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BAYREUTH/ Festspiele: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

13.08.2018 | Oper


Tomislav Muzek (Erik), Ricarda Merbeth (Senta). Copyright: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Bayreuth/Festspiele: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER am 12.8.2018

 

In diesem Jahr wird der Fliegende Holländer in der Inszenierung von Jan Philipp Gloger mit der Bühne von Christof Hetzer und im Kostüm von Karin Jud wieder aufgenommen.  In dem abstrakten Bühnenbild sehen wir zu Beginn eine Neon- Leuchstangenwand im Stroboskop, die das wilde Meer wiedergibt, und in dem Gestänge sind schon die abschnurernden Zahlenreihen zu sehen, die sich auf die Produktonszahlen der in der Fabrik von Daland produzierten Kleinpropeller beziehen. Nur vorweg:  Am Ende der romantischen Oper hat Daland die Produktion umgestellt. Nun gehen Kitschfiguren mit Senta und Holländer als umschlungenes Paar vom Band. Als letzte Reminiszenz ans Meer figuriert links unten eine kleine Barke, in der sich Daland und der Steuermann vor dem Sturm schützen. Darauf hätte verzichtet werden können. Holländer tritt als Businessman mit schwarzem Rollkoffer auf, die eine Kopfhälfte glattrasiert mit schwarzen Tattooflecken drauf. Er sticht sich während seines Monologs schon mal in den Unterarm oder läßt eine Edelnutte abblitzen. Bei der ‚Spinnerinnen‘-Szene hat sich Senta einen Hochsitz aus Kartons gebaut und singt da die Ballade mit einer aus Pappmaché modellierten schwargoldenen Totemfigur bzw.Torso. Bei dem Duett mit Holländer tropft schwarze Farbe von den Wänden, Linien ziehen sich an den Wänden entlang und bei sich bewegender Drehbühne kommt eine traumhaft verloren wirkende Stimmung auf. Zwischendurch lockert Daland die Atmosphäre wieder auf. Beim Steuermanns-Chor treten die Chöre tatsächlich gegeneinander an, wobei die „Geister“ alle kleine Holländer mit Gesichtsmasken und Tattoos darstellen. Mit einem in Brand gesetzten Rückwandvorhang geht es deftig ab. Der Schluß dagegen zahmer, Senta, die der Holländer verstoßen will, da er von ihrem Liebesschwur Eric gegenüber erfahren hat, lässt sich nicht abschütteln und vereint sich mit ihm auf dem obersten Karton.

Das Festspielorchester hat wieder einen großen Tag. Das relativ kurze Stück erhält einen durchgehenden dramatischen Zug. Pauken und Blechbläser kommen immer auf den Punkt exakt. Die hier schon häufig vorkommenden tiefen Holzbläser/ Baßklarinetten, Kontrafagotte, auf die Wagner besonderen Wert legte, kommen phänomenal untergründig zur Geltung, manchmal im ‚Schnarrmodus‘, und charakterisieren vielfältig diese düster-fahle Atmosphäre. Axel Kober dirigiert mit großer Nonchalance, wirft große Bögen aus und gibt bei der Ballade ausgehört stimmige Lautstärkeabstufungen und Ritardierungen vor. Er „rettet“ den Schluß musikalisch.


Peter Rose (Daland), Rainer Trost (Steuermann), John Lundgren (Holländer). Copyright: Enrico Nawrath/ Bayreuther Festspiele

Die Chöre unter Eberhard Friedrich leisten enorme Arbeit, vor allem die Danenchöre könnten aber noch vollmundiger ausfallen. Einen breit- und angenehmstimmigen Steuermann gibt Rainer Trost. Die Mary der Christa Mayer versucht Senta  mit einem tadellosen Part zur Vernunft zu bringen. Der Daland des Peter Rose wirkt fast wie ein Showman.  Mit seinem voluminös pointierten Spielbaß gelingt es ihm, besonders im Duett mit Holländer auch musikalisch elegant herüberzukommen. Für den Eric bringt Tomislav Muzek einen guten lyrischen Tenor ein, Die Arie und die Cavatine geraten vom Feinsten. Ricarda Merbeth erscheint eigentlich über die Senta hinaus. szenisch geht sie im kleinen Schwarzen und offenem Schwarzhaar durch. Mit ihrer Erfahrung meistert sie aber die intrikaten Gesänge auf relativ hohem Niveau. Der Holländer John Lundgren, der hier schon mal den Wotan gesungen hat, tritt teils ganz  bärbeißig auf. Seine Stimme, oft kein unbedingter Wohllaut, erscheint für das veristische Repertoire besonders geeignet, und kann der Titelfigur einiges an schierer Tiefgründigkeit mitgeben.                                                         

Friedeon Rosèn

 

 

 

 

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