammenkaufen können. Der ewige rosa Morgenmantel von Brünnhilde in der „Götterdämmerung“ hätte wahrscheinlich einer ein paar Tage in Anspruch nehmenden Katalogbestellung bedurft. Und schließlich hatte man sogar auch noch 2021 zu einer Weiterarbeit an der so schnell zusammengestellten Produktion, als der neue „Ring“ auch noch nicht kommen konnte. Allein, man nutzte diese zusätzliche Zeit offenbar nicht. Auch Reinhard Taub nicht für eine phantasievollere und akzentuiertere Beleuchtung der immer wieder recht ähnlichen Bilder aller vier Abende.

Weitgehende Publikumsablehnung

Und nun traf das leading team – für mich angesichts dieser Genesis nicht überraschend – auf den wohl stärksten Buhorkan in Bayreuth seit vielen Jahrzehnten. Gab es bei Frank Castorf 2013 noch wesentlichen Widerstand durch das klatschende Publikum bei einer trotz aller Mängel aber musiktheatralisch viel besser ausgearbeiteten Konzeption, zu der man stehen konnte oder auch nicht, so war diesmal die ganze große Mehrheit der Ablehnung offensichtlich. Als die Sänger zum leading team unterstützend hinzutraten, erstarb fast der Applaus für erstere. Dabei hatten einige von ihnen in der Tat auch nicht festspielreif gesungen, was sich aber in den vorangegangenen Bayreuth-üblichen Beifallsstürmen mit Pawlow-artigem Bodentrampeln kaum artikuliert hatte. Auch den Jahrhundert-„Ring“ von Patrice Chéreau 1976 kann man mit dieser Ablehnung nicht vergleichen, der ebenfalls von Beginn an eine professionell gereifte und ästhetisch interessante, da tatsächlich neue thematische Handschrift trug. So etwas habe ich hier seit einem halben Jahrhundert also noch nicht erlebt!

Netflix-Familienserie

 Es reicht eben nicht aus, mal eben zu sagen, wir machen den „Ring“ in Assoziation zu einer Netflix-Familienserie oder -saga – ein Unternehmen das ohnehin schon mit heftigen Absatzeinbußen befasst ist – um nicht gleich zu sagen etwas wie „Bonanza“ oder wenigstens anspruchsvoller, „Die Buddenbrooks“. Denn man erkannte offenbar nicht, dass sich dieses Konzept über die immerhin 37 Akteure im „Ring“ (ohne Chor) einfach nicht durchziehen lässt. Es geht einfach nicht. Und es reicht auch nicht, die möglicherweise selbsterkannten Lücken in der Familienaufstellung, die vielleicht auch zu einem horror vacui geführt haben könnten, einfach mit Statisten aufzufüllen, die dann diese Familienlücken im Sinne eines „Reim‘ dich, oder ich fress‘ dich“ schließen sollten. Denn auch diese Zusatzrollen, die bisweilen aktiver als die vom Komponisten vorgesehenen sind, konnte man nicht konkret definieren oder sich auf Rollenbilder für sie festlegen, die das Publikum wenigstens ansatzweise hätte verstehen können. Interessanterweise sieht man bei diversen eigentlich gar nicht vorhandenen Personen oft mehr Emotionen als bei denen des Stücks, so bei der kleinen Brünnhilde im „Rheingold“, bei den Mädchen in Nibelheim, bei dem Jungen in seiner Liebe zur Mutter Brünnhilde und zu seinem Spielzeugpferdchen, oder gar bei Grane, als er, schon geschändet, verzweifelt versucht, bei den Gibichungen Siegfried von seinem Verderben abzuhalten. Das hatte schon einen gewissen Tiefgang, wäre aber besser bei den von Wagner vorgesehenen Personen inszeniert worden…

Kinder als Schatz der Menschheit

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Foto: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Ausgehend von der an sich sinnhaften Idee, dass Kinder der eigentliche Schatz der Menschheit sind und deshalb das Gold als Kind dargestellt wird, mögen einige Ungereimtheiten der stets zwanghaft wirkenden angereicherten Familienaufstellung hier genannt sein, zumal daran auch das konzeptionelle Desaster dieser Produktion erkennbar wird. Alberich entführt einen Jungen mit gelb-schwarzer Baseballkappe bei den Rheintöchtern im 1. Bild des „Rheingold“ als das Rheingold, weil dieser mit einer kitschigen weißroten Wasserpistole Aggressivität dokumentiert. Just erzieht er ihn zum kleinen Hagen, der aber bekanntlich viel später in die Handlung tritt (Déjà vu: Tatjana Gürbaca im Theater an der Wien 2017) und die Rheingold-Mädchen in der Nibelheim-Szene aufmischt. Beim „Rheingold“-Wotan ist der Junge aber wieder der Ring. Das Gold wird im „Rheingold“ durch kleine Mädchen verkörpert, die alle identisch aussehen. Kurz darauf ist das einzige verbliebene Rheingold-Mädchen auf einmal die bereits von Wotan und Erda gestreichelte Brünnhilde (Déjà-vu: Antony Pilavachi in Lübeck 2007) und zieht mit der Urmutter ab, ein Unsinn!

