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BASEL/ Grosse Bühne: JESUS CHRIST SUPERSTAR. Premiere

24.01.2016 | Operette/Musical

Basel: Theater Basel – Grosse Bühne – „Jesus Christ Superstar“  –  Première 23.01.16

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Andrea Sánchez del Solar, Alexander Klaws, Patrick Stanke       ©Sandra Then

Schwungvoll, gefällig und sehr, sehr laut …
 
„Jesus Christ Superstar“ ist für mich das musikalisch vielschichtigste und somit anspruchsvollste Werk des gegenwärtig bedeutendsten Musicalkomponisten unserer Zeit – Andrew Lloyd Webber. Nach gut zwanzig Jahren findet Webbers Rockoper den Weg erneut auf die grosse Bühne des Theaters Basel.

Der in Basel geborene freischaffende Regisseur, Schauspieler und Choreograf Tom Ryser inszeniert nach „My Fair Lady“, „Hair“ und „Fame“ das Musical, das eigentlich eine Rockoper ist, auf der Grossen Bühne. Und dies mit grossem Aufwand. Ausgangs- und Angelpunkt der Inszenierung ist eine grosse Treppe, welche sich in der Mitte teilen lässt sowie hängende Wandelemente (Bühne und Kostüme: Stefan Rieckhoff), welche durch Markus Küry effektvoll ausgeleuchtet werden.

Tom Ryser siedelt die Geschichte in der heutigen Zeit an und verzichtet dabei zum Glück vollkommen auf Jesus-Film-Kitsch oder Hippie-Elemente aus den 70er-Jahren. Zentrales Thema der Geschichte ist das Volk, das sich gegen die unterdrückende Obrigkeit – vorerst noch in stillem Groll – auflehnt und seine Hoffnungen in Jesus setzt. Dieser Jesus, ein jungscher Typ im Kapuzenpulli, zweifelt und zerbricht eigentlich an sich selber und weiss gar nicht so recht, wie ihm geschieht. Er stellt nämlich – wie Judas auch – fest, dass die „Jesus-Bewegung“ unerwünschte fanatische Züge annimmt, und er die Kontrolle darüber verliert. Das ist auch der Grund, warum er durch Judas verraten wird.

Ryser erzählt die Geschichte in gefälligen Bildern, lässt Lillian Stillwell akrobatische Massenszenen choreographieren und hält die Zuschauer während 105 Minuten auf Trab. Das Ganze unterhält bestens, Betroffenheit stellt sich bei der Geisselung und der Kreuzigung am Schluss ein. So richtig sündhaft in teuflisch glänzendem Rot gerät die Tempelszene – eine Augenweide!

Unter Ansi Verwey musiziert die Formation The Jesus-Allstars. Die Musik ertönt in grenzwertiger Lautstärke über die Lautsprecher. Vor allem im ersten Akt gelingt die Tonmischung einige Male nicht optimal; dies bekommen dann Solisten und Chor ziemlich heftig zu spüren. Der Chor des Theater Basel (Chorleitung: Henryk Polus) und der Gospelchor am Münster (musikalische Einstudierung Gospelchor: Oliver Rudin) können an diesem Abend ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen. Vor allem die 12 Jünger klingen zu Beginn des zweiten Aktes reichlich befremdlich.

Solistisch gelingen ansprechende, wenn auch zuweilen wenig differenzierte Leistungen. Vielfach erliegen die Darstellerinnen und Darsteller der Versuchung, sich gegenseitig eine Meisterschaft der lauten und lange ausgehaltenen hohen Töne zu liefern. Das ist zuweilen recht effektvoll, aber eben – wie bei jeder Meisterschaft gelingt nicht jede Kür optimal. So kämpft Patrick Stanke als Judas Iscariot doch des öfteren mit den musikalischen Höhen seiner Rolle. Etwas weniger Kampf um stimmliche Effekte und dafür mehr differenziertes Singen wäre hier sicher angebracht.

Andrea Sanchez del Solar gefällt mit ansprechender stimmlicher Gestaltung als Mary Magdalene. Sie liefert ihre Songs musikalisch ausgeglichen und ausdrucksstark. Andrea Matthias Pagani verleiht Pontius Pilate eindringliche Glaubhaftigkeit.

„Unser“ Karl-Heinz Brandt stellt als King Herodes nicht nur seine gesangliche Vielfalt sondern auch seine steppenden Fähigkeiten auf Treppe und Flügel urkomisch unter Beweis – besser lässt sich diese Rolle nur schwer besetzen – einfach herrlich!

Caiaphas und die drei Priester werden durch Opernsänger besetzt. Während sich Andrew Murphy als Caiphas sich stimmlich erfolgreich integriert, wirken die Priester Wladyslaw W. Dylag, Krzystof Debick und Vivan Zatta stimmlich wenig überzeugend. Die Partien Annas, Peter und Simon Zealotes sind mit Vahan Markaryan, Tim Ludwig und Jeffrey Italiaander besetzt.

Der Premierenabend ist bis unters Dach ausverkauft – dazu hat sicher auch der Darsteller des Jesus Christ beigetragen: Alexander Klaws. Der Gewinner der allerersten „DSDS“-Staffel hat sich nicht auf den von Dieter Bohlen verliehenen Lorbeeren ausgeruht, sondern blieb weiterhin künstlerisch aktiv und liess sich zum Musicaldarsteller ausbilden. Das Resultat lässt sich sehen: Nebst verschiedenen Fernsehformaten, in welchen er tanzend, singend und moderierend zu erleben war, stand er als Musicaldarsteller in wichtigen Hauptrollen auf den Musicalbühnen der deutschen Musicalmetropolen Berlin und Hamburg. In Basel begeistert er das Publikum mit einer darstellerisch und musikalisch starken Leistung.

Mit „Jesus Christ Superstar“ ist dem Theater Basel eine Show gelungen, welche das Publikum mit viel Schwung und gefälligen Bildern zu begeistern und zu unterhalten vermag. Die Aufführung wird ihr zahlreiches – auch jüngeres – Publikum finden.

Michael Hug

 

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