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BASEL/ Kunstmuseum: LICHTGESTALTEN – ZEICHNUNGEN UND GLASGEMÄLDE VON HOLBEIN BIS RINGLER

„gemalt fenster vnd Glasmaler im Schweizerland“

11.03.2020 | Ausstellungen

Kunstmuseum, Basel: LICHTGESTALTEN – ZEICHNUNGEN UND GLASGEMÄLDE VON HOLBEIN BIS RINGLER, 01.02.2020 – 26.04.2020

 

„gemalt fenster vnd Glasmaler im Schweizerland“

In einer höchst interessanten Schau zeigt das Kunstmuseum Basel unter dem Titel «Lichtgestalten» eine Ausstellung zu Schweizer Glasgemälden und ihren Vorzeichnungen im 16. Jahrhundert.

Glasgemälde gehören für die Zeitgenossen wie den Strassburger Gelehrten Johann Fischart (1546/47-1591) so selbstverständlich zur Schweiz wie Tannzapfen zum Schwarzwald und der Wein zum Elsass, sind also, was heute Schokolade und Uhren sind. Die Kühe werden schon länger, seit dem Schwabenkrieg und dem Diskurs von Sauschwaben und Kuhschweizern, mit der Schweiz in Verbindung gebracht.

Unter „Glasgemälden“ (älteste Beispiele in Burgund und der Schweiz um die Mitte des 15. Jh.) versteht die Wissenschaft nicht monumentale, mehrere Felder oder Fenster umfassende kleinformatige Glasgemälde, die seit dem frühen Mittelalter für Kirchen geschaffen wurden, sondern die seitdem im Spätmittelalter begonnen wurde die Fensteröffnungen der Häuser mit Bleiverglasung zu schliessen aufkommenden, auf Nahsicht angelegten, in sich abgeschlossenen Kompositionen, die in aller Regel in den oberen Teil einer bestehenden Verglasung eingelassen waren. Zur Verbreitung des Glasbildes trug massgeblich der Brauch der Scheibenstiftung, ein spezifisch schweizerisches Phänomen, bei. Die meist Herrschafts-, Bündnis- oder Amts-Verhältnisse dokumentierende Scheibenstiftung erfolgten nicht auf Initiative der Schenker sondern auf Nachfrage der Empfänger. Der Schenker hatte so die Möglichkeit der Selbstdarstellung und der Empfänger konnte seine Beziehungen zur Schau stellen.

Umfang und Dauer der Popularität der Glasgemälde in der Schweiz sind in den politischen und gesellschaftlichen Strukturen der Alten Eidgenossenschaft begründet. Die nach den Burgunderkriegen und dem Schwabenkrieg erreichte de facto-Reichsunabhängigkeit der Alten Eidgenossenschaft und der Erfolg im Soldwesen führte zu einem Aufschwung und Bedeutungszuwachs des Bündnisses. Während in anderen Ländern die Repräsentation der landesherrlichen Macht über Herrscher-Portraits erfolgte, war das im Fall der Alten Eidgenossenschaft nicht möglich. Die „Standesscheiben“, Glasgemälde, die das Standeswappen zeigten, nahmen in dieser Zeit, in der sich mit dem Weissen Buch von Sarnen und den ersten Bilderchroniken die eigene Geschichte zu verfestigen begann, den Platz der Herrscher-Portraits ein und repräsentierten die Herrschaft

Die Ausstellung im Kunstmuseum befasst sich mit den Vorzeichnungen zu den Glasgemälden, die auf Grund der hochkomplexen Herstellung nicht ad hoc entstehen konnten. Die „Scheibenriss“ genannten Vorzeichnungen sind weitaus häufiger erhalten als die Endprodukte. Die Scheibenrisse trugen einerseits zur Popularität der Glasmalerei bei, da die Produktion natürlich vereinfacht wurde; andrerseits trugen sie zum Vergessen der Glasmaler als Persönlichkeiten bei, da Scheibenrisse frei kopiert oder sogar verkauft wurden.

Balthasar Han; Bannerträger der Basler Himmelszunft; 1554; Farbloses und farbiges Glas, Schwarzlot, Silbergelb; 89,9 × 55,7 cm © Historisches Museum Basel, Foto: N. Jansen

Das Kunstmuseum Basel kann für die Schau aus seinem reichen Fundus schöpfen und präsentiert in ihrem Detailreichtum absolut faszinierende Scheibenrisse von u.a. Hans Süss von Kulmbach, Niklaus Manuel, Urs Graf, Hans Holbein d.J., Tobias Stimmer, Christoph Murer und Hieronymus Vischer.

Ein Höhepunkt der Saison!

10.03.2020, Jan Krobot/Zürich

 

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