Nibelheim und die Gibichungen

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Foto: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Die Rheingold-Mädchen malen in einer SGTBQIA-stilisierten Glasbox rote, altgermanische Gummimasken, die dem „Götterdämmerung“-Chor später als Maskerade dienen und zuvor bei den Gibichungen in Pappkartons angeliefert worden sind, zusammen mit einem ständig blinkenden Weihnachtsbaum, der von Gutrune sofort entsorgt wird, und einer roten Nikolaus-Mütze! Wir haben den 4. Advent, eigentlich ein christliches Fest! (Auch Barrie Kosky liebte Pappkartons in seinem Essener „Ring“ über alles). Offenbar liebt man bei Gibichs die Großwildjagd, wie ein stolz enthülltes Foto von Hagen, Gunther und Gutrune über einem erlegten Zebra (!) in Afrika zeigt. Ein offenbar erst vor kurzem erlegter Elefant liegt noch verpackt am Boden… Man glaubt es kaum! Gutrune ist ein poppiges Glamour-Girl mit Handy in Knallgrün mit frivolem Ausschnitt, fertigt das Servivepersonal ab und nimmt vor Siegfrieds Eintreffen schnell noch eine Prise Koks.

Grane als Mann

In der „Walküre“ wird auf einmal der Tod von Freia beweint, was sinnlos ist, da dann auch die Schwarzschen „Götter“ keine Äpfel mehr hätten und sterben würden. Aber von Logik ist hier „auch gar keine Spur“. Wohin das führen kann, weiß man bekanntlich aus dem „Rheingold“. In der „Walküre“ kommt – viel Zeit und Raum einnehmend – Brünnhildes Pferd Grane als weiteres Familienmitglied in der Person von Igor Schwab hinzu (Déjà vu: Rosamund Gilmore in Leipzig 2017 und auch aus anderen Produktionen lange bekannt). Nur wird es mit Grane hier so weit getrieben, dass damit die „Götterdämmerung“ zeitweise völlig entstellt wird. So wird er – denn nun ein Mann, wo man doch ausgerechnet hier in prononcierten Gleichstellungszeiten auch auf eine menschliche Stute hätte setzen können – erstmal gefoltert und dann von Hagen blutüberströmt geschlachtet. Den Blutsbrüdertrank von Siegfried und Gunther reicht er ihnen mit dem ersten Blut Granes aus noch blutverschmierten Gummihandschuhen…

Skurriles Finale der „Götterdämmerung“

Damit aber nicht genug der Unbill und Verrücktheiten: : In der letzten Stunde der „Götterdämmerung“ läuft der völlig durchgeknallte Gunther, übrigens mit der T-Shirt-Aufschrift „Who the fuck is Grane?“ ständig mit einem weißen Plastikbeutel herum. Er wirft ihn schließlich in den verhunzten, schon für die Öffentlichkeit gesperrten blauen Swimmingpool. Auf dessen Grund hat Siegfried zuvor mit dem kleinen Siegfried – eine Flasche Bier nach der anderen leerend – geangelt und hier erscheint nun Brünnhilde zum Schlussgesang. Sie holt Granes abgeschlagenen Kopf aus dem Beutel hervor (!) und schmust mit ihm heftiger als es jeder Salome bei Richard Strauss mit dem Kopf des Jochanaan in den Sinn käme. Mit dem Kopf auf der Brust legt sie sich sodann unergründlich sterbend neben den schon länger liegenden Siegfried, deren Kind Hagen zuvor aus dem Pool heraufbefördert hatte. Oben fällt es zum Schlussgesang inmitten der betrunkenen Jagdgesellschaft auf einmal tot um. Will wohl heißen, der Ring ist erledigt. Das bekam trotz der nicht stattfindenden Rheinfluten und des völlig ausbleibenden Weltenbrandes zugunsten einer blendenden Neon-Batterie aber kaum jemand mit. Nicht mal eine Kerze wie im Finale der „Walküre“ wollte Schwarz dem Finale der „Götterdämmerung“ gönnen. Nur Hagen durfte oben noch mal kurz auftauchen für sein „Zurück vom Ring!“, als hätte er seine Autoschlüssel vergessen.

