Basel: Stadtcasino – Sinfonieorchester Basel (SOB) – “And the Oscar goes to …” – Anthony Pacheco (Bariton), Natalia Sanchez (Sopran) – Kevin Griffiths (musikalische Leitung)
22.10.2025
Ganz grosses Kino

Das Sinfonieorchester Basel mit Kevin Griffiths, Anthony Pacheco, Natalia Sanchez
(Foto: Simone Primavesi)
Filmmusik nimmt im Konzertprogramm des Sinfonieorchesters Basel (SOB) schon seit vielen Jahren einen festen Platz ein. Immer wieder unterlegt das SOB Filmvorführungen mit Live-Sound und macht so den Filmgenuss zu einem ganz besonderen Erlebnis. Das Publikum zeigt sich begeistert und füllt jeweils den Konzertsaal bis auf den letzten Platz.
Mit viel Kraft und Freude eröffnet das SOB unter der Leitung des temperamentvollen Dirigenten Kevin Griffiths mit dem Prelude aus «Ben Hur» von Miklos Rosza die Zeitreise durch über 80 Jahre Filmmusikgeschichte – das gelingt strahlend, monumental und etwas sehr laut – aber genau das verleiht ja auch William Wylers farbenprächtigem Monumentalfilm zusätzliche Strahlkraft.
Die Musik wird während des Konzerts mit Szenenfotos und Filmausschnitten, welche auf eine Grossleinwand projiziert werden, unterlegt. Dies geschieht wohl überlegt, so dass dasjenige Element, welches im Kino ob der Bildgewalt und der Story manchmal etwas in den Hintergrund gerät, voll zum Tragen kommt – die Musik. Sie ist es letzten Endes, welche die Emotionen und die Spannung vollends ins Publikum transportiert und das Erlebnis komplettiert.
Filmmusik wird oft unterschätzt – da ist viel anspruchsvolle Sinfonik drin. Am heutigen Konzert entdeckt wohl so mancher Filmfan viel neue musikalische Vielfalt in so manchem populären Score, wie z. B. in «Star Wars» (vielfach auf den «berühmtesten C-Dur-Akkord der Filmmusik» reduziert). Und so gewährt uns das SOB wunderbare Einblicke in die Soundtracks von Maurice Jarre, Dario Marianelli, Elmer Bernstein und John Barry.
Besonders hervorzuheben ist dabei Erich W. Korngolds genialer Soundtrack von «The Adventures of Robin Hood» – wahrlich eine Oper ohne Worte!
Herzzerreissend gelingt das Thema aus «Schindler’s List» von John Williams; mit dem Violinsolo ergreift und begeistert die 1. Konzertmeisterin Friederike Starkloff.
Das erzählerische Zusammenspiel zwischen Bild und Musik hat Dimitri Tiomkin in seinem Score für Fred Zinnemanns Westernklassikers «High Noon», dessen Symphonic Suite aufgeführt wird, besonders stark umgesetzt. Auf der Leinwand wird nebst dem Vorspann – mit dem berühmten Song «Do Not Forsake Me, Oh My Darlin», klassisch schön durch den Bariton Anthony Pacheco vorgetragen – die berühmte Szene mit der Standuhr – da intensiviert die Musik jeden Pendelschlag – sowie den Showdown und das Finale gezeigt. Tiomkin hat für diesen Film grosse, intensive Musik geschrieben, welcher das SOB zu neuem Glanz und Ausdrucksstärke verhilft.
Wenn wir schon beim Western sind, darf DER musikalische Soundtrack-Klassiker nicht fehlen: «Once Upon a Time in the West». Michael Rath an der Mundharmonika jagt dem Publikum wohligen Schauer über den Rücken und Natalia Sanchez übernimmt stimmungsvoll den Sopranpart. Mit einer Zusammenstellung ihrer schönsten Szenen wird auch auf der Leinwand der kürzlich verstorbenen Claudia Cardinale gedacht.
Der Abend wird offiziell mit einer Suite aus John William’s «Star Wars» abgeschlossen. Und als Zugabe gibt es zur grossen Freude des begeisterten Publikums das berühmte Liebesthema aus «Der Pate» von Nino Rota.
Dieser Filmmusikabend ist ein voller Erfolg. Das Sinfonieorchester Basel stellt dabei klar das Hörerlebnis ins Zentrum und setzt Film und Bild nur dort ein, wo das Klangerlebnis intensiviert werden kann. Ein klassischer Rollentausch also; im Kino ist’s ja genau umgekehrt. Ein faszinierendes Konzept – und das macht Lust auf mehr: Wenn ich da nur an die Soundtracks von Bernard Herrmann, Alfred Hitchcocks langjährigem Hauskomponist, oder Jerry Goldsmith usw. denke …
Wie auch immer, die Zeichen sind klar: Auch in Sachen Filmmusik hat das Sinfonieorchester Basel sein Publikum gefunden. – Und: Wenn ich eine Filmmusik schreiben würde, dann wüsste ich auch das Orchester, welches diese einspielen täte …
Michael Hug

