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BASEL/ Stadtcasino: „LEBENSFÜLLE“. Sinfonieorchester Basel, Emanuel Aix (Klavier)/ Dennis Russell Davies

03.06.2016 | Konzert/Liederabende

Basel: Stadtcasino – Sinfonieorchester Basel, Emanuel Ax, Klavier, Dennis Russell Davies, Leitung – „Lebensfülle“  – 01.06.16

Thank you, Dennis!

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Copyright: Stadtcasino

Seit der Saison 2009/10 lenkt und prägt Dennis Russell Davies als Chefdirigent die Geschicke des Sinfonieorchesters Basel (SOB) und führt es mit viel Umsicht, Fingerspitzengefühl und grosser musikalischer und menschlicher Sensibilität durch das musikalische Universum. Die Ablösung des SOB von der Allgemeinen Musikgesellschaft Basel (AMG) erweist sich über die Jahre hinweg als einzig richtige Entscheidung. Das SOB verpasst sich ein neues „Outfit“, scheint quasi eine optische Verjüngungskur zu durchlaufen, wird unternehmerisch selbständig und geht künstlerisch eigene Wege. Musik des 20. und 21. Jahrhunderts rückt verstärkt ins Zentrum – dies jedoch immer in Kombination mit „Herkömmlichem“ (sofern es das überhaupt gibt) – in jedem Konzert findet jeder Musikliebhaber etwas für sich. Nicht selten greift Maestro Davies zum Konzertbeginn zum Mikrofon, begrüsst das Publikum persönlich und gibt ein paar einleitende Erläuterungen, welche dem Zuhörer das Verständnis für Unbekanntes erleichtern. Paul Sachers Vermächtnis erlebt in der Ära Davies eine veritable faszinierende Renaissance. Dadurch verankert sich das SOB als „Orchester von Basel für Basel“ fest in den Herzen der Basler Musik- und Theaterfreunden, welche „ihr“ Orchester um keinen Preis hergeben würden.

Unter Dennis Russell Davies entstehen weitere fantastische CD-Einspielungen unter dem eigenen Label des SOB. In dieser Reihe sind Franz Schubert und Felix Weingartner genau so prominent vertreten wie Arthur Honegger oder Philip Glass. Diese grossartige Tonträgerreihe dokumentiert eindrücklich die Vielfalt des SOB und trägt sie weit über die Kantons- oder Landesgrenzen hinaus in alle Welt. Eine CD vom SOB: Loriot würde sagen: „Ein Geschenk, das Freude macht!“.

Die (Abonnements-)Konzerte werden unter ein Oberthema gestellt und finden auch beim Radio vielfach Beachtung. Die Programmhefte erscheinen in praktischem Format, liegen für das Publikum gratis auf und vermitteln in lebendiger, leicht verständlicher Sprache wichtige Infos zu den aufgeführten Komponisten und Werken. Zudem wird darin auch fleissig aus dem SOB-Nähkästchen geplaudert. Und dies alles zu äusserst fairen Preisen – das macht die Konzerte auch für ein junges Publikum zusätzlich attraktiv.

Mit dem Konzert „Lebensfülle“ neigt sich die Ära Davies dem Ende zu. Zwar wird der grosse Dirigent zwischendurch wieder in Basel zu erleben sein – aber eben: nicht mehr als Chefdirigent. Auch an diesem Abend gelangt ein interessantes Werk zur kraftvollen, fein differenziert dirigierten Uraufführung: Hans Werner Henzes Suite „Die Zikaden“ aus dem gleichnamigen Hörspiel von Ingeborg Bachmann.

Danach erklingen die „Variations symphoniques“ für Klavier und Orchester, M. 46 von César Franck. Fein verspielt und ausdrucksvoll musiziert Pianist Emanuel Ax mit dem SOB. Besonders eindrücklich gelingt der zweite Satz „Allegretto quasi Andante“, welcher zu einer echten Kurz-Meditation gerät. Das ganze Werk ist geprägt durch das feine, virtuose Spiel von Emanuel Ax – zuweilen erscheint sein Spiel fast zu zart gegenüber dem nicht weniger sensibel aufspielenden Orchester.

Maestro Davies setzt auf Transparenz und grosse Klangbogen – ohne dabei pathetisch oder kitschig zu werden. Jede Instrumentengruppe kommt voll zum Tragen. So erhält der Zuhörer das, was ich als absolut „ehrlichen Klang“ bezeichne: Kein akustischer Einheitsbrei, sondern ein Menu, bei welchem die einzelnen Komponenten klar neben einander zu liegen kommen – und dennoch miteinander verschmelzen. Dieses Klangwunder zaubert Dennis Russell Davies zusammen mit dem Sinfonieorchester Basel bei Gustav Mahlers „Sinfonie Nr. 5 cis-Moll“ vom Podium. Die Sinfonie wird durch die kraftvoll aufspielenden Blechbläser eröffnet. Die Streicher stellen ihrerseits ihre grosse Sensibilität unter Beweis. Sehr bewegt, vielleicht nicht ganz so stürmisch gerät der zweite Teil der ersten Abteilung. Im berühmten Adagietto beeindruckt die Harfe mit ausserordentlicher Präzision und Ausdruckskraft. Im Rondo-Finale ziehen Orchester und Dirigent nochmals sämtliche Register und beenden den Abend mit grossen Klangbogen und herrlicher Strahlkraft.

Ein „Thank you, Dennis“-Transparent und eine lange anhaltende Standing Ovation – man kann Dennis Russell Davies nicht genug für alles, was er zusammen mit dem fantastischen Sinfonieorchester Basel nicht nur im Basler Musikleben bewirkt hat, danken! Thank you, Dennis!

                                    Michael Hug

 

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