Der kleine Siegfried

Sieglinde ist bereits lange vor Siegmunds Erscheinen schwanger, offenbar wieder mal von Wotan. Das Kind, der junge Siegfried, wird ihr statt der Schwertstücke gereicht, obwohl der Wälse von Wotan mit Pistole erschossen wurde. Der Kleine wuselt in den meisten Szenen der „Götterdämmerung“ herum, auch wieder Masken malend. Es geht schon gleich bei den Nornen los, die sich trotz aller Mystik, die sie mit dem Mannenchor als einzige in der gesamten Produktion ausstrahlen, nicht zu schade sind, mit dem Kind Ball zu spielen. Brünnhilde kümmert sich schon vor der Nornen-Szene und erst recht im Vorspiel liebevoll um ihr gemeinsames Kind, auch wenn Siegfried sie schon hier abweist und sie offenbar über hat – genau das Gegenteil dessen, was Wagner und seine Musik hier mit C-Dur ausdrücken.

Rohe Gewalt in der „Götterdämmerung“

Ganz schlimm wird es aber, als Gunther in das Zimmer tritt, was übrigens dasselbe ist wie bei den Winterstürmen, die in der „Walküre“ allem anderen wichen als dem Wonnemond. Oft finden Wiederholungen oder nur geringe Änderungen in den Bühnenbildern von Andrea Cozzi statt. Gunther schlägt Brünnhilde mit dem Kopf gewaltsam gegen die Wände, würgt sie fast bis zum Ersticken. Man muss sich schon Gedanken machen, ob solche Taten für den kleinen, zuvor an einen Stuhl gefesselten Jungen nicht bleibende psychische Schäden verursachen könnten. In jedem Falle wird hier gewalttätige Frauenfeindlichkeit ausgedrückt, was aber wohl so gewollt ist, denn man will ja wohl sagen, dass das normal ist. „Macht kaputt, was Euch kaputt macht“ hieß es vom leading team irgendwann einmal. Interessant ist aber auch, dass gelegentlich tatsächlich auftretende emotional aufgeladene Momente und Aktionen immer nur mit oder unter diesen nicht vorgesehenen Zusatzpersonen der Familienaufstellung zu sehen sind, fast nie unter den standesgemäßen Protagonisten. Ultimativ auf den Nerv gehen die ständig herumwuselnden bis zu sechs Bedienerinnen mit ihren Putzorgien, die Kellner und die Badge-behangenen Sicherheitsleute, die an jene beim Einlass des Festspielhauses erinnern. Ein Irrsinn ist auch, dass Siegfried den Vergessenheitstrank Grane auf den Kopf schüttet und der klebrige Saft wie eine Berliner Weiße Marke Waldmeister auf den Boden tropft, wo der „Held“ dann kurz darauf ausrutscht. Hagen muss beim Putzen helfen. Hätte der korpulente Clay Hilley sich hier verletzt, wäre der Siegfried wohl endgültig vom Tapet gewesen, denn er war bereits der zweite Einspringer.

Zum Familienansatz

Noch ein paar abschließende Bemerkungen zum Familienansatz. Dieser Topos ist keineswegs neu, und da offenbart sich wohl auch mangelndes Studium des leading teams der jüngeren „Ring“-Rezeption. Schon bei Joachim Schlömers „Rheingold“ sah man das 1999 in Stuttgart, bei jenem von Tilman Knabe 2008 und bei Heinrich Hilsdorfs „Walküre“ 2009 in Essen, bei Antony Pilavachi in Lübeck 2007, auch ansatzweise bei Tatjana Gürbaca 2017 in Wien. Bei all diesen Regisseuren aber immer nur andeutungsweise, denn ihnen allen war offenbar klar, dass sich dieses Konzept nicht über den ganzen „Ring“ ausdehnen lässt – quod erat demonstrandum!

Weglassen zentraler Requisiten

Mir erscheint auch die Nicht-Thematisierung bedeutender „Ring“-Requisiten wie Ring, Tarnhelm, Speer, Schwert, Walhall, Rhein et al. und ihr dramaturgisch niemals weder stringenter noch nachvollziehbarer, ja willkürlicher Ersatz durch andere Artefakte ein weiteres hilfreiches Medium zu sein, die Qualität dieses neuen Bayreuther „Ring des Nibelungen“ zu beurteilen. Es beginnt im „Rheingold“ durchaus interessant mit einer weiß strahlenden Pyramide, die zunächst für Walhall zu stehen scheint. Die Pyramide ist an sich schon ein mythisches Symbol und bietet sicher interessante Deutungs- und Interpretationsmöglichkeiten. Man denke nur an die 1-US$ Dollar-Note. Später reicht Sieglinde Siegmund diese Pyramide, aber darunter erscheint eine banale Pistole, mit der er in den Kampf gegen Hunding ziehen wird. Dann steht diese Pyramide mit keiner nachvollziehbaren Bedeutung mehr bei den Gibichungen herum, ist auch im „Siegfried“ zu sehen. Sie hätte sich für eine grandiose Walhall-Interpretation geeignet, bis in das Finale hinein.

