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BASEL/ Stadtcasino: DUELL – – Sinfonieorchester Basel (SOB), Helena Winkelmann (Violine und Komposition), Patricia Kopatchinskaja (Violine), Ivor Bolton (Leitung)

10.09.2020 | Konzert/Liederabende

Basel: Stadtcasino – «Duell» – Sinfonieorchester Basel (SOB), Helena Winkelmann (Violine und Komposition), Patricia Kopatchinskaja (Violine), Ivor Bolton (Leitung)

 – 09. (besuchtes Konzert) und 10.09.2020

Wiederaufnahme eines Lieblingsstückes, eine Uraufführung und Basler Fasnachtszauber

1876 gelangte in Karlsruhe die «Sinfonie Nr. 1 c-Moll, op.68» von Johannes Brahms zur Uraufführung. Im gleichen Jahr wurde in Basel das Stadtcasino eröffnet. Und in diesem Saal entwickelte sich Brahms’ «Erste» zu einem der absoluten Lieblingsstücke des Basler Publikums und stand bis 1920 in fast jeder zweiten Spielzeit auf dem Programm. Kein Wunder also, dass sich die Verantwortlichen des Sinfonieorchesters Basel (SOB) entschlossen haben, das erste «offizielle» Abonnementskonzert im frisch renovierten Stadtcasino mit eben diesem Werk zu eröffnen. Wer weiss, vielleicht wiederholt sich Geschichte ja auch hier … Es gelingt eine ansprechende Aufführung, in welcher sich ein schöner Gesamtklang entwickelt. Daraus heben sich insbesondere die Holzbläser mit besonders feinem, differenziertem Spiel ab. Ivor Bolton führt das SOB mit klaren Einsätzen souverän durch das Werk und arbeitet dabei die verschiedenen Stimmungen gezielt heraus. Schade, ist auch an diesem Konzert die neue Belüftungsanlage zu stark zu hören. Ich hoffe, dass sich dieses Problem in rascher Zukunft technisch lösen lässt.

Nach der Pause kommt «Gemini», Konzert für zwei Violinen und Orchester (2020)» von Helena Winkelmann (Composer in Residence) zur Uraufführung. Die Komponistin springt dabei auch gleich für Pekka Kuusisto, der kurzfristig absagen musste, als Solistin, neben Patricia Kopatchinskaja, an der Violine ein. «Gemini» besteht aus zwölf kurzen Szenen, in welchen es zu verschiedenen Interaktionen zwischen zwei Menschen – verkörpert durch die Violinen – kommt. Die Interaktionen werden am Schluss ausgesprochen körperlich, wenn die beiden Schlagzeuger mit weichen Plastikrohren aufeinander losgehen und sich gegenseitig «verkloppen» – natürlich in dem Taktmass, wie es die Tondichterin komponiert hat. Ansonsten erklingt Musik aus aller Herren Stilrichtungen mit Jazzmotiven und leichten Anlehnungen an Leonard Bernstein oder George Gershwin, schwungvoll dargeboten vom Orchester und den beiden Solistinnen, welche sich als technisch ausgezeichnete Violinistinnen beweisen.

Die Komponistin bestreitet die Uraufführung ihres jüngsten Werkes gleich selbst: Helena Winkelmann (rechts) mit Patricia Kopatichinskaja (Violine), Ivor Bolton (Leitung), Sinfonieorchester Basel. Foto: Michael Hug

Aus Anlass ihres 200-jährigen Bestehens beauftragte die Basler Chemiefirma J. R. Geigy Rolf Liebermann das «Geigy Festival Concerto» zu schreiben, welches 1958 uraufgeführt wurde und das der Stadt Basel gewidmet ist. Geschickt verarbeitet Rolf Liebermann Basler Themen und Trommel- und Pfeifer-Märsche zu einer 12-minütigen Fantasie. Ganz still beginnt es mit «z’ Basel an mim Rhy» – wir erkennen: In wenigen Momenten schlägt es vier Uhr früh – und dann gibt es kein Halten mehr: «Morgeschtraich» – Basler Fasnacht! In der Fantasie verknüpft Liebermann verschiedene Basler Fasnachtsmärsche und gibt dabei ein wunderbares Stimmungsbild der «drey scheenschte Dääg». Aber auch die ruhigeren Momente klingen an – und das ruft uns heuer ins Bewusstsein, dass auch die kommende Fasnacht nicht mehr so sein wird, wie sie die vielen Jahre davor war. Dem Sinfonieorchester Basel gerät unter Ivor Bolton ein berührender Vortrag, besonders hervorzuheben sind jedoch Marc Sprunger und Philipp Wingeier, Tambouren der Fasnachtsclique VKB (Vereinigte Kleinbasler), welche an historischen Basler Trommeln mit grösster Sicherheit und äusserster Präzision den mörderisch schweren Trommelpart bravourös meistern. S’ Optimum!!!


Die beiden brillanten Tambouren der VKB, Maestro Ivor Bolton und das Sinfonieorchester Basel (Foto: Michael Hug)

Grosser Applaus des Publikums für einen vielseitigen Konzertabend!

Michael Hug

 

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