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BASEL/Theater Basel: PLAY STRINDBERG – „Totentanz“ nach August Strindberg von Friedrich Dürrenmatt. Premiere

26.02.2016 | Theater

Theater Basel: „Play Strindberg“. Totentanz nach August Strindberg von Friedrich Dürrenmatt – Pr. 25.2.2016

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Leonie Merlin Young, Elias Eilinhoff, Mario Fuchs,   ©Simon Hallström

 Vor ziemlich genau 47 Jahren hatte Dürrenmatts Neuentwurf des Strindbergschen düsteren Stücks „Totentanz“ an der Basler Komödie Uraufführung und wurde sofort zum Kassenschlager. Kein gutes Blatt liess Dürrenmatt damals an dem Stück von Strindberg: So „entsetzlich“ fand er es, dass er praktisch alles umschrieb.

 Florian Fischer hat nun so ziemlich dieselbe Meinung über die Dürrenmattsche Variante, weshalb auch er diese bis zur Unkenntlichkeit verändert. Man will ja schliesslich etwas Eigenes schaffen. Statt gleich in medias res der zwölf Runden im Boxring der Ehehölle bei Dürrenmatt zu gehen, setzt Fischer dem Stück also einen Prolog voraus, in dem die Akteure mit ihren echten Vornamen über die Irrealität wahrer Nähe und Unendlichkeit der Liebe philosophieren. In Ganzkörperhautkostümen (Kostüme: Julian Zigerli) verbittet sich die Dame des Trios, ihr von Liebe „für immer“ zu sprechen, und verdeutlicht durch das Entblössen der unteren Kostümschicht aus Fleisch- und Sehnenbemalung, dass in jemanden zu dringen ja faktisch gar nicht ginge.

 Nach einer Videosequenz des Dürrenmattstücks sitzen Alice (Leonie Merlin Young) und Edgar (Elias Eilinghoff) schliesslich in passenden Biedermeierkostümen an einem altmodischen Tisch beim Tee. Das ältere Ehepaar, das in einem Festungsturm auf einer Insel lebt, hat mangels weiterer menschlicher Kontakte nichts anderes zu tun, als sich gegenseitig zu zerfleischen. Auf die anstehende silberne Hochzeit als ein Mahnmal des Versagens freut sich logischerweise niemand mehr. Da kommt unverhofft Kurt (Mario Fuchs), Alices Cousin, zu Besuch, der mal was mit Alice hatte, und den beide für ihre katastrophale Ehe verantwortlich machen.

 Die Dürrenmattschen Verse werden dabei durch Wiederholung der Videosequenz unangebracht der Lächerlichkeit preisgegeben. Damit nicht genug: Die Inszenierung rutscht immer wieder ins Slapstickhafte ab. Die komikhaften Aussetzer des erkrankten Edgar, der Jagdausflug in die Kitschkulisse (Bühne: Stefan Britze): Viele lustig gemeinte Gags nerven vor allem durch ihre Länge oder ständige Wiederholung, z.B. wenn ein Textabschnitt mit vertauschten Rollen noch einmal rezitiert wird.

 Nach eineinhalb Stunden hat man so ziemlich genug, umso mehr als man in der „Nachtcafé-Box“ einem winzigen Raum mit hufeisenförmig angeordneten und dicht besetzten Holzbänken nur sehr unbequem sitzen kann. Weder die schreienden kontextlosen Kostüme, in welche die Schauspieler völlig unvermittelt schlüpfen, noch die heissen Sexszenen, in denen sich Alice und Edgar in einer Art Pseudo-Happyend schliesslich am Boden winden, können einen da noch erwärmen.

 Der lange Epilog, in dem Kurt in bester Stand up comedy-Manier seinen Schrebergarten mit einem Schneckenvorhang schützt und auf ein Lebenszeichen von Edgar und Alice wartet, ist zwar gut gespielt, ist aber in dem Tempo und zu dem Zeitpunkt nur noch Qual.

Fazit: Ausgezeichnet gespielte aber relativ sinnfreie Totentanz-Version, die Dürrenmatts Psychothriller nicht gerecht wird.

Alice Matheson

 

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