Statt Speer und Schwert wird ständig in völlig willkürlicher Verteilung mit Spielzeugpistolen gewuselt und gedroht – sind wir also doch nur in Sizilien?! Was wäre das für eine Einengung! Völliges Deutungschaos bildet sich um den Ring. Erstmal ist es der kleine Junge aus dem „Rheingold“ mit der Wasserpistole, dann deutet der „Rheingold“-Wotan auf seinen Ehering, auch Siegfried später einmal, inkonsequent! Dann kommt Siegfried aus der Schatzhöhle mit einem Schlagring zurück, den er dem mittlerweile herangewachsenen Hagen (Branko Buchberger) gibt, um sich in der schicken Bar Fafners, der natürlich auch im eleganten Loft wohnt, einen Drink zu mixen. Bis in die „Götterdämmerung“ hinein behält Hagen diesen Schlagring, lässt ihn hier und da auch mal aufblitzen. Macht verleiht er offenbar nicht. Das Schwert ist eigentlich ein Florett und wechselt beliebig den Besitzer, wie es gerade (dem leading team) passt. Am wenigsten ist es bei Siegfried, dem es eigentlich gehört! Der Tarnhelm kann schon mal ein glitzerndes Metalltuch sein, im „Rheingold“ gibt es bei den beiden Verwandlungen Alberichs aber gar keinen – er macht sich mit seinen Verrenkungen nur lächerlich, was aber den gleichen Effekt hat. In der Nornen-Szene entführt Alberich, der auch dort nicht hingehört, die kitschige Wasserpistole, lässt aber das Kind unangetastet. Es reiht sich eine Ungereimtheit an die nächste, eine Provokation an die andere, zumal auch im 1. Aufzug des „Siegfried“, wo der „Held“ den Kopf von Ziehvater Mime, der zunächst als Clown auftritt – ein neues Stereotyp des Wagnerschen Regietheaters – abwechselnd in die Mikrowelle steckt oder im Aquarium mit ihm Waterboarding betreibt.

Verstörtes Publikum und Langeweile

Und das Ganze wird immer unklarer und verwirrter und verleitete das Publikum in den Pausen zu manchmal kindlich anmutenden Deutungsversuchen über das Gesehene. Oder es kam sich einfach nur veralbert vor, um es dezent auszurücken… Was aber im Verlauf der vier Abende und vor allem in „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ immer offenbarer wurde, war die zunehmende Langeweile, die sich angesichts der Überflutung mit flachen bis sinnfreien Gags und Gimmicks vor einem ausbreitete. Irgendwann hatte man einfach keine Lust mehr, dem fragwürdigen und fröhlichen Einer- und Allerlei auf der Bühne zu folgen und dachte sehnlichst an die blaue Lufthansa-Augenbedeckung in der business class, die im Flugzeug das Schlafen erleichtert, im Theater aber das Einschlafen verhindert, weil man die Augen offenhalten kann, aber den Vorteil hat, dass man dennoch nichts sieht – aber eben noch hört!

Ausschaltung des Mythos im „Ring“

Mit solch Netflix-artigen Verkleinerungen des gigantischen Kosmos der „Ring“-Tetralogie, die nun mal, ob man es will oder nicht, ganz elementare Kraft auch aus ihrem mythologischen Gewebe bezieht, ist man nun ganz besonders heftig in die Sackgasse gewandert. So wird dem „Ring“ jegliche mythologische und eine damit welt- und zeitoffenere Interpretation versagt, die den Zuschauern und -hörern einen größeren Kosmos für individuelle Assoziationen ermöglichen würde. Große Inszenierungen wie jene von Wieland und Wolfgang Wagner, August Everding, Joachim Herz, Patrice Chéreau, Ulrich Melchinger, Götz Friedrich, Günther Rennert, Robert Wilson, Harry Kupfer, Pierre Audi, Mirzoev/Pevzner/Tsypin in St. Petersburg 2003 und andere haben gezeigt, was in diesem Kontext möglich ist. Man kann sie sich jederzeit wieder mit Gewinn, auch nach Jahren eigener geänderter Vorstellungen und Lebensanschauungen, wieder ansehen. So sollen diese Ausführungen hiermit ein Ende haben, auch wenn sie nicht annähernd erschöpfend sind und auch gar nicht sein können.

