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BAUMSCHLAGER

19.09.2017 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmCover  Baumschlager~1

Filmstart: 22. September 2017
BAUMSCHLAGER
Österreich, Israel / 2016
Drehbuch und Regie: Harald Sicheritz
Mit: Thomas Stipsits, Gerti Drassl, Meyrav Feldman, Moran Rosenblat, Sona MacDonald, Barbara Spitz u.a.

Gleich zu Beginn – der Titel ist verdammt ähnlich, aber mit der TV-Grotesk-Serie „Braunschlag“ hat der „Baumschlager“ nichts zu tun. Das ist der Name eines Mannes mittleren Alters, der mit blauem Barett für die UNO auf den Golan-Höhen tätig ist. Er sieht so harmlos und unbedeutend aus wie Thomas Stipsits, und daraus zieht Drehbuchautor / Regisseur Harald Sicheritz einen Teil seines Witzes: Der gute Mann, als Sexobjekt an sich keines zweiten Blicks wert, wird nämlich von Frauen geradezu überfallen – die Israelin, die Jordanierin, dann noch die Agentin, die ihm aus Österreich nachgereist ist. Und die Ehefrau hat es auch nicht ungern – alle wollen Sex von ihm. Und er muss sich da irgendwie durchwurschteln…

Das große Wort „Politsatire“ passt auf den relativ harmlosen Film – und gar für einen Regisseur wie Siderits, den man ja als Extremisten kennt – wirklich nicht. Die Probleme des Nahen Ostens spielen sich zwischen Israel, dem Libanon und dem österreichischen Außenamt auf rein schlicht-komödiantischer Ebene ab. Baumschlager hat Sigal Cohen (Meyrav Feldman: blond, fesch, entschlossen und nicht ungefährlich), die israelische Soldatin, die sich von ihm, dem UNO-Mann, Protektion erhofft, am Hals – besonders gern hält sie ihm beim Sex eine Maschinenpistole in den Mund. Gleichfalls stürzt sich Rania (Moran Rosenblat, eine Schönheit und trickreiches Rübensüßchen) aus mächtiger jordanischer Familie auf ihn, die anfangs scheinbar nur Deutsch lernen will, aber dann zu Baumschlager flüchtet, als sie zwangsverheiratet werden soll, sich ihm an den Hals wirft und fest entschlossen ist, mit ihm nach Österreich zu gehen… Ihr Verschwinden setzt den Papa General, der (Islam hin oder her) unter den Damen seiner Familie ziemlich leidet, wütend in Bewegung.

Wobei als Parallelhandlung Gattin Martha (Gerti Drassl, drollig entschlossen) nicht nur beim Heimurlaub merkt, dass der Gatte sexmäßig einiges gelernt hat, sondern auch realisiert, dass er sie „dort“ betrügt. Im Kino ist es ja so einfach, sich ins Flugzeug zu setzen, und ihm nachzureisen – in Israel gibt es dann allerlei Probleme, in deren Verlauf sie auch das Angebot erhält, die vierte Frau eines Nomaden zu werden…

Als ob all das nicht schon genug wäre, haben Sicheritz und sein Co-Autor Maayan Oz die Geschichte um zwei weitere Elemente angereichert. Erstens wird Baumschlager von einem israelischen Mafioso erpresst und in Folge dessen gezwungen, in Orangen verstecktes Kokain über die Grenze zu schmuggeln (weil jeder „Baumschlager!“ kennt und ihn nie kontrolliert); zweitens hetzen die Österreicher, nachdem sie durch eine protestierende Gattin Verdacht geschöpft haben (Sona MacDonald und Barbara Spitz legen herrliche Chargen als überdrehte Beamtinnen hin), zwei Agenten hinter Baumschlager her: Ulla (Sólveig Arnarsdóttir ist vielleicht ein Beitrag europäischer Besetzungspolitik) und Max (Anatole Taubman) fungieren dabei als zusätzliche Komiker, wobei Max bei arabischer Musik so ausflippt, dass er sich die Kleider vom Leib reißt und nackt herumrast…

Die Handlung wird turbulent bis undurchsichtig (zumal sie in der Originalfassung in vier Sprachen läuft, Deutsch spielt die geringste Rolle), sie ist dumm bis blöd, Stipsits als Baumschlager guckt nett und hilflos, und am Ende haben sich alle bisherigen Frauen gegen ihn verbündet, die eigene mag ihn auch nicht mehr, und Ulla meint, sie muss diesen Sexmaniac (ha!)doch auch einmal probieren. Was soll Baumschlager, immer das Opfer, schon machen? Er lässt es wieder einmal geschehen…

Damit verabschiedet sich der Film, der als Satire nicht so recht funktioniert, der nicht wirklich ausgeflippt ist (ein nackter Agent – na wenn schon; ein paar böse israelische Kokainschmuggler – na wenn schon), der auch keinen besonders hohen Unterhaltungsfaktor hat. Vermutlich erwartet man von Harald Sicheritz zu viel. Aber das wäre auch für einen anderen Regisseur etwas wenig gewesen.

Renate Wagner

 

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