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BASEL/ Theater: SIEGFRIED – dritter Teil des „Rings“

29.09.2024 | Oper international

Theater Basel: Wagner: “Siegfried” – Pr 28.9.2024

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Rolf Romei als Siegfried. Photo: © Ingo Höhn

 Der mit Spannung erwartete dritte Teil des Basler Rings fügt sich nahtlos an die beiden ersten Teile der Familiensaga an. Wieder spricht Brünnhilde aus dem Off, wie bei den ersten Zeilen eines als Rückblende erzählten Romans, dessen tragisches Ende nur allzu bekannt ist. Wieder verschwimmen die Zeitebenen, so spielen beispielsweise Brünnhilde und Siegfried als Kinder zusammen im Hintergrund (obwohl ja eigentlich Tante und Neffe), während ihre erwachsenen Ebenbilder die Handlung tragen.

 Dass man die über 5 Stunden locker durchhält, liegt zum einen an der Orchestermusik – das in bayreuthscher Art unter dem verdeckten Orchestergraben spielende Sinfonieorchester Basel unter Leitung von Jonathan Nott tönt sogar noch beeindruckender als in den ersten beiden Teilen. Zum andern sind die Rollen so gut besetzt, dass man sowohl stimmlich als auch schauspielerisch auf seine Kosten kommt. Positiv überrascht vor allem Rolf Romei als Siegfried, der sich von Akt zu Akt steigert und vor allem auch in den Höhen bis zum Schluss dieser Riesenpartie durchhält. Trine Møller singt wiederum die Brünnhilde grandios, für ihre kraftvolle Stimme ist die Rolle etwas gar kurz, sodass sie manchmal Mühe hat, den schon stundenlang singenden Siegfried nicht zu übertönen.

Mein persönlicher Favorit bleibt immer noch Nathan Berg als Wotan, der nicht nur einfach unglaublich gut singen kann (sogar noch etwas konzentrierter als in den ersten beiden Teilen), sondern die Rolle als überfordertes Sippenoberhaupt schlichtweg so grandios rüberbringt, dass man ihm alles abnimmt: Den Frust, die Lebensmüdigkeit, die Alkoholexzesse, die hilflosen Gewaltausbrüche. Wer Kinder, Firma und/oder Schulden hat, kann’s nachvollziehen.

Karl-Heinz Brandt als Mime überzeugt vor allem durch seine schauspielerische Leistung, die Bitterkeit über die Undankbarkeit des von ihm aufgezogenen Siegfried ist schmerzhaft spürbar. Andrew Murphy als Alberich ist makellos, Runi Brattaberg als Fafner und Hanna Schwarz als Erda sind passabel. Álfheiður Erla Guðmundsdóttir überzeugt als Waldvogel, schwingt ihr schweres knallrotes Kostüm kokett und mit wartet einer klaren, schönen Stimme auf.

Als Bühnenbild (Natascha von Steiger) muss wieder der Penthouse-Rohbau herhalten, der schon als Walhalla diente, jetzt einfach zur Fafner-Höhe umfunktioniert, aber genialerweise eben auch für die Rückblenden nach Walhalla genutzt.

Die erfolgreiche Regie (Benedikt von Peter ist immerhin für den International Opera Award 2024 nominiert) der ersten Teile wird konsequent weitergeführt: Neben den Kinderversionen der Protagonisten sind es vor allem die Puppen, die erst als Spielzeuge, dann in Übergrösse auf der Bühne herumwankend kongenial immer wieder Hinweise auf Vergangenheit und Zukunft geben (so zerschneidet Siegfried erst einen Stoffdrachen, bevor er sich an den echten wagt). Zwar wäre es überzeugender gewesen, wenn Siegfried tatsächlich Brünnhildes Brustpanzer gelöst hätte und nicht den ihrer Puppe, dann wäre vielleicht auch die Kussweckszene romantischer verlaufen – egal.

Am Ende sind es die zauberhaften überlebensgrossen Puppen, die dieser Inszenierung die Magie einhauchen: Wieder finden sich fast alle Wesen aus den ersten Teilen auf der Bühne: Wölfe (wohl Siegfrieds Eltern), der erschlagene Fasolt, die Rheintöchter, die Alberich-Kröte und sogar der bereits erschlagene Drache Fafner (in zwei Teilen) wiegen sich im Hintergrund rhythmisch wie stumme Zeugen der unaufhaltsamen Tragödie. Beim Basler Ring geht es nicht um ein Stück Gold, sondern um die Rückkehr des Göttergeschlechts zur Bedeutungslosigkeit, Aufstieg und Fall einer Dynastie wie bei den Buddenbrooks, aber in einer mythischen Zauberwelt. So fügt sich alles wie es kommen muss, ein Ende zum andern, bis kein Ende mehr da ist, ringgleich eben, bis in ewige Dämmerung.

 Ein Abend, an den man sich erinnern wird

Alice Matheson

 

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