Die Sänger in „Siegfried“

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Andreas Schager, Daniela Köhler. Foto: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

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Alexandra Steiner, Andreas Schager, Arnold Bezuyen und „der junge Hagen“). Foto: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Sängerisch gab es ebenfalls bisweilen mehr Schatten als Licht. Zunächst zum „Siegfried“. Der junge Siegfried wurde von Andreas Schager verkörpert, der einmal mehr seine exzellente Spielfreude und auch viel Charisma in seine Aktionen einbrachte. Von daher eine sehr glaubwürdige Interpretation, und so kennt man ihn. Wenn er nur nicht fast ständig zu laut singen würde, um es zurückhaltend zu formulieren. Dabei ist Legato und die damit zusammenhängende bessere Diktion doch so wichtig bei Wagner! Daniela Köhler debutierte nun in Bayreuth mit der „Siegfried“-Brünnhilde, die aufgrund ihrer Tessitura ihrem hochliegenden Sopran entgegen kommt. Sie singt die Partie technisch einwandfrei, erreicht alle Höhen problemlos. Allein, der Stimme fehlt es an Wärme und auch an einer gewissen klanglichen Breite, was ihre emotionale Wirkung erhöhen würde. Tomasz Konieczny kam nach der Verletzung durch den gebrochenen Sessel in der „Walküre“ als Wanderer zurück und konnte ebenfalls mit einer sehr guten darstellerischen Leistung überzeugen. Seine Stimme indes zeigte wieder die bekannten Vokalverfärbungen und klang an diesem Abend recht guttural. Das Timbre ist nicht wirklich schön, insbesondere wenn es in die Höhe geht. Mit den großen Wotanen, die in Bayreuth in den letzten 50 und mehr Jahren gesungen haben, kann er sich nicht messen. Arnold Bezuyen spielte den Mime fast halsbrecherisch und sang ihn sehr ansprechend mit seinem Charaktertenor. Er passte gut zu Schager. Der Alberich von Olafur Sigurdarson klingt zwar kraftvoll und ausdrucksstark, bisweilen aber etwas grell, was der Figur aber durchaus ansteht. Okka von der Damerau ist die bekannte erstklassige Erda mit ihrem vollen Mezzo. Wilhelm Schwinghammer sang nun einen bettlägerigen alten Fafner, der trotzdem noch einer Krankenschwester an die Wäsche geht, die daraufhin auf Waldvogel umsattelt. Alexandra Steiner macht das mit einem guten lyrischen Sopran

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Okka von der Damerau. Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Die Sänger in der „Götterdämmerung“

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Elisabeth Teige, Michael Kupfer-Radecky. Foto: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

In der „Götterdämmerung“ war Albert Dohmen auf einmal das vokale Qualitätsfossil guter Bayreuther Gesangskultur in einer Hauptrolle. Er ist als Hagen nicht der schwarze Bass, kommt ja ohnehin vom Wotan, hat aber eine sehr gute Technik, perfekte Diktion und gute Resonanz seines ausdrucksvollen Organs. Clay Hilley, schon aus dem „Ring“ von Stefan Herheim an der Deutschen Oper Berlin 2021 bekannt, musste aus Bari eingeflogen werden, um den mittlerweile erkrankten Schager als Drittbesetzung nach dem ebenfalls erkrankten Stephen Gould zu geben. Hilley hat einen kräftigen Heldentenor, der aber nicht immer schön klingt, bisweilen zu grell wird. Darstellerisch und optisch entspricht er nicht unbedingt dem Siegfried-Ideal.

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Michael Kupfer-Radecky. Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Michael Kupfer-Radecky, zu einem manisch nervösen Rollenbild für den Gunther verdammt, sang diesen mit einer zwar starken, aber wenig klangvollen, ja etwas fahlen Stimme. Elisabeth Teige überraschte mit einer sehr agilen und stimmschönen Gutrune in einem ebenfalls dekadenten Rollenportrait. Christa Mayer war nach der Fricka nun auch die Waltraute und konnte in der langen Erzählung und ihrer Frustration über Brünnhildes Ablehnung überzeugen. Bei den Nornen erreichten nur Okka von der Damerau als Erste und Stéphanie Müther als Zweite Norn Festspielniveau. Unerklärlich schlecht klang der Sopran von Kelly God als Dritter Norn. Lee-an Dunbar, Stephanie Houtzeel und Katie Stevenson waren ebenso untypisch regiekonform wie gut singende Rheintöchter im alten Schwimmbad, welches sie durch den Abfluss kriechend verlassen mussten. Leider konnte Iréne Theorin als Brünnhilde in „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ nicht an die hohe Qualität vergangener Rolleninterpretinnen auf dem Grünen Hügel anschließen. Es machte sich nicht nur ein überhöhtes Vibrato bemerkbar, sondern ihre Betonung der Vokale zulasten der so bedeutenden Konsonanten ließ meist nur unverständliche Töne mit auch scharfen Höhen erklingen als einen kontinuierlich verständlichen Gesang.

