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BASEL: JUDITHA TRIUMPHANS. Ballett

05.05.2015 | Ballett/Tanz

Basel: Theater Basel – Grosse Bühne – Ballett Basel „Juditha Triumphans  – Vorstellung vom 04.05. 2015

 Triumph

 Juditha – das ist die jüdische Witwe, welche sich zum Schein mit dem assyrischen General Holofernes einlässt und dadurch versucht, die Eroberung ihrer Stadt Bethulien durch die Assyrer abzuwenden. Sie leistet ganze Arbeit: Nachdem sie Holofernes mit ihren Reizen und reichlich Wein berauscht hat, bringt sie ihn kurzerhand um und kehrt siegreich nach Bethulien zurück. Dies ist – kurz zusammengefasst – die Geschichte, welche Antonio Vivaldi 1716 als Oratorium vertonte.

 Richard Wherlock, welcher das Ballett Basel seit Jahren und viele stürmische Wogen hinweg unentwegt von einem Erfolg zum anderen führt, sprengt mit seiner jüngsten Choreographie zu Vivaldis Musik seine eigene Tanzsprache und liefert damit sein eigentliches, bisheriges Meisterstück: Er sprengt die Grenzen des klassischen und modernen Tanzes und verlegt den Schwerpunkt auf die konkrete Darstellung der Geschichte durch nonverbale – also rein körpersprachliche – Dialoge zwischen den Tänzern. Er erweitert zudem die Geschichte zu einem Kampf zwischen den Geschlechtern. Nach Judithas Mord an Macho Holofernes begehren die Damen erfolgreich gegen die sie unterdrückenden Männer auf und verpassen ihnen eine gewaltige „Schlappe“, die ihresgleichen sucht. Selbstredend blitzt immer wieder Ballett und Tanz durch.

 Gesamthaft darf diese Arbeit jedoch als meisterliches Tanztheater aller erster Güte bezeichnet werden. Geschickt vermischt  der Choreograph Elemente des Tanzes jedwelcher Stilrichtung mit Elementen des reinen Ausdruckstanzes und des Tanztheaters. Es finden echte, nachvollziehbare, nonverbale Gespräche zwischen den Tänzerinnen und Tänzern statt.

 Das La Cetra Barockorchester Basel liefert auf historischen Instrumenten zusammen mit dem La Cetra Vokalensemble unter der einfühlsamen Leitung von Andrea Marcon Vivaldi vom Feinsten.

 Auf der Bühne brilliert einmal mehr das heterogen zusammengesetzte Ballett Basel, welches einmal mehr seine schier unerschöpflich wirkende Vielseitigkeit unter Beweis stellt. Eine klasse Compagnie, welches das (Basler) Publikum mit allerhöchster Tanzkunst in den Ballett- bzw. Tanzhimmel entführt! Jeder  einzelnen Tänzer, jede einzelne Tänzerin ist technisch herausragend gut. Jeder und jede einzelne von ihnen erfüllt die ihm/ihr zugedachte Rolle – und sei diese noch so klein!! – mit Persönlichkeit und Individualität – und somit mit Leben!

Eine absolut verführerische Juditha gibt Ayako Nakano. Geschmeidig bezirzt sie Holofernes – alles wirkt bei ihr leicht und selbstverständlich. Ebenso geschmeidig und kraftvoll tanzt Jorge Garcia Pérez den Feldherrn Holofernes. Die Pas de deux von Nakano/Pérez knistern vor erotischer Spannung – da ist trotz allem etwas zwischen den beiden! Der grossgewachsene Frank Fannar Pedersen als Vagaus und die ausdrucksstarke Debora Maique Marin, welche Abar verkörpert, begeistern als zweites Paar. Virtuos und sprunggewaltig begeistert Diego Benito Gutierrez als Priester Ozias. Choreograph Wherlock legt den Hohepriester (bösartigerweise?) als Hofnarr an und sorgt damit für humoristische Akzente, was dem quirligen Tänzer Gutierrez voll und ganz entspricht – er kann aus dem Vollen schöpfen.

 Was auf der Bühne getanzt wird, gelangt auf Gerüsten an der Seite durch Silke Gäng (Juditha), Dina König (Holofernes), Alice Borciani (Vagaus), Aura Elena Gutiérrez Cuadrado (Abra) und Alessandra Visentin (Ozias) grossartig gesungen und interpretiert zu Gehör. Die Sängerinnen und der Chor schweben quasi in wunderbaren weissen Kostümen und Perücken (Kostüme: Catherine Voeffray) über der durch Jordan Tuinman fantastisch ausgeleuchteten Bühne von Bruce French.

 Juditha Triumphans – da triumphiert nicht nur Juditha über einen Eroberer sondern auch Choreograph Wherlock, das La Cetra Barocorchester und Vokalensemble und – die fantastischen Tänzerinnen und Tänzer des Ballett Basel!

                                                                                                                                  Michael Hug

 

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