Bayreuther Festspiele: GÖTTERDÄMMERUNG – Finale zweiter „Ring“-Durchlauf 13.8.2017
Copyright: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele
Die Götterdämmerung bildet den insgesamt gelungenen und glanzvollen Abschluß dieses zweiten Durchgangs letztmalig in der Marek Janowski/Kirill Petrenko/ Frank Castorf-Produktion der Festspiele. Zuerst der glamouröse Nornenauftritt, der in seiner Menetekelhaftigkleit im Hinterhaus des vielstöckigen runtergekommenen Altbaus der Gibichungenhalle vor einer mit Scherengitter abzutrennenden Votivnische stattfindet. Die drei Nornen erscheinen aufgetakelt wie orthodoxe russische Großfürstinnen. Während des Abschieds sitzen Siegfried und Brünnhilde neben dem Wohnmobil händchenhaltend, etwas magere Kost für „den Beginn einer Fernbeziehung“ (Patric Seibert im Progr.heft). Danach ist bei den Gibichungen aber einiger Klamauk geboten. Meist um Gutrune, ein beachtliches Weibchen, das sich ihre Isetta durch heiße Umgarnung Siegfrieds redlich verdient. Gunther wird als großer ‚Haudrauf‘ eingesetzt, während Hagen wie ein großrussischer Popen- Übervater die Geschwister in die von ihm gewünschte Richtung schubst. Die Waltrautenszene fällt da wieder ab, da Catherine Foster und Marina Prudenskaya nicht in zwingende dialogische Auseinandersetzung finden. Mit Kleider rauswerfen und wie Artemis mit Bogen aufzutreten, reißt es Waltraute auch nicht heraus. Auch die Brünnhilde-Entführung durch Siegfried lebt lebt eher von der fatalen Musik, die Wagner hier in stupender Abwandlung anderer Motive verfremdet. Aber Siegfried hat in Gaunergestalt Brünnhild den Ring wieder abgetrotzt, will er sich jetzt doch zum Beherrscher der Welt machen?
Nach dem Auftritt des Alberich mit Sohn Hagen, den sich dieser in der Frauenkemenate versüßen läßt, schließt sich der furiose Chorauftritt fähnchenschwingend an. Vor „Plaste und Elaste aus Schkopau“-Werbeneon dann die eindrucksvolle Dreierverschwörung Hagen, Brünnhilde, Gunther. Auf der linken großen Steiltreppe stürzt sich P.Seibert als Halbstunt herunter, ein Kinderwagen Marke 50er Jahre hinterher. Wenn man dessen metaforische Bedeutung sowie einige Videos, die eher unverständlich verbleiben, deuten will, muss man zumindest ein cinephiler Cineast ein, denn F. Castorf liebt es, aus Kultfilmen wie ‚Panzerkreuzer Potemkin‘ zu zitieren. Dann auch die Anspielung aufs Öl, wenn Hagen vor dem toten Siegfried ein Faß aufmacht, aus dem es dann munter sprudelt.
Der Schluß spielt wieder vor der New Yorker Exchange Börse, um die herum Brünnhilde Benzin vergießt, aber ‚vergisst‘, sie abzufackeln. Castorf kann es sich wohl nicht anders vorstellen, als im Kapitalismus noch eine Weile zu leben.
Marek Janowski gibt mit dem Orhester noch einmal alles,und das auf höchstem artistischen Niveau. Ein wieder sehr aufreizendes subtil singendes und mit schönsten Stimmen ausgestattetes Rheintöchterterzett bilden Alexandra Steiner, Stephanie Houtzeel und Wiebke Lehmkuhl. Die Nornen (als Schicksals- Weisheitsfrauen) sind andersherum Wiebke Lehmkuhl, Stephanie Houtzeel und Christiane Kohl. Allison Oakes bringt neben guter Figur auch ein edles Stimmorgan für die wenigen ihr zugedachten Passagen ein. Catherine Foster heimst besonders für den von ihr gut gesetzten Schlußgesang den meisten Beifall ein Der Hagen Stephen Milling ist ein Wunderbass mit voluminösem Organ. Markus Eiche /Gunther ist ein interessant timbrierter vollmundiger (Baß)bariton. Stefan Vinke liefert einige hohe C’s in gut dosierter voix mixte ab, ein unermüdlich ‚kämpfender‘ Siegfried, mit den Rheintöchtern um sein Schicksal hadernd, dann aber mit ihnen im Luxusmercedes verlustierend.
Friedeon Rosén