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BASEL/ Theater: GÖTTERDÄMMERUNG. Das Heldentum ist abgeschafft

21.10.2024 | Oper international

Theater Basel: „Götterdämmerung“ – 20. Oktober 2024

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Das Heldentum ist abgeschafft!

Selbst Siegfrieds Trauermarsch ist keine phonstarke Heldenverehrung. Musikalisch eher an Mahlersche Trauermusik erinnernd, hier stirbt kein Held. Fast sehen wir einen Selbstmord, angesichts des angerichteten Chaos. Auch Hagen fehlt das Heldenhafte. Kein schwarzer, dunkler Bass, sondern fast lyrisch gestaltet er die Partie. Dass er hündisch an Gutrune hängt, müsste er nicht ständig zeigen, indem er ihre Unterwäsche mit sich führt. Hier unterschätzt der Regisseur wohl die Intelligenz des Publikums. Dieses wird aber auch auf die Probe gestellt. Der erste Aktschluss, die Entführungsszene entlässt uns nicht in die Pause, es folgt direkt die Wacht am Rhein. Will man uns etwa auch hier zeigen, das mit der Täuschung ist alles andere als eine Heldentat: „Dieses Finale gönne ich euch nicht.“ Das Gibichungenpaar, Gutrune und Gunther, sind schon von der Anlage her Zauderer.

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Wotan ist als stummer Protagonist ständig auf der Bühne. Foto: Ingo Höhn

Wotan ist als stummer Protagonist ständig auf der Bühne, aber er richtet eigentlich nichts mehr aus. Selbst am Ende der Oper, als er den Ring in Händen hält, will das Schmuckstück keiner mehr, nicht mal Alberich. Keine Erlösung, der Fluch wird nicht abgewaschen im Rhein. Alles wie zuvor?

Die Schlussszene ist dann auch streng feministisch. Brünnhilde entzündet zwar ein Pappmaché-Walhall, aber sie opfert sich nicht. Gemeinsam mit Erda und allen anderen Mitspielenden verlässt sie die Bühne über den Zuschauerraum. Ende des Spiels. Ihr Leidensweg geht nicht mehr weiter. Dass Wagner mit ihrem Schlussgesang auch gehadert hat, kann man verstehen. Damit wir aber nicht auf die Idee einer heldenhaften Erlösung kommen, legt der Regisseur eine Generalpause ein, lässt aus dem Off wenig hilfreiche Sätze sprechen. Ein leises Buh aus dem finsteren Zuschauerraum, man ist verstimmt, der musikalische Fluss unterbrochen. „Ja eben, die ihr eine Erlösung erhofft habt, nichts da, Aufatmen war gestern.“

Einige unnötige Regiemätzchen weniger und man könnte zumindest von einer passablen Deutung sprechen, aber da müsste noch dem Basler Theaterchor mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Aus früheren Produktionen wissen wir, zu welcher Höchstform er auflaufen kann, wenn man ihn zu führen wüsste. Die ganze Regiearbeit wurde den Sängerinnen und Sängern der Hauptpartien gewidmet. Diesen ist dafür höchstes Lob auszusprechen, agieren sie doch ohne Orchestergraben quasi in entblößender Distanzlosigkeit vor dem Publikum.

Sängerisch kommen stimmlich fast alle an ihre Grenzen. Selbst große Häuser haben es schwer, adäquate Besetzungen anzubieten. Auch das Orchester spielte nicht so souverän wie am Abend davor bei Siegfried. Fehlte da der letzte Probenschliff? Das Theater Basel ist nach vielen ringlosen Saisonen beim Finale des Mammutwerkes angekommen und zeigt im Juni nochmal zwei komplette Durchgänge.

(Dirigent: Jonathan Nott; Regie: Benedikt von Peter; Brünnhilde: Trine Møller; Siegfried: Rolf Romei; Hagen: Patrick Zielke)

Otto Grubauer

 

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