Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BAUTZEN/ „Wjelbik“, Kornstraße: EINE NEUE KONZERTREIHE BEIM „SORBISCHEN NATIONAL-ENSEMBLE“ –

21.10.2024 | Konzert/Liederabende

 

 

Bautzen/ „Wjelbik“, Kornstraße: EINE NEUE KONZERTREIHE BEIM „SORBISCHEN NATIONAL-ENSEMBLE“ – 20.10.2024

Im Osten Deutschlands, in der Lausitz, einer Landschaft, die vom niedergehenden Braunkohlentagebau, Renaturierung und einer lieblichen Mittelgebirgslandschaft geprägt ist, lebt seit dem 6. Jahrhundert, der Zeit der großen Völkerwanderung, eine ethnische Minderheit, die Sorben (Wenden) mit einer eigenen, slawischen Sprache, Tradition und Kultur. Ursprünglich besiedelten etwa 20 sorbische Stämme ein Gebiet von circa 40 000 km², jetzt leben noch etwa 60 000 Sorben in dieser Gegend. Um auch weiterhin ihre reiche Tradition von Instrumentalmusik in klassischer Ausprägung, Liedern, Tänzen,Trachten und Brauchtum aus allen Regionen der Lausitz zu pflegen und zu erhalten, wurde 1952 das Sorbische National-Ensemble / Serbski ludowy ansambl (SNE bzw. SLA oder ANSAMBL) mit Sitz in Bautzen gegründet, einer Stadt mit bedeutender historischer Altstadt und zahlreichen Sehenswürdigkeiten aus Gotik und vor allem Renaissance, die jährlich viele Touristen anzieht.

Das SNE ist das einzige professionelle sorbische Tanz- und Musiktheater mit Orchester, Ballett und Chor. Das Repertoire basiert auf den traditionell-volkskulturellen Überlieferungen und reicht von Sinfoniekonzerten und Musiktheater bis zu Ballett und Tanz, von sorbisch-traditionell bis zeitgenössisch und modern. Das Ensemble gastiert in über 40 Ländern auf vier Kontinenten.

Das Programm des ersten Konzertes der neuen Konzertreihe sinfonischer Konzerte orientierte auf vom Tanz inspirierte Kompositionen und begann mit einer „Sorbischen Rhapsodie D‑Dur“ (op. 63a) für Violine und Orchester des sorbischen Komponisten Bjarnat Krawc (1851-1948) in einem Arrangement von Hans-Peter Preu in düsteren romantischen Küpenfärbungen, einer typischen Neigung der slawischen Seele, und schwang sich in sich steigernder Dynamik zu folkloristisch geprägten, ausgelassenen Rhytmen und zündenden Melodien auf. Der Solist Milos Wielinski spielte den Solopart mit Sinn und Gefühl für die Musik seines Landsmanns.

Die junge, aus Heidelberg stammende, Dirigentin Katharina Dickopf (geboren in Berlin) ist seit August dieses Jahres neue Chefdirigentin am Sorbischen Nationalensemble. Sie studierte an der Hochschule für Musik in Dresden und bekam dort manch guten Rat von Christian Thielemann. Sie leitete das, dem Raum entsprechend, kleine Orchester mit Bedacht und Natürlichkeit ohne falsches Pathos und führte das Orchester inspirierend von Phrase zu Phrase. Sie orientierte zielstrebig auf bestmögliche Perfektion, und die Musiker folgten ihr und spielten sauber und gewissenhaft.

Das Sorbische Publikum liebt besonders slawische Komponisten, weshalb auch eine „Elegie – Tondichtung für Orchester – dem Andenken seines Vaters gewidmet“ – (Arrangement: Jochen Hentschel) von Jurij Pilk (1858-1925) folgte, elegisch, romantisch und mit schönem, gefühlvollem Cellosolo endend.

Danach kam noch einmal Bjarnat Krawc mit folkloristisch orientierten, typisch slawischen „Sechs sorbischen Tänzen (op. 77) für sinfonisches Orchester, arrangiert von Jochen Hentschel) „zu Wort“, nein nur Ton, mit sechs, ihrem Charakter nach sehr unterschiedlichen Sätzen, dem heiter und fröhlich musizierten „Ach du mein allerliebstes Mädel“, „Der polnische Jud“, elegisch und mit typischer slawischer Schwermüdigkeit, „Komm doch mit mir“ mit akzentuierten Rhythmen und eher heiter, optimistisch, „Tritt weiter“ mit einem typischen volkstümlichen Instrument, der Lyra, „Alter Bauerntanz“ mit stampfendem volkstümlich tänzerischem Rhythmus und Windmühle“ in wieder dunklerer Färbung.

Sehr ehrgeizig erschienen die „Sinfonischen Tänze (op. 77c“ von Sergej Rachmaninow (Arrangement: Iain Farrington), aber das kleine Orchester unter der Leitung von Katharina Dickopf bewältigte auch diese anspruchsvolle Aufgabe gut und mit der nötigen Exaktheit.

Ingrid Gerk

 

Diese Seite drucken