Basel: Stadtcasino Basel – Sinfonieorchester Basel (SOB) – «Turtelei» – Isabelle Faust (Violine), Antoine Tamestit (Viola), Werner Güra (Tenor) – Ivor Bolton (Leitung)
– 12./13.01.2022 – besuchtes Konzert 12.01.2022
Eine Liebesbeziehung, eine Partnerschaft und – eine Turtelei
Ivor Bolton und das Sinfonieorchester Basel (Foto: Benno Hunziker)
Mit der «Sinfonischen Suite aus «Gloriana», op. 53a» von Benjamin Britten eröffnet das Sinfonieorchester Basel (SOB) unter Ivor Bolton sein jüngstes Sinfoniekonzert. Warum die Oper, welche die Liebesbeziehung – weit mehr als eine Turtelei – zwischen Königin Elisabeth I und Robert Devereux zum Thema hat, bei ihrer Uraufführung kein Erfolg beschieden war, ist kaum nachvollziehbar, verspricht doch die Suite daraus wunderbare Musik. Deshalb bringt Ivor Bolton, der das Werk 2018 in Madrid zur Aufführung brachte, mit der Suite eine klare Botschaft in die Stadt am Rheinknie. Er setzt dabei – wie gewohnt – auf grosse Klangbogen und innere Differenzierung. Majestätisches, Leidenschaftliches, Tragisches und viel Höfisch-Feines kommen voll zum Tragen. Ein Highlight für sich bildet dabei der Tenor Werner Güra, welcher für Alasdair Kent einspringt, mit «The Lute Song». Nach dieser Aufführung besteht die Lust nach mehr von «Gloriana» – hoffentlich findet diese Oper den Weg ins Theater Basel.
Ergreifend: Werner Güra, Ivor Bolton und das Sinfonieorchester Basel (Foto: Benno Hunziker)
Um sich von den Einschränkungen, welche ihm durch seinen Salzburger Brötchengeber, Erzbischof Colloredo, auferlegt worden waren, zu befreien, reiste Wolfgang Amadé Mozart nach Mannheim und Paris, wo er offensichtlich inspiriert wurde neue instrumentale Formen auszuprobieren und zu kombinieren. Dass das dem Erzbischof nicht passte, war absehbar und führte zum «Tritt in den Arsch» (Zitat Mozart) und Mozarts endgültigem Umzug von Salzburg nach Wien. Aus der in Mannheim und Paris erwachten Freude am Erforschen und Kombinieren resultierte 1779 die «Sinfonia Concertante für Violine, Viola und Orchester Es-Dur, KV 364». Violine und Viola treten dabei nicht gegeneinander an; vielmehr verbindet die beiden Instrumente eine gleichberechtigte Partnerschaft. Besonders ergreifend erklingt dies im zweiten Satz, wenn die Violine die tieftraurige Viola zu trösten scheint. Für die Aufführung dieses Werk, welches in Mozarts Schaffen einen Wendepunkt darstellt, hat das SOB Isabelle Faust (Violine) und Antoine Tamestit (Viola) gewinnen können – was will man mehr! Zusammen mit dem SOB und Ivor Bolton am Pult bieten die beiden Künstler perfekten, ergreifenden Mozart-Genuss voller fein differenzierter Spielfreude und Harmonie. Dieses Hörerlebnis in Worte fassen zu wollen, ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit – das muss man einfach gehört haben!
Mozart – ganz gross: Isabelle Faust, Antoine Tamestit, Ivor Bolton, SOB (Foto: Benno Hunziker)
Das Finale dieses Musikfestes bilden die «Matinées Musicales op. 24 (1941)» von Benjamin Britten. Kompositorisch geht Britten hier eine Turtelei mit Werken von Rossini ein. Ivor Bolton und das Sinfonieorchester Basel setzen mit Brittens originellen Stücken einen fröhlichen, kraft- und schwungvollen Schlusspunkt unter diesen vom Publikum absolut zu recht kräftig bejubelten Konzertabend.
Michael Hug