Basel: “ROBIN HOOD“ Ballett von Richard Wherlock
Premiere: 18. November 2016
Richard Wherlock © Theater Basel
Richard Wherlock steht, nicht nur hier in Basel, als Synonym für grosse Tanzkunst. Seine Choreographien versprechen immer grosse Spannung, Tanzkunst auf höchster Ebene plus die seinen Ideen entsprechende Musikauswahl. Dies gilt auch für sein Werk „ROBIN HOOD“, einem zweiaktigen Tanztheater. Die von Wherlock zusammen mit dem musikalischen Leiter Thomas Herzog ausgewählten musikalischen Werke tragen denn auch massgeblich zum Weltniveau dieser Uraufführung, bei. Die Spannweite der Komponisten reicht von Madrigalen aus der Renaissance bis hin zu John Barry’s Musik aus einigen James Bond-Filmen.
Die Handlung
Erster Akt: Richard Wherlock hat die Person Robin Hood`s in das London der Nachkriegsjahre versetzt. Aber auch hier bleibt Robin der Aussenseiter, der Gesetzlose, welcher sich für die Unterprivilegierten/Wehrlosen einsetzt. Sein Wirkungskreis ist das Londoner East End, ein Londoner Viertel der Banden und Bandenkriege. Die Polizei ist korrupt, Schmiergelder fliessen, Gewalt ist das Gesetz der Strasse und verschafft Respekt. Der Polizeichef versucht der Korruption Einhalt zu gebieten und wird von den Gangsterbrüdern Ron und Reg Twin gekidnappt. Robin und Marian, die Tochter des Polizeiobersten, werden Zeugen dieser Entführung.
Robin, Will, Tuck, Little John, George und Amy bilden zusammen die Merry-Men, den Counterpart der Bande um die Twin-Brüder. Als diese wieder einmal die Bevölkerung drangsalieren eilen die Merry-Men zur Hilfe. Als Rache greift die Twin-Bande in einem Pub Robin`s Freunde an und verlieren diese Runde. Mit einem fröhlichen Fest wird der Sieg gefeiert. Robin und Marian werden ein Paar.
Ron Twin fordert Robin Hood zu einem Dart-Duell heraus. Falls Robin gewinnt, wird Marians Vater freigelassen. Wenn Hood verliert, wird auch Marian gefangen genommen. Robin verliert!
Zweiter Akt: Marian und ihr Vater werden von den Twins gefangen gehalten. Die Freundin Marians, Beth, erhält eine Botschaft aus der Gefangenschaft und überbringt diese den Merry-Men, welche umgehend Vorbereitungen zur Befreiung treffen. Marian und ihr Vater werden von der ganzen Twin-Bande misshandelt. Nach einem misslungenen Befreiungsversuch klappt die Vertreibung des Twin-Gangs und das ganze Viertel feiert ausgelassen.
Richard Wherlocks stringente Choreographie ist geprägt vom Unterschied der beiden Banden. Die Tänzer um Robin werden, auch musikalisch als Gutmenschen, als Nachbarschaftshelfer, dargestellt. Dies im Gegensatz zu den Twins mit ihren Anhängern, welche als bedrohliche Bewohner des Quartiers agieren. Meisterhaft wird in vielen „PAS DE DEUX“ diese unterschiedliche Auffassung choreographiert. Als Highlight sind speziell erwähnenswert ist die Zusammenarbeit auf der Bühne von Marian und Robin. Dazu kommt die musikalisch-tänzerische Präzision in den Gruppenszenen.
Jorge Garcia Pérez als Robin mimt und tanzt exzellent mit wunderbarem Ausdruck. So auch seine Freunde Will (Max Zachrisson), Little John (Frank Fannar Pedersen), Tuck (Mirko Campigotto), George (Diego Benito Gutierrez) und Amy (Debora Maiques Marin). Die Partnerinnen: Pam, Sue und Petula und Beth, Marians beste Freundin: Annabelle Peintre, Dèvi-Azelia Selly, Tana Rosàs Suné und Ayako Nakano. Begeistert hat auch die Performance von Marian (Andrea Tortosa Vidal).
Genauso hervorragend ist die tänzerische Leistung der Twin Bande: Sergio Bustinduy (Ron Twin), Javier Rodriguez Cobos (Reg Twin), Anthony Ramiandrosoa (Toni) und Armando Braswell (Mandie) und deren Partnerinnen: Lydia Caruso, Luna Mertens, Alba Carbonell Castillo, Raquel Rey Ramos.
Die Familie Smith, zusammengesetzt aus der Sopranistin Ye Eun Choi, Sofia Pavone (Mezzosopran), dem Bassisten José Loza, Giacomo Schiavo (Tenor) und dem Countertenor Max Riebl, singen a cappella mit klarer Diktion und präziser Intonation, die Madrigale.
Das Sinfonieorchester Basel unter der Stabführung von Thomas Herzog meistert die unterschiedlichen Stilrichtungen des „Soundtracks“ mit gewohnter Bravour und professioneller Präzision.
Das Bühnenbild, verantwortlich dafür Bruce French, unterstützt Wherlocks Dramaturgie/Choreographie optimal. Wohltuend ist, dass für einmal das Geschehen auf der Bühne nicht durch überdimensionale Videos gestört wird. Die wenigen Einspielungen (Video Bruce French und Tabea Rothfuchs) werden dramaturgisch wesentlich und subtil/unaufdringlich eingesetzt. Die Kostüme, entworfen von Catherine Voeffray, sind der Zeit angepasst und farblich stimmig zum Geschehen.
Ein Wort zum Schlussbild: Vordergründig scheint das Ende von Robin Hood eher schwach, also keine fulminante Schlussszene. Bei näherem Zusehen/Nachdenken aber entlässt uns Richard Wherlock mit einem Hinweis auf die heutige Zeit, geprägt von Wohlstand und Rechtsordnung.
Das zahlreich erschienene Premierenpublikum belohnte das gesamte Team um Richard Wherlock und Thomas Herzog mit langanhaltendem, frenetischem Applaus.
Peter Heuberger, Basel