Musik und Chor

Im Vergleich zu „Rheingold“ und „Walküre“ konnte sich Cornelius Meister besonders in der „Götterdämmerung“ signifikant steigern, wenngleich immer noch einige Probleme zu hören waren. Sein Dirigat klang nun aber kompakter, dynamischer und lautstärker. Leider wurden bisweilen wesentliche Einzelheiten, wie beispielsweise das erste Rheintöchter-Motiv im Finale und der Zusammenhalt mit einer viel zu langen Generalpause vor dem Mutterliebe-Motiv der Sieglinde der „Götterdämmerung“ vertan. Sicher war die Probenzeit wegen der Erkrankung des angesetzten Dirigenten zu kurz, ein Einspringen als Neuling im Bayreuther Graben aber vielleicht auch etwas zu mutig. Hinzu kommt, dass die Leitung im „Ring“ offenbar ein A- und ein B-Orchester einsetzte, was die Sache sicher nicht leichter machte. Eigentlich ein Unding für eine Premiere! Man wird sehen, wie Meister im kommenden Jahr den „Tristan“ dirigieren wird. Einen auch musikalisch gut und mystisch gestalteten Höhepunkt der „Götterdämmerung“ war die Erscheinung des Mannen-Chores aus einer düsteren umnebelten Ferne in den Vordergrund – mit den roten Germano-Gummimasken wie eine Gruppe von Mönchen in schwarzen Kutten. Leider wurde der gute Effekt umgehend durch den um den Chor wild herumlaufenden Jungen auf der Suche nach seinem Pferdchen vertan. Eberhard Friedrich hatte den Festspielchor wie immer in Bayreuth hervorragend eingestimmt.

Fazit

Zu Beginn des „Rheingold“-Vorspiels sah man langsam, wie zwei Föten an einer langen Nabelschnur erscheinen. Am Ende greifen sie sich an, Blut fließt. Nachtalbe und Lichtalbe – Alberich und Wotan?! Das war spannend und weckte Erwartungen, die dann herb enttäuscht wurden. Zu den letzten Takten der „Götterdämmerung“, also dem Mutterliebe-Motiv der Sieglinde, entfernen sich die Föten wieder im Dunkel,  nun eng umschlungen. Ebenfalls sehr ausdrucksstark. Warum nicht immer so, Herr Schwarz?!

Es scheint aber das erklärte Ziel der Festspielleitung zu sein, wie es sich seit einigen Jahren in den Neuinszenierungen offenbart, dem Wagnerschen Oeuvre jeglichen Mythos auszutreiben, der nicht zuletzt auch dessen Universalgültigkeit begründet und beim Komponisten stets große Bedeutung hatte. Hat man seine Zürcher Schriften einmal genauer gelesen? Eine wie hier betriebene Einengung der Deutung der „Ring“-Tetralogie auf eine banale Netflix-Familienserie negiert den großen Kosmos des „Ring“ und verzwergt seine Interpretation. Der „Ring“ von Valentin Schwarz ist somit ein Totalschaden, wie es schon jemand dieser Tage schrieb, mit möglichen Kollateralschäden für Bayreuth in Form weiter nachlassenden Publikumsinteresses bei zudem steigenden Eintrittspreisen und möglicher anderer Entwicklungen. Dass diese Produktion im Rahmen der ohnehin fast nur noch auf dem Papier stehenden „Werkstatt Bayreuth“ zu retten ist, scheint mehr als fraglich.

ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNGEN

„Ring“-Planungen in Bayreuth

Nach dieser – nun derartig enttäuscht habenden – dritten „Ring“-Produktion in Bayreuth in Folge, bei der der zunächst angekündigte Regisseur später absagte und ein Einspringer, dann natürlich mit entsprechendem Zeitdruck, gesucht und gefunden werden musste, liegen ein paar allgemeine Gedanken nahe. Bemerkenswert erscheint doch, dass die Absage von Lars von Trier, für den 2006 Tankred Dorst kam, von Wim Wenders, für den 2013 Frank Castorf kam und schließlich für Tatjana Gürbaca, für die nun Valentin Schwarz gekommen ist, immer nach sehr langen Anlaufzeiten kamen und so die Einspringer relativ wenig Zeit hatten, den Premieren-Termin einzuhalten. Tankred Dorst antwortete im Juli 2007 auf meine Frage, warum er denn sein an sich so interessantes Konzept der „Fußspur der Götter“ von 2006 nicht im Sinne der legendären „Werkstatt Bayreuth“ weiterentwickelt hatte, dass er wegen der „Meistersinger“-Neuinszenierung 2007 kaum zusätzliche Probenzeit bekommen konnte. Ähnlich lautete der Einwand bei Tatjana Gürbaca, die auch mit den angebotenen Probenbedingungen nicht zurechtkommen konnte und deshalb absagte, aber erst nach fast zwei Jahren. Angesichts ihres dreiteiligen „Tetralogie“-Verschnitts im Theater an der Wien 2017 wäre ein weiterer „Ring“ von ihr wohl kaum eine Offenbarung geworden. Wie auch, nach nur zwei Jahren ihrer Erst-Interpretation?! Normalerweise lassen Regisseure viele Jahre bis Jahrzehnte zu neuen Inszenierungen eines „Ring des Nibelungen“ ins Land ziehen. Man denke nur an die ganz großen Götz Friedrich und Harry Kupfer! Selbst Einspringer Frank Castorf spielte bisweilen noch mit dem Gedanken eines Aufhörens in Bayreuth, aus welchen Gründen auch immer. Die Bilder der Pressekonferenz 2013 sprechen Bände.

Woran liegt es also, dass große Häuser auf der ganzen Welt, und Bayreuth ist ein solches, in aller Regel mit den lang zuvor angekündigten Regisseuren eines neuen „Ring“ final zurechtkommen, in Bayreuth aber immer wieder ein ungeplanter und damit Unsicherheit und künstlerisch reduzierte, da zu spät abgerufene Alternativen, beschert? Und das nicht nur beim „Ring“. Könnte dies auch der Grund sein, warum in den letzten Jahren, und das ist in der Szene schon länger und immer öfter zu hören, ganz große Vertreter ihres jeweiligen Fachs, sowohl Regisseure mit ihren Bühnen- und Kostümbildnern als auch Sänger, nicht mehr nach Bayreuth kommen (wollen) oder Angebote ablehnen?! Man betrachte nur das Wotan-Debakel dieser Saison. Fünf verschiedene Wotan-Darsteller (Groissböck, Lundgren, Silins, Konieczny, Kupfer) hat es gebraucht, um diesen „Ring“ zu singen.

Sängerqualität

Und dann muss natürlich die Frage erlaubt sein, warum der mit Abstand beste Wotan der Welt, Michael Volle, noch von 2021 allen mit einem phänomenalen Sachs in der Barrie Kosky „Meistersinger“-Produktion in bester Erinnerung, nicht als Wotan besetzt ist, wenn denn das lange gültige Motto immer noch gelten sollte: „In Bayreuth singen immer nur die Besten“. Das sollte zumindest mit Nachdruck angestrebt und diesen Besten entsprechend entgegen gekommen werden. Gleiches gilt übrigens auch für Christian Thielemann, der im kommenden Jahr derzeit scheinbar gar nicht eingeplant ist. Und warum singt eine Iréne Theorin immer noch die Brünnhilde, die als Gerhilde schon vor 22 Jahren im Flimm-„Ring“ in Bayreuth begann und nun, auch von vielen meist gut meinenden Zuhörern, mit ernsthaften stimmlichen Problemen erlebt und kommentiert wurde. Catherine Foster ist auf dem Hügel, mit nur zwei Isolden. Wenn sie dazu bereit wäre, sollte sie nun die Theorin in den beiden letzten Zyklen ersetzen – immer um das Bestmögliche zu erreichen, was in Bayreuth das oberste Prinzip nach dem 2. Weltkrieg immer war und auch weiterhin bleiben sollte.

