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BASEL/ Stadtcasino: GÖTTERFUNKEN – Neues Orchester Basel, Eichenholz/ Chappuis/ Peter/ Henschel/Fries/Knüsel

03.09.2020 | Konzert/Liederabende

Basel: Stadtcasino – «Götterfunken» – Neues Orchester Basel (NOB), Agneta Eichenholz (Sopran), Marie-Claude Chappuis (Alt), Mauro Peter (Tenor), Dietrich Henschel (Bariton), Andreas Fries (Partner Herzog & de Meuron), Zürcher Sing-Akademie, Christian Knüsel (Leitung)

 – 02.09.2020

Freude, schöner Götterfunken! Das «Neue Orchester Basel», Dirigent Knüsel, die Solisten und oben die Damen vom Chor. (Foto: Michael Hug)

Freude – Götter – Funken

Nebst dem Sinfonieorchester Basel gibt es in der Stadt am Rheinknie noch das Neue Orchester Basel (NOB), welches mit jungen Musikerinnen und Musikern und attraktiven Programmen für frischen musikalischen Wind in der Kulturszene der Regio Basiliensis sorgt. Nachwuchsförderung ist beim NOB besonders gross auf die Flagge geschrieben. So erhalten auch immer wieder junge Solisten die Möglichkeit sich bei NOB-Konzerten an «grossen» Werken zu beweisen. Mit seinen Konzerten tourt das NOB auch durch kleinere Orte der Region und bringt so klassische Musik bewusst den Menschen in kleinen und eher abgelegenen Orten näher – und dies schon seit vielen Jahren mit grossem Erfolg. Der Kontakt zum Publikum ist dem NOB enorm wichtig. So bietet das Orchester beispielsweise heuer eine Kompositionswerkstatt, in welchem junge – jugendliche – Komponisten Kurzgeschichten von anderen Jugendlichen vertonen – und diese Werke dann auch gleich selber aufführen – an.

Die Freude darüber, dass in Basel im grossartig renovierten Konzertsaal des Stadtcasinos wieder musiziert werden kann (und darf) ist bei allen Aufführenden spürbar. Festlich ambitioniert ist das Programm, welches das NOB bei der feierlichen Neueröffnung bestreitet. Dieses Konzert stellt auch für dieses Orchester den Aufbruch in eine neue Zeit, ein Neuanfang dar. Und darum ist es nicht mehr als sinnvoll, das Konzert mit dem Stück zu eröffnen, welches 1876 als allererstes im Stadtcasino Basel erklang: Die «Ouvertüre» zu W. A. Mozarts Oper «Die Zauberflöte». Unter der präzisen und engagierten Leitung seines Dirigenten Christian Knüsel gelingt ein feierlicher Vortrag von Mozarts Meisterwerk. Majestätisch festlich brillieren die Blechbläser, sensibel und mit feiner Phrasierung fallen die Holzbläser auf.

Nach diesem feierlichen Einstieg begrüsst Christian Knüsel den Architekten Andreas Fries, Partner der Basler Architektur-Götter Herzog & de Meuron. Der Architekt stellt dem Publikum die Idee und das Konzept des nun abgeschlossenen Projektes «Erweiterung Stadtcasino Basel» vor. Der Ansatz «Zurück zum Ursprung» wurde von den Basler Stararchitekten akribisch umgesetzt. Ausgangspunkt dabei war die Renovation aus dem Jahr 1905, als der Musiksaal auch seine wunderbare Orgel erhielt. Bei der Freilegung der Wände kamen sieben (7) Farbschichten zum Vorschein. Welche Farbe sollte es nun werden? Auch kleine Details, wie z. B. die kleinen Glasmuscheln, welche die Kronleuchter zieren, konnten dank 3D-Fotografie rekonstruiert werden. Auch die Bestuhlung wurde wieder – unter Einhaltung der akustischen Voraussetzungen des Saals, wieder in die ursprünglichen Formen zurückgeführt. Fotos, welche auf die eingebaute Leinwand projiziert werden, illustrieren die Ausführungen. Schade, dass die grossen, herabhängenden Lautsprecher den nicht wenigen Zuschauern auf den beiden Balkonseiten nahe dem Podium, die Sicht zur Leinwand zum Teil verbauen. Etwas irritierend auch, dass die neue Klimaanlage etwas zu gut hörbar ist …

Aus Bestehendem Neues schaffen, dieses Credo liegt auch der Komposition «Architectronics of Joy» des Schweizer Komponisten Daniel Schnyder zu Grunde. Darin reflektiert er Beethovens 9. Sinfonie, jedoch: «In meinem Stück verwende ich nur wenige Beethoven-Zitate», so Daniel Schnyder im Programmheft, «Es besteht die grosse Gefahr, dass die Zitate aus der Partitur rauspurzeln und in ungelenker Verrenkung vor dem Hörer liegen bleiben.» Es entsteht eine schwungvolle, rhythmische Komposition, welche vom NOB mit grösstem Vergnügen aufgeführt wird – der Funke springt über!

Nach der Pause: «Freude, schöner GötterFunken» – mit allem was dazugehört! Mit vollem Enthusiasmus stürzt sich das NOB in das Abenteuer Beethovens «Neunte». Und dies mit einer prominenten Solobesetzung: Agneta Eichenholz (Sopran), welche für die erkrankte Rachel Harnisch einspringt, Marie-Claude Chappuis (Alt), Mauro Peter (Tenor) und Dietrich Henschel (Bariton) übernehmen die Solopartien. Stimmgewaltig präsentiert sich die Zürcher Sing-Akademie (Einstudierung: Florian Helgath). Dirigent Knüsel setzt bei der Aufführung vermehrt auf grossen Gesamtklang, was einerseits gefällt, aber teilweise auch auf Kosten der feineren inneren Differenzierung geht. Und das ist gerade im langsamen Satz, der nach einem schönen, melodiös-sensiblen Beginn gegen das Ende hin etwas flach gerät, schade. Sehr fein gerät jedoch die Einleitung zu «Freude, schöner Götterfunken» durch die Celli und Bässe. Mit feinstem Piano leiten sie in das Thema ein, welches von den anderen Instrumenten aufgenommen wird und dann in einem freudigen Tutti endet. Und nun gibt es definitiv kein Halten mehr. Mit Freude und Leidenschaft wird gesungen und musiziert, die Begeisterung ist bei allen spürbar – auch beim Publikum, welches diesen beeindruckenden Abend mit begeistertem Applaus und einer Standing Ovation belohnt.

Michael Hug

 

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