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BASEL/Stadtcasino: Sinfonieorchester Basel: Krzysztof Urbański, Katia und Marielle Labèque (Kilar, Mozart, Strawinsky)

27.10.2023 | Konzert/Liederabende

Basel/Stadtcasino Basel: Sinfonieorchester Basel: Krzysztof Urbański, Katia und Marielle Labèque

Kilar, Mozart und Strawinky
Konzert vom 25.10.2023

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Foto: Benno Hunziker

Krzysztof Urbański, der mittlerweile ein regelmsässiger Gast auf dem Podium des Sinfonieorchester Basel (SOB) ist, überzeugte bereits in der vergangenen Saison mit abwechslungsreichen und musikalisch überragenden Konzerten. Auch das heutige Programm scheint dem polnischen Dirigenten sehr am Herzen zu liegen. Das Konzert eröffnet er mit einer kurzen aber sehr interessanten Einführung zu dem Orchesterstück Krzesany „Bergsteigen“ (1974) von Wojciech Kilar (1932-2013). Dieser ist hauptsächlich für seine Arbeit als Filmkomponist bekannt und vertonte beispielswiese „Dracula“ (1992) von Francis Ford Coppola. Urbański erläutert in seiner Einführung, dass auch das Orchesterwerk von Kilar als sehr cineastisch angesehen werden kann. Kurz zusammengefasst, ist das Stück von den einfachen Leuten in den polnischen Bergen inspiriert, welche im Winter Durchreisende überfallen, in den Nächten ausgiebige Feste feiern und ihren Gewinn vertrinken. Für das Finale solle man als Publikum die Kameraperspektive einnehmen, welche in Nahaufnahme eine Ländlerkapelle auf einem Marktplatz einfängt. Nun fährt die Kamera langsam zurück, der Bildauschnitt wird langsam grösser und gibt die Sicht auf das rege Treiben auf dem Platz frei. Die Kapelle wird allmählich von dem Lärm rundherum überdeckt und rutscht in den Hintergrund, bis das Werk schliesslich in einem lauten „tutti“ endet. Wie gelingt nun dem SOB die Umsetzung dieses cineastischen Orchesterstückes? Das SOB vermag unter der hervorragenden Leitung von Urbański sämtliche Stimmungen des Werkes ideal auszuleuchten. Das Finale stellt jedoch alles bisher Gehörte in den Schatten. Eingeleitet wird das Finale von der Kapelle, welche bis zum Ende einen beschwingten Volkstanz spielt. Nun schleichen sich allmählich die Geräusche von den Marktbesucher:innen mitein. Um diesen Effekt zu generieren, bekommt das SOB Unterstützung von mehreren Schulklassen der Primarschule Niederholz, welche mit Rasseln und anderen Schlaginstrumenten für die nötige Klangkulisse sorgen. Der absolute Höhepunkt ist erreicht, als die Blechbläser mit strahlenden Akkorden zusammen mit der Orgel das Stück beenden. Begeistert und verblüfft von dem gelungenen Effekt bleibt man als Zuschauer:in im Sitz zurück. Was für ein Einstieg!

Letzter Programmpunkt vor der Pause ist das Konzert für zwei Klaviere und Orchester in Es-Dur, KV. 365 (1779) von Wolfgang Amadé Mozart. Die beiden Schwestern Katia und Marielle Labèque bestreiten das delikate Werk und runden die erste Hälfte des Konzerts gekonnt und mit viel Elan ab. Die beiden Pianistinen ergänzen und kontrastieren sich zugleich, sodass das Zuhören sehr abwechslungsreich und eine wahre Freude ist. Die zarten Passagen berühren und sind fein ausgearbeitet, während der letzte Satz eine besonders aufbrausende Qualität besitzt. Das SOB begleitet die Solistinen, wie gewohnt, mit viel Charakter und Rücksicht.

„Le sacre du printemps“ gehört heute wohl zu den bedeutendsten Kompositionen für Ballett und war bei der Uraufführung 1913 in Paris ein regelrechter Misserfolg. Igor Strawinsky schuf mit dieser Ballettmusik einen der Wegweiser für die „Neue Musik“. Wilde Rhythmen, zahlreiche Dissonanzen und herzzerreissende Soli der Holzbläser ziehen sich durch das Werk. Urbański dirigiert das Stück in Basel nicht zum ersten Mal. Es existiert eine Aufnahme mit dem NDR Elbphilharmonieorchester aus dem Jahre 2018, mit welchem er das Werk zuvor eingespielt hat. Diese Erfahrung lässt sich nicht nur hören, sondern auch sehen. Urbańskis Dirigat besitzt tänzerische Qualitäten. Er formt die Musik mit dem ganzen Körper, worauf das Orchester anspringt, denn das SOB glänzt in sämtlichen Bereichen. Die Schlagabteilung ist rhythmisch höchst diszipliniert und scharf. Die Streicher verfügen über ein feuriges „espressivo“ und bringen die Saiten gefühlt zum erglühen. Herausragend ist auch die Darbietung der Holzbläser. Das ausgezeichnete Fagottsolo setzt gleich zu Beginn den Masstab für alles Folgende. Differenziert, verspielt und charaktervoll ist das Spiel sämtlicher Beteiligten. Mit frenetischem Beifall bedankt sich das begeisterte Publikum für ein weiteres qualitativ überragendes Konzert des SOB. Die Vorfreude auf das nächste Abonnementkonzert am 22.11.2023 lässt sich nach diesem erfeulichen Musikereignis kaum verbergen.

Philipp Borghesi

 

 

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