Die Dirigenten

Ein anderes Thema ist die Besetzung der Dirigenten. Es ist löblich, neuen Dirigenten am Hügel eine Chance zu geben und ihnen damit auch eine Weiterentwicklung zu ermöglichen,  sich für das Wagner-Fach zu profilieren. Das hat man in diesem Jahr mit Cornelius Meister für „Tristan und Isolde“ und mit Pietari Inkinen, den ich 2013 in Melbourne mit einem guten „Ring“-Dirigat erleben konnte, für den „Ring des Nibelungen“ getan. Dabei konnte man aber auch wissen, dass die Pandemie immer noch Opfer fordern könnte und hat deshalb ja auch den „Tristan“ gewissermaßen als „Joker“ kurzfristig angesetzt, um ein (weitestgehend) chorfreies Stück zu haben und die chorintensiven Opern „Holländer“, „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ notfalls zeitweise ersetzen zu können, falls Corona im Chor aufträte. Corona kann aber auch Dirigenten ausschalten, und das passierte mit Inkinen. Nun zeigte sich als großes, aber vorhersehbares Problem, dass man einen Neuling ebenfalls mit einem Neuling am Bayreuther Pult für den „Ring“ ersetzen musste, und die durchaus verständlichen Schwierigkeiten von Cornelius Meister im Graben nach entsprechend zu wenigen Proben wurden offenbar, zulasten der Neuinszenierung. Wenn man schon Neulinge einführen will, sollte man also immer mit einem erfahrenen Dirigenten covern, der die speziellen Orchesterverhältnisse in Bayreuth kennt oder aufgrund langjähriger eigener Erfahrung anderswo mit ihnen ohne weiteres zurechtkommt. Man denke an den Fall Georg Solti in den 1980er Jahren, der mit der Schlagtechnik nicht zurechtkam und wahrhaftig nicht als Anfänger in irgendeiner Hinsicht bezeichnet werden könnte. Wolfgang Wagner ersetzte ihn dann durch den erfahrenen Peter Schneider.

Kartenpreis-Erhöhungen und allgemeine Preispolitik vis-à-vis Salzburg

Abschließend noch ein paar Worte zur signifikanten Preiserhöhung 2019 und der dazu nicht nachvollziehbaren Neugestaltung der Preiskategorien im Zuschauerraum. Das wirkte zunächst sehr überraschend, und die Neugestaltung der Preiskategorien im Zuschauerraum wurde auch wieder zurück genommen, die Preiserhöhung jedoch nicht einmal teilweise. Meine Frage bei der Mitgliederversammlung der Freunde von Bayreuth e.V. 2019 an den damaligen Verwaltungsdirektor von Berg, um wieviel Prozent der Kartenumsatz bei ausverkauftem Haus denn damit insgesamt gestiegen wäre, überraschte ihn etwas. Er konnte sie nicht beantworten, wollte die Zahl aber nachliefern – was nie geschah. Und nun soll dieser großen Preiserhöhung im kommenden Jahr wohl noch eine weitere folgen.

Tatsache ist aber, dass ich eine „Rheingold“-Premierenkarte eines erkrankten Freundes am 31.7.22 für 289€ in den Papierkorb werfen musste, nachdem das Kartenbüro noch Karten hatte und nicht ein einziger Interessent von 10-12h bzw. von 16-17:30h kam. Die „Walküre“-Karte konnte ich nur durch einen persönlichen Kontakt verkaufen. Das interessenlose Bild am Kartenbüro war dabei gleich. Kurzum, man bekommt mittlerweile für praktisch alle Aufführungen noch Restkarten im Kartenbüro. Sogar für die „Tristan“-Premiere gab es noch welche! Früher, und so lang ist es gar nicht mal her, gab es Wartezeiten von bis zu acht Jahren! Kann das und die doch immer wieder zu sehenden freien Plätze im Haus nicht auch mit der laufenden Preispolitik im Zusammenhang mit dem Gebotenen zu tun haben?!

In Salzburg sind dieser Tage bis auf einige sehr teure Kategorien fast alle Plätze besetzt, und vor der Tür tummeln sich die Zettel mit Kartengesuchen, die weitgehend unerfüllt bleiben. Man möge sich damit vielleicht einmal etwas intensiver beschäftigen, evtl. auch mal eine Publikumsbefragung machen, anstatt den Markt aus dem Auge zu verlieren. Was aber den langjährigen Besucher und Freund des Wagnerschen Oeuvres erheblich stört, ist die Tatsache, dass das Preisniveau in Bayreuth, nachdem es jahrzehntelang unter Wieland und Wolfgang Wagner signifikant unter jenem der Salzburger Festspiele lag, getreu der Devise Richard Wagners, dass sich jeder einmal im Leben den „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth leisten können müsse, nun mit Salzburg in der teuersten Kategorie mit 433€ fast gleichgezogen hat (Salzburg 450€) und in den unteren Kategorien sogar weit höher als in Salzburg liegt. Das ist nahezu ein Sakrileg!

Man kann gespannt sein, wie sich – nicht nur das – in den kommenden Jahren entwickeln wird: „Weisst du, wie das wird?“ möchte ich mit der Ersten Norn fragen…

 

Klaus Billand

 

 

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