Basel: Theater Basel – Grosse Bühne – „Die Zauberflöte“ – Besuchte Aufführung: 23.12.15
Wenn Oper zu schlank wird …
Julia Hölscher, junge Hausregisseurin am Theater Basel, unterzieht Mozarts Zauberflöte einer radikalen Schlankheitskur. Als Bühnenbild (raffiniert: Mirella Weingarten) dienen mobile Holzgerüste, welche die handelnden Figuren an den Ort des Geschehens bringen, und einer aus der Bühnenwand herabklappbaren Treppe, auf welcher die sternflammende Königin die Szene betritt. Ansonsten bleibt die Bühne leer, das Licht (Rainer Casper) muss den Rest besorgen. Die Gerüste werden teilweise sehr geräuschvoll auf der Bühne herumgefahren und werden dann im zweiten Akt zum Prüfungstempel zusammengesetzt. In diese spartanische Bühnengestaltung fügt sich die Personenregie bestens ein; diese findet nämlich ebenfalls nur äusserst spärlich statt. Rampensingen für die Solisten, daneben ein paar ironisierte Anspielungen auf das Freimaurertum Sarastros und den „besseren männlichen“ Menschen bilden die szenischen Elemente. Naja. Das alles stört nicht, begeistert aber auch nicht. Die Chance, eine optisch stimmungsvolle Aufführung zu gestalten, wird in der Basler Neuinszenierung der Zauberflöte nicht genutzt.
Mit Christoph Altstaedt steht ein ausgewiesener Mozartexperte am Pult vor dem Sinfonieorchester Basel (SOB). Nach ein paar Eingangskratzern und Harmonisierungsschwierigkeiten in der Ouvertüre findet das SOB schliesslich zusammen und setzt des Dirigenten schlankes, zügiges Dirigat zuverlässig und wohlklingend um. Maestro Altsaedt setzt nicht auf ausgedehnte Klangbogen sondern auf die vielen Kleinig- und Kleinigstkeiten in Mozarts Partitur. Dieser schlanke musikalische Ansatz geht jedoch auf Kosten von Sarastro-Darsteller Callum Thorpe, welcher mit seiner wunderbaren, sonoren Bassstimme das Zeugs für einen wirklich grossen Sarastro hat. Der Sänger wird durch seinen Part gehetzt und kann seine grossartigen sängerischen Fähigkeiten nicht vollends entfalten. Darstellerisch hat Callum Thorpe wenig zu bieten, was mit Blick auf die Regie jedoch keine Rolle spielt.
Sebastian Kohlhepps Tamino gerät recht lyrisch, wenn auch mit wenig stimmlichem Glanz und Fülle. Bei den hohen Stellen machen sich Forcierungen und starke Vibrato-Ansätze bemerkbar – aufgepasst! Anna Gillingham als Pamina versucht ihre Rolle differenziert zu gestalten. Dies gelingt ihr an diesem Abend jedoch nur bedingt, sie bleibt mit zusätzlich undeutlicher Diktion ausdrucks- und farblos. Fröhlich verspielt gerät hingegen der Papageno von Thomas Tatzl, der mit viel Spielfreude einen vergnügten, gesanglich zuverlässig-stabilen Vogelfänger gibt. Ihm zur Seite ebenso vergnüglich Valentina Marginotti als Papagena.
Karl-Heinz Brandt stellt seine darstellerische und sängerische Vielfalt als Monostatos gekonnt unter Beweis, Mari Moriya liefert eine technisch solide Königin der Nacht, als Sprecher gefällt Andrew Murphy. Ein starkes Trio bilden Bryony Dwyer, Dara Savinova und Sofia Pavone als die „drei Damen“, welche durch ihre Haare miteinander untrennbar miteinander verbunden sind (Kostüme: Susanne Scheerer).
Hochkarätig ist der erste geharnischte Mann besetzt: Rolf Romei, der in den vergangenen Spielzeiten unter anderem als Lohengrin für Furore sorgte, erfüllt den Part mit tenoralem Glanz. Noah Gysin, Jarin Schläfli und Timon Sarbach von der Knabenkantorei Basel belegen als die drei Knaben (Einstudierung: Markus Teutschbein) anrührend, dass der Sängernachwuchs auch in Basel nicht ausgeht. Immer soverän und sangesfreudig präsentiert sich der Chor des Theater Basel, zuverlässig geleitet von Henryk Polus. Dankbarer Schlussapplaus für die Aufführenden.
Michael Hug