Theater Basel: MACBETH Giuseppe Verdi (Pariser Fassung 1865) Aufführungen vom 30. April / 4. Mai 2016
ALL THE WORLD IS A STAGE! © Sandra Then
Das Sinfonieorchester Basel (SOB)stimmt seine Instrumente, im Saal sitzen gespannt die Zuhörer. Ein halbtransparenter Vorhang zeigt die matt beleuchtet Bühne und als Spiegelbild zugleich das zahlreich erschienene Publikum: All the world’s a stage, And all the men and women merely players Die ganze Welt ist Bühne und alle Frauen und Männer bloße Spieler (Shakespeare, „AS YOU LIKE IT, Monolog Jaques Akt 2/Szene VII“)
Die Macbeth Inszenierung 2016 von Regisseur Olivier Py, unter der Stabführung von Erik Nielsen, mit dem Bühnenbild und den Kostümen von Pierre-Andrè Weitz, dem Lichtdesigner Bertrand Killy kann mit einem Wort besprochen werden: ÜBERRAGEND! Die Shakespearesche Handlung in Macbeth ist sehr vorwärtsdrängend, schnell. Giuseppe Verdi hat dies in seiner Musik (Libretto Francesco Maria Piave) hervorragend ausgedrückt. Nielsen arbeitet die Intention Verdis hervorragend heraus. Und dies ohne musikalische Hektik, ohne falsche Tempi, mit dem fantastisch spielenden SOB. Py hat mit seiner ruhigen, stringent wirkenden Personenführung dazu den Kontrapunkt gesetzt. Nie wirken die Protagonisten und Protagonistinnen überzeichnet. Nirgends falsche Hektik, nicht gerechtfertigter Aktivismus. Dies fällt vor allem bei Macbeth (Vladislav Sulimski) und Lady Macbeth (Katia Pellegrino) auf. So wirkt das Werk innerlich nach und regt zum Überlegen an: Machtgier und Mord, Unterdrückung und Rebellion sind nicht aufs Sprechtheater, Musiktheater reduziert. Auch heute wie im 16. Jahrhundert wird Politik als Krieg weitergeführt, zum Teil als Handelskrieg, an vielen Orten der Welt aber auch mit Waffen. In meinem Interview mit Erik Nielsen und Olivier Py haben beide ganz klar ausgesagt: Ohne optimale Diktion, keine gute Musik, Musik ist Sprache und Sprache ist Musik!“ Ich stelle fest: An der Diktion wurde hart gearbeitet und das Resultat ist hervorragend!
Der russische Bariton Vladislav Sulimski gibt einen starken Macbeth mit hervorragender Diktion, in welcher Lage auch immer, Bravo! Die aus Italien stammende Katia Pellegrino als Lady Macbeth singt ihren Part hervorragend und klar ohne falsches Vibrato, ihre Diktion lässt keine Wünsche offen. Speziell auch ihre Auffassung der Wahnsinnsarie im dritten Akt, in welcher sie mit Kraft und doch viel Zartheit agiert. Auch entspricht ihre Körpersprache der Rolle und drückt aus was sie singt, Brava! Für mich aber der herausragende Sänger/Schauspieler ist der Engländer Callum Thorpe als Banquo. Sein kraftvoller Bass, gepaart mit hervorragender sprachlichen Klarheit und eine schauspielerischen Leistung gehören zum Besten, was ich seit langem gesehen, gehört habe, Bravo, Bravo! Macduff gab der griechische Tenor Demos Fletomos. Auch seine Diktion, seine Intonation war präzise und klar. Für mich hat er etwas zu nahen am Belcanto gesungen, wobei seine Arie im vierten Akt durchaus auch Belcanto sein kann. Das Ensemble-Mitglied Tenor Rolf Romei als Malcolm erstaunt mich immer wieder durch die Wandlungsfähigkeit seiner Stimme: Hier lyrisch, da heldenhaft, dann wieder Belcanto. Aber immer sicher in Intonation, hervorragend mit seiner Körpersprache, optimal in seiner Diktion. Eine spezielles Lob gehört den Knaben, Victor Fernandez-Garcia und Lèonce Aklin, (30. April) sowie Noah Gysin und Jarin Schläfli (4. Mai), als Erscheinungen zwei und drei. Die vier sind Solosänger der Knabenkantorei Basel, Bravi! In weiteren Rollen waren zu hören: Vladimir Vassilev, Vivian Zatta, Andrew Murphy und Agata Wilewska.
Ganz hervorragend war die Performance des Chor des Theater Basel. Die Damen und Herren sangen wie immer auf höchstem Niveau. Dem Chor und dem Chorleiter Henryk Polus sei ein grosser Dank gewidmet.
Das Publikum verdankte die Leistung des Teams um Olivier PY und Erik Nielsen mit anhaltendem Applaus und vielen „BRAVI!“
Peter Heuberger, Basel