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BASEL/ Stadtcasino: Fuoco di Gioia – Das La Cetra Barockorchester im neu renovierten Stadtcasino

28.08.2020 | Konzert/Liederabende

La Cetra Barockorchester - Basel - Stadtcasino - 27.08.2020 - Badische  Zeitung TICKET

Endlich geht es weiter: die Saison beginnt nach einer länger als gewohnten Pause wieder und die Renovation des Musiksaals im Basler Stadtcasino ist vollendet. 144 Jahre nach seiner Eröffnung hat der Saal ein Facelifting bekommen, das ihm, man kann es nicht anders sagen, blendend steht.

«Casino» steht in diesem Fall für den Wunsch der 1787 in den Räumen der Schmiedezunft gegründeten Lesegesellschaft nach einem eigenen Haus, denn das freiheitliche Gedankengut liess die Lesegesellschaft wachsen und die Räume der Schmiedezunft zu klein werden. Das engagierte Bürgertum gründete eine Casino-Gesellschaft und 1826 konnte dann ein Konzert- und Tanzsaal mit Restaurant eingeweiht werden. Basel hatte nun ein Zentrum für Tanz-, Theater-, Musik- und Varieté-Abende, kurzgesagt erstmals überhaupt ein öffentliches Kulturleben. Mit dem von Ernst Reiter geförderten Musikleben Basel und der zeitgenössischen Orchesterliteratur wuchs die Erkenntnis, dass der Casino-Saal für das Sinfonische zu klein war. 1866 wurde der neue Musiksaal mit der Neunten Sinfonie Ludwig van Beethovens eröffnet.

Das Architekturbüro Herzog & de Meuron hat, nachdem das Basler Stimmvolk 2007 den Entwurf Zaha Hadids an der Urne ablehnte, die Renovation übernommen. Das Spektakuläre ihres Entwurfs liegt für einmal nicht im Äusseren, im Optischen, sondern im respektvollen Umgang mit alter Bausubstanz und einem der besten Konzertsäle der Schweiz. Der Saal selbst wurde von allen Ein- und Anbauten befreit und lege artis renoviert und erstrahlt nun wieder in alter Pracht, wie bei seiner Eröffnung. Vor die alte Fassade ist das neue Foyer geblendet, dessen Fassade die Elemente der alten Fassade aufnimmt, sie aber nicht sklavisch kopiert: bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass der vermeintliche Stein bemaltes Holz ist. Der Innenraum mit den Lüstern und viel rotem Samt und Brokat ist gewöhnungsbedürftig, aber letztlich doch stimmig. Der Saal ist der Barfüsserkirche deutlich näher gerückt: entstanden ist keine Enge sondern ein wunderschöne Gasse, die sich so auch in Prag oder Wien finden könnte.

Seit dem 22. August feiern die Orchester Basels die Wiedereröffnung des legendären Musiksaals. Als jüngstes Mitglied entzündet das La Cetra Barockorchester & Vokalensemble Basel unter seinem musikalischen Leiter Andrea Marcon ein barockes Feuerwerk.

Als erster Musiker betrat Philipp Tarr (Pauke), coronagerecht mit Maske, das Podium und bestaunte den Saal. Während er an der Pauke improvisierte, betraten die übrigen Musiker, genauso staunend und mit Maske das Podium und begannen gleich mit Johann Sebastian Bachs Orchestersuite (Ouvertüre) Nr. 3 D-Dur BWV 1068. Die Steigerung im ersten Satz wie auch im ganzen Werk gelang hervorragend. Die Instrumentengruppen waren bestens ausgeglichen und so kam das Werk zur Aufführung, wie es Bach sich gedacht haben dürfte: als saftig, kraftvolle, lebendige Aufführung.

Die Solisten in Georg Philipp Telemanns Konzert e-moll für Blockflöte, Traversflöte, Streicher und Basso continuo e-Moll, TWV 52:e1 waren Anna Fusek (Flauto dolce) und Karel Valter (Traverso). Ihre Darbietung überzeugte durch ihr Zusammenspiel, die grosse Virtuosität und in den zahlreichen Passagen, die beiden Flöten versetzt spielten, war der unterschiedliche Klang der beiden Flöten wunderbar zu vergleichen

Mit einem strahlend hellen Flautino bestritt Anna Fusek Antonio Vivaldis Concerto per flautino in C-Dur, RV 443.  Der Zuhörer konnte nur noch staunen, mit welcher Virtuosität Fusek ihr Instrument zum Klingen, Strahlen, Trillern brachte.

Nach der Pause folgten, dem Anlass entsprechend, „pomp and circumstance“, Glanz und Gloria. Das Vokalensemble Basel (Choreinstudierung: Carlos Federico Sepúlveda) hatte auf dem vorderen Drittel der Empore Platz genommen: Durch die in der Mitte befindliche Orgel und die coronagerechten Abstände wurde in Georg Friedrich Händels Coronation Anthems (Nr. 1 «Zadok the Priest», HWV 258; Nr. 2 «Let Thy Hand Be Strengthened», HWV 259; Nr. 3 «The King shall rejoice», HWV 260; Nr. 4 «My heart is Inditing», HWV 261) ein eindrücklicher Raumklang erreicht. Die Pracht der Zeremonie wie auch Händels Begabung als Chorkomponist kamen bestens zur Geltung. Das Vokalensemble überzeugte durch seinen satten Klang und hervorragende Textverständlichkeit, das Orchester zeigte, dass es das grösser Formatierte genauso wie das fein Ziselierte perfekt beherrscht.

Das Freudenfeuer leuchtete noch lang in den Abend hinein.

28.08.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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