Basel Münster: Sinfoniekonzert mit Werken von Halffter, Brahms und Bruckner (27.9.2017) – Die Mystiker am Werk
Wegen Umbaus des Stadt-Casinos, wo die Konzerte des Sinfonie-Orchesters Basel (SOB) sonst stattzufinden pflegen, war die Aufführung von Bruckners f-Moll-Messe werkgerecht in das wunderbare Basler Münster verlegt worden. Die kirchen-typische Akustik des Münsters entsprach dem von Bruckner wohl mitkomponierten Nachhall des geistlichen Werks. Dieses erstaunliche Werk, das mit ungewohnten harmonischen Wendungen überrascht und trotzdem eine Einheit bildet, strahlt eine starke mystische Wirkung aus. Das wird wohl immer das Geheimnis des Linzer Meisters bleiben. Möglicherweise liegt die Erklärung für das Unerklärliche von Bruckners Schaffen darin, dass ihn der „Finger Gottes“ wohl berührt haben muss…
Ivor Bolton, Chef des SOB, dirigierte mit Umsicht und Übersicht über den dramaturgischen Aufbau der f-Moll-Messe, so dass in keinem Moment eine der hier unangebrachten Längen aufkam. Der hervorragende Balthasar-Neumann-Chor (Künstlerische Leitung: Thomas Hengelbrock) machte seinem Ruf als einer der besten Chöre für geistliche Werke alle Ehre: so klar in den Sopran-Stimmen, so wunderbar im Piano gestützt in den Tenören, so dunkel grundierend die Bässe und mit warmem Bratschenklang in den Altstimmen. Die Solisten waren hervorragend. Die in der Schweiz selten auftretende Sandrine Piau überstrahlte mit herrlichen Spitzentönen das ausgewogene Ensemble mit der soliden Altistin Catherine Wyn-Rogers, dem schlank singenden Tenor Toby Spence und dem kernigen Bass Thomas Oliemans.
Vor der Pause hatten wir die seltene Gelegenheit, in Anwesenheit des Komponisten Christobal Halffter sein 2015 uraufgeführtes Werk „Alucinaciones“ zu hören. Die Streicher intonieren zu Beginn eine alte Melodie von Marin Marais, worüber sich dann der Cluster-Klang des „modernen“ Orchesters legt. Am Schluss kehrt das Werk zur alten Melodie zurück – die moderne Klangwelt konnte ihr nichts antun. Das wohl schwierig zu realisierende Werk wurde von Francesc Prat, dem Assistenten von Ivor Bolton, souverän und mit Hingabe dirigiert.
In die Mitte des Konzertabends hatte man das Violinkonzert von Brahms platziert, das von Vadim Gluzman fabelhaft gespielt wurde. Besonders eindrücklich war nach der virtuosen Kadenz im 1. Satz der Wiedereintritt ins Hauptthema, was Gluzman mit einem Oberton-Glanz sondergleichen spielte. Das SOB klang hier mitunter etwas quallig – wohl bedingt durch die Kirchen-Akustik -, gewann aber im 2. Satz eine gute Transparenz. Das Oboen-Solo, die „einzige Melodie“ in diesem Werk – wie ein Beckmesser seinerzeit spitz bemerkt hatte -, war bei Tillmann Zahn hervorragend aufgehoben.
John H. Mueller
Das Konzert wird am Donnerstag, 28.9. wiederholt.