Theater Basel, Kleine Bühne: „ DIE SCHWARZE SPINNE“
Regie: Tilmann Köhler Premiere: 22. September 2017
Myriam Schröder © Priska Ketterer
Nach der epochalen Bearbeitung von Mozarts „Lucio Silla“ brilliert das Theater Basel mit einer ausgezeichneten Interpretation der Novelle „DIE SCHWARZE SPINNE“ von Jeremias Gotthelf. Die Personenführung des Regisseurs Tilmann Köhler, hervorragend die Höhepunkte der Novelle betonend, unterstützt die überdurchschnittliche schauspielerische Leistung des ganzen Teams. Die dramaturgische Aufarbeitung durch Katrin Michaels kann nur als sehr gelungen bezeichnet werden.
Die Regie unterscheidet sehr genau das Spiel der Zuhörer in der „Gegenwart“ und wie die Sagenfiguren aus der Vergangenheit, aus der Erzählung agieren. So sollte Regieführen im Schauspiel verstanden werden. Unterstützt wurde die Regie, die ganze Teamleistung, durch die Perkussionistin Camille Emaille, optisch leider etwas zu stark im Hinter- respektive Seitengrund.
Myriam Schröder als Hebamme und Christine überzeugt durch sprachliche Präzision ebenso wie durch expressionistisch/emotionale Körpersprache. Ihre Interpretation der beiden Rollen wirkt wie Musik, Kopf und Emotion ansprechend.
Als Grossvater, Grünen und Priester hören und sehen wir Martin Hug. Seine Bühnenpräsenz ist immer spürbar. Das muss auch so sein. Die Erzählung des Grossvaters bildet den roten Faden der Novelle. Seine Auftritte als Grüner überzeugen durch die Emotionslosigkeit, ihre coolness, während Hug mit seinem Priester hervorragend den Seelsorger mit viel Verständnis für die Nöte der Gemeinde darstellt. Interessant ist Gotthelfs Abkehr von >Blut ist ein ganz besondrer Saft<. (Faust 1, Studierzimmer. Mephistopheles). Sein Grüner, sein Teufel, begnügt sich bei schönen Frauen mit einem Kuss zum Abschluss des Paktes.
Vier Rollen, welche unterschiedlicher nicht sein können, werden von Simon Zagermann gespielt: Hans Uli/ Sigrist/ Christen/ Hans von Stoffeln. Speziell erwähnenswert ist Zagermann`s von Stoffeln, der Tyrann. Diesen Tyrannen spielt er glaubwürdig, sowohl sprachlich als auch durch seine Mimik und Gestik.
Als schöne blasse Frau und Frau steht Liliane Amuat auf der Bühne. Benz und Hans werden von Urs Peter Halter gegeben. Als Vetter und Hornbachbauer agiert Steffen Höld. Als Gotte und Frau sehen wir Catrin Störmer.
Anzumerken ist dass die Leistung des gesamten Teams nur als makellos bezeichnet werden kann. Ohne die Leistung der Regie, der Schauspielerinnen und Schauspieler und der Musik würde sich die Inszenierung des Theater Basel nicht über diversen Spinnen-Produktionen erheben. Es sind auch die vielen Kleinigkeiten, welche den Unterschied ausmachen. So zum Beispiel der Auftritt der Spinnen rein durch Finger, welche das Krabbeln der Spinnenbeine imitieren.
Myriam Schröder © Priska Ketterer
Urs Peter Halter, Simon Zagermann, Liliana Amuat, Martin Hug, Steffen Höld, Catrin Störmer. Copyright: Priska Ketterer
Die komplexe Erzählstruktur, weist geschickt darauf hin, wie Sagen aus der Vergangenheit lebendig erhalten werden können. Die Symbolik ist auch unter der allgemeineren moralischen Fragestellung von Gut und Böse verständlich. Die soziale Dynamik eines Dorfes wird von Gotthelf präzise geschildert. Die gegenseitige Schuldzuschreibung, ebenso wie die vergessene Kollektivschuld und das Schicksal von Außenseitern war zu Gotthelfs Zeiten genau so brisant wie heute. Gerade die soziale Dynamik, die Kollektivschuld, das Schicksal von Aussenseitern, die gegenseitige Schuldzuschreibung sind von brennender Bedeutsamkeit und machen „DIE SCHWARZE SPINNE“ zu einer Novelle, einem Schauspiel, einem Hörspiel, einem Film des 21. Jahrhunderts!
Lange anhaltender Applaus belohnte die Künstler auf und hinter der Bühne für den gelungenen Abend.
Peter Heuberger, Basel