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BASEL/ Römisches Theater Augusta Raurica: „WAS IHR WOLLT“. Premiere

14.08.2016 | Theater

Theater Basel: Shakespeares «Was ihr wollt» im Theater von Augusta Raurica – Premiere 13.8.2016

Julia Hölscher inszeniert Shakespeares Komödie «Was ihr wollt» im römischen Theater von Augusta Raurica und bietet dem Premierenpublikum genau das, was es will: ein witzig-frisches Spektakel, das Shakespeare nicht allzu ernst nimmt und auf jegliche verkrampfte Gesellschaftskritik verzichtet.

hgb
Elias Eilinghoff, Nicola Kirsch, Florian von Manteuffel, Steffen Höld, Myriam Schröder
©Simon Hallström

Die Wettergötter meinten es gut mit der Premiere von «Was ihr wollt», die an einem wunderbar warmen Sommerabend in dem antiken Theater von Augusta Raurica stattfand. Das Vertauschen der Rollen, welches ein so zentrales Thema in Shakespeares romantischer Komödie darstellt, beginnt bereits vor dem ersten Akt: die Bühne wird zur Tribüne. Die Zuschauer sitzen an der offenen Bühnenseite, während der steinerne Halbkreis der eigentlichen Sitzstufen die Kulisse für das Stück bildet. Auf den ersten Blick wird klar, wer die Hauptrolle in diesem Stück spielt: das antik-römische Theater, das eine Art Arena für den Liebesreigen bildet.

Von Anfang an wird der Titel des Stücks als Satire entblösst, denn keiner der Liebenden scheint das zu bekommen, was er bzw. sie will. Orsino liebt hoffnungslos die eigenwillige Olivia. Die wiederum ist in den jungen Cesario verliebt. Cesario ist jedoch eigentlich die als Junge verkleidete Viola, welche ihrerseits nach dem Herzog Orsino schmachtet. Die Homoerotik, die bereits bei Shakespeare zu finden ist, wird durch die Inszenierung von Julia Hölscher und die Darstellung der Schauspieler noch hervorgehoben. Herzog Orsino – gespielt von Thiemo Strutzenberger – erinnert an einen tuntenhaft-taumelnden Captain Jack Sparrow, der trunken vor Liebe über die Bühne schwankt und aus Liebeskummer auch mal seinen Diener küsst. Dass dieser ein Mädchen ist, weiss er noch nicht. Wer Männlein und wer Weiblein ist, spielt bei diesem Liebesreigen sowieso keine Rolle. Dies wird auch zum Schluss klar, als sich die Liebespaare längst gefunden haben, Olivia aber abwechselnd mal Viola und deren Bruder Sebastian küsst.

Auch die Sprache schwankt hin und her – zwischen feingeistigen Monologen und einer sehr authentischen Sprache, welche die Übersetzung von Thomas Brasch liefert. Damit tut sich auch das ansonsten sehr starke Ensemble teilweise schwer. Besonders zu erwähnen ist die gute Darbietung von Lisa Stiegler, die als Viola/Cesario in dieser Rolle wortwörtlich ihren Mann steht. Barbara Horvath überzeugt ebenfalls als zunächst besonnene Olivia, die aus Liebe völlig ihren Verstand verliert. Für das grösste Amüsement des Publikums sorgen jedoch Florian von Manteuffel als Sir Toby, Elias Eilinghoff als Sir Andrew Leichenwang und Nicola Kirsch als Kammerzofe Maria. Mit teils derbem Humor, teils feinem Witz und glänzend gespieltem Klamauk retten sie das Stück davor, allzu romantisch-melancholisch zu werden, und sorgen für zahlreiche Lacher. Einzig Myriam Schröder kann ihrer Rolle als kluger Narr nicht ganz gerecht werden. Dafür überzeugt Michael Wächter nicht nur als Antonio, sondern auch als begabter Musiker, der mit Gitarre und Gesang die passende melancholische Soundkulisse für diesen lauen Sommerabend zaubert.

Star des Abends bleibt aber bis zum Schluss das Römertheater. Die Freilichtkulisse wird gekonnt in Szene gesetzt und die wundervolle Atmosphäre des antiken Schauplatzes bestens genutzt. Die Handlung der Geschichte verdichtet sich, während am Horizont langsam die Sonne untergeht. Da ist kein weiteres Bühnenbild nötig. Einzig zwei riesige Luftballone in Form menschlicher Herzen hat Paul Zoller (Bühnenbild) den Schauspielern mitgegeben. Auf ihnen können sie abwechselnd herumhopsen, sich hineinwerfen oder drauf herumtrampeln. Warum die Figuren mehrheitlich in schottischen Kilts auftreten, bleibt wohl das Geheimnis von Kostümbildnerin Esther Bialas.
 
Die nächsten Vorstellungen von «Was ihr wollt» in Augusta Raurica finden am 16. und 18. August statt. Danach wird das Stück im Foyer des Theater Basels zu sehen sein. Wer es jedoch verpasst, das Stück im Römertheater unter freiem Himmel zu sehen, hat wirklich etwas verpasst.

Patricia Heyne

 

 

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