Theater Basel:„PEER GYNT“ Ballett von Johan Inger
Premiere der Uraufführung: 18. Mai 2017
Chor des Theater Basel, Frank Fannar Pedersen Ye Eun Choi © Ismael Lorenzo
„PEER GYNT“ ist das erste abendfüllende Ballett, welches der schwedische Choreograph Johan Inger für und mit demBallettTheater Baselauf die Bühne bringt. Und was für ein Erstling: Inger ist nicht nur ein begnadeter Choreograph, er beweist sein Talent ebenso in der Regie und Personenführung. Denn der Basler Peer Gynt ist nicht nur Ballett, nein: Die perfekte Visualisierung des Dramas von Henrik Ibsen auf der Bühne nimmt die Zuschauerin, den Zuschauer vom ersten Moment bis zum Schluss gefangen. Die Faszination der Kombination von Ballett und Pantomime, von Musik gepaart mit wunderbarer Körpersprache hält bis zum Schlussakkord an.
In Johan Ingers Interpretation ist Peer nicht ein Trunkenbold, nicht ein Schwätzer. Er wird als liebenswerter Lebemann, als Tänzer, dargestellt.Dies ist eine Parallele zu Johan Ingers Leben. Auch er reist, als freiarbeitender Choreograph, viel und war ursprünglich Tänzer. Die dunklen Seiten Peer Gynts Charakters werden nicht verschwiegen. Ziellos durchs Leben stolpernd, tanzend, gerät er in abstruse Situationen. Diese Situationen, Stationen seines Lebens, werden tänzerisch hervorragend dargestellt. Die Dramaturgie ist derartig zwingend dass, auch ohne Ibsens Drama zu kennen, Ingers Intentionen bestens verstanden werden. So wird zum Beispiel „SOLVEIGS LIED“ durch einen flamencoartigen Zeitlupentanz optisch untermalt. Dies zeigt eindrücklich die Zerrissenheit von Peer Gynts Charakter. Gut herausgearbeitet ist auch des alternden Gynts Suche nach dem Zweck, dem Kern des Lebens, dies doch ähnlich wie Goethes Faust. Peer Gynt wurde auch schon als der nordische Faust bezeichnet. Eindrücklich auch die Szenen, in welchen Gynt sein Leben reflektiert. In diesen wir eigentlich nicht getanzt, sondern der hervorragende Dramaturg, Gregor Acuña-Pohl, bedient sich, unterstützt von der Musik, vor allem der Pantomime und reinem Kulissenwechsel.
Das Bühnenbild wurde vom Spanier Curt Allen Wilmer entworfen. Links und rechts aus einer braunen Wand werden zum schnellen Szenenwechsel mobile Einheiten heraus gezogen, um Wohnzimmer, Bar und anderes mehr darzustellen. Catherine Voeffray zeichnet für die farbenfrohen Kostüme verantwortlich. Sie hat für das Ballett Basel schon etliche Male gearbeitet, so zumBeispiel auch für Richard Wherlocks Ballett „TEWJE“. Der Ire Tom Visser hat die Lichtführung entworfen. Seine Arbeit zeichnet sich durch stringente Subtilität aus ohne ein Eigenleben zu entwickeln, also die Dramaturgie zu stören.
Die eingängige Musik Griegs wird vom Sinfonieorchester Basel (SOB) unter der hervorragenden Stabführung von Thomas Herzog subtil interpretiert. Die Sänger und Sängerinnen des Chor des Theater Basel (Einstudierung: Henryk Polus) sind im ersten Akt als stumme ZuschauerInnenzu sehen und dann als Trolle in der Halle des Bergkönigs auch zu hören.
Einen herausragenden Peer Gynt tanzte Frank Fannar Pedersen. Er überzeugte nicht nur durch seine tänzerische Begabung, sondern auch durch seine ganze Persönlichkeit, er spielte/tanzte Peer Gynt nicht, er war Peer Gynt! Solveig wird glänzend gesungen durch Ye Eun Choi, Mitglied des Basler Opernstudios „OperAvenir“. Mit perfekter Diktion, mit herausragender musikalischer Subtilität wurde Choi der Persönlichkeit Solveig mehr als gerecht.
Das ganze Ballett Basler Theater lief zur Höchstform auf und meisterte die nicht immer einfache Choreographie bravourös. Aufgefallen sind neben allen anderen ausgezeichneten Solo-Tänzerinnen und Solo-Tänzer Andrea Tortosa Vidal als „Die Grüne“ und als Gamla Tänzerin, Debora Maiques Marin als Anitra, Armando Braswell als „Der Krumme“. Die Mutter Gynts, Aase tanzt Sergio Bustinduy. Chef der Trolle in der Halle des Bergkönigs wurde dargestellt von Max Zachrisson.
Der Basler Ballettdirektor Richard Wherlock verneigte sich vor Gast-Choreograph Johan Inger und dem Ballett Theater Basel, vor dem ganzen Produktionsteam.
Das zahlreich erschienene Premierenpublikum verdankte den gelungenen Ballettabend mit rauschendem Applaus und Bravi-Rufen.
Peter Heuberger / Basel