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BASEL/ Theater: IL BARBIERE DI SIVIGLIA (Produktion der Komischen Oper Berlin)

«F» wie Figaro. Oder wie …

26.10.2019 | Oper

Gioacchino Rossini: Il Barbiere di Siviglia, Theater Basel, Vorstellung: 25.10.2019

 Produktion der Komischen Oper Berlin, Neueinstudierung für das Theater Basel von Julia Huebner

 (3. Vorstellung seit der Wiederaufnahme am 17.10.2019)

«F» wie Figaro. Oder wie …

Dem Sinfonieorchester Basel gelingt unter Leitung von David Parry eine hervorragende Aufführung. Die intensive Beschäftigung im Belcanto-Bereich ist hier bei jedem Zeichen zu spüren und das Orchester folgt ihm willig. Jedes Register, jeder Solist brilliert, das Spiel prickelt wie Champagner und die Crescendi reissen sofort mit. Bravi!

Der von Michael Clark vorbereitete Chor des Theater Basel ist stimmgewaltig mit grosser Spielfreude am Werk.

 


Alasdair Kent als Almaviva, verkleidet als Offizier; ©Priska Ketterer.

Alasdair Kent als Conte Almaviva begeistert mit einem kräftigen, absolut höhensicheren, technisch hervorragend geschultem Tenore di grazia. Kristina Stanek als Rosina punktet mit ebenso profunder Technik, herrlichen Tiefen wie Höhen und jugendlicher Natürlichkeit. Bartolo wird von Andrew Murphy mit grosser Bühnenpräsenz und hervorragendem Spiel verkörpert: er kann einem fast Leid tun, dass er leer ausgeht. Das Faktotum der Stadt ist Ensemble-Neu-Mitglied Gurgen Baveyan. Nach verhaltenem Start findet er rasch zur Form und ist dann seiner Rolle entsprechend fast omnipräsent und zieht, unterstützt von Antoine Herrera-Lopez Kessel als Badilio, Kali Hardwick als Berta, Dmytrio Kalmuchyn als Fiorello und Vivian Zatta als Ufficiale die Fäden. Gedoubelt wird er von Tommy Cattin, Ismael del Valle, Lohan Jacquet und Benjamin Alexander Lindh Medin. Singt Figaro in seiner Cavatina dann „Tutti mi chiedono, tutti mi vogliono, donne, ragazzi, vecchi, fanciulle“ („Man ruft, man seufzt nach mir, will mich bald dort, bald hier! Grafen, Baronen, Mädchen, Matronen!“), wird per Video sein Firmenlogo, der Buchstabe „F“ eingeblendet.

Bildergebnis für Basel il barbiere di siviglia
©Priska Ketterer

Regisseur Kirill Serebrennikov (Inszenierung, Bühne und Kostüme; Mitarbeit Bühne: Alexej Tregubov; Licht: Diego Leetz) holt den Barbier von Sevilla ganz direkt in die Gegenwart. „F“ steht als nicht nur für Figaro sondern auch für das „Flagschiff“ der sozialen Medien. In der Theorie funktioniert das über weite Strecken sehr gut, denn Text und Bühnengeschehen widersprechen sich kaum. So kommunizieren Almaviva und Rosina nicht mit papierenen Botschaften sondern, wie so viele heute, über die „sozialen“ Medien.

Für das erste Bild klappt das Konzept Serebrennikovs tadellos. Hier ist das Orchester hochgefahren, über den ersten vier Stuhlreihen ist eine Vorbühne aufgebaut und das Portal wird durch eine weisse Wand gefüllt, auf der der Chatverlauf projiziert wird (Video: Ilya Shagalov) und für alle bestens lesbar ist. Der hemmungslose Smartphonegebrauch von Protagonisten und Choristen zwecks Selfie-Anfertigung wirkt leicht übertrieben. Die Kanzone aus der vierten Szene nimmt Almaviva entsprechend als Posting auf und lässt sich auf der Gitarre begleiten. Da wir im Hier und jetzt sind, auf einer E-Gitarre (Gitarre: Jan Fitschen).

Im zweiten und dritten Bild werden dann allerdings massive handwerkliche Mängel bei der Umsetzung des Konzepts sichtbar. Zwei massive, bühnentiefe Keile stehen für Bartolos Haus, das seinem Besitzer aus der analogen Generation entsprechend mit Antiquitäten angefüllt ist. Die Chat-Texte werden nun auf die Rückwand der Bühne projiziert. Auf Grund der seitliche Wände und der Tiefe der Bühne. So sind die Texte nur noch für einen kleinen Teil des Publikums, jene die genug mittig sitzen, lesbar. Das Verständnis der Handlung wird dadurch nur marginal eingeschränkt, aber der Reiz, das Charakteristikum der Arbeit ist weg.

Bildergebnis für Basel il barbiere di siviglia
©Priska Ketterer

Musikalisch absolut hervorragend, das szenische Konzept hätte gerade bei den durch eine Neueinstudierung gegebenen Möglichkeiten eine bessere Umsetzung verdient.

Weitere Aufführungen:

Mo. 28, Oktober 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Mi. 30, Oktober 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Fr. 01, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
So. 03, November 2019, Grosse Bühne, 16h00–19h00;
Sa. 09, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Sa. 16, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Di. 19, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Fr. 22, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Mo. 25, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Sa. 30, November 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Mo. 23, Dezember 2019, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Sa. 11, Januar 2020, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Do. 30, Januar 2020, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Fr. 07, Februar 2020, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Mi. 19, Februar 2020, Grosse Bühne, 19h30–22h30;
Sa. 22, Februar 2020G, rosse Bühne, 19h30–22h30;
Do. 27, Februar 2020, Grosse Bühne, 19h30–22h30.

 

26.10.2019, Jan Krobot/Zürich

 

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