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BASEL: DIE WILDENTE von Henrik Ibsen

21.01.2015 | Theater

Theater Basel: „Die Wildente“ – Schauspiel von Henrik Ibsen, 20.1. 2015 (Pr. 17.1.)

Unbenannt
Foto: Theater Basel

 Gregers Werle kommt nach jahrelanger Absenz nach Hause. Sein neues Lebensziel ist, die Lebenslüge seines Freundes Hjalmar Ekdal zu entlarven. Doch statt diesem damit ein neues, besseres Leben zu ermöglichen, führt der Drang nach Wahrheit geradewegs in die Katastrophe.

 Amélie Niermeyer inszeniert Ibsens Paradestück mit leisen Tönen und stellt dabei Hjalmars Tochter Hedvig in den Mittelpunkt: Sie ist es, die zu Beginn das Bühnenbild eines kargen Wohnzimmers mit Kronleuchter auf eine Hellraumfolie kritzelt, die auf die Hintergrundleinwand projiziert wird. Und sie ist es, die sämtliche Emotionen vom Wutanfall einer verwöhnten Göre über mädchenhaftes Geplapper und Heulkrämpfe eines verängstigten Kleinkindes bis hin zum gefassten Selbstmord durchlaufen darf. Elisa Plüss nützt ihre Chance gnadenlos und kassiert verdientermassen den grössten Applaus des Abends.

 Mithalten kann da vor allem Martin Hug als charakterschwacher Hjalmar Ekdal, der das tägliche Photographie-Geschäft seiner Frau Gina (Inga Eickemeier) überlässt und lieber an seiner ominösen Erfindung arbeitet oder auf dem Dachboden mit seinem Vater Kaninchen jagt. Der alte Ekdal (Andrea Bettini) – ein passionierter Jäger – zieht dafür stolz seine Uniform an, die er seit einem lange zurückliegenden Skandal, bei dem der alte Grosshändler Werle (Dieter Mann) ihm die ganze Schuld zugeschoben hat, nicht mehr ausserhalb des Hauses trägt.

Glänzend besetzt sind aber auch die Nebenrollen der lebenslustigen Frau Sorby, die von Christiane Rossbach mit vollem Körpereinsatz gespielt wird. Perfektes Gegenstück zu ihr ist der lakonisch-resignierte Hauptverfechter des Prinzips Lebenslüge, Dr. Relling, der von Florian Müller-Morungen überzeugend dargestellt wird.

 Gregers Werle (Götz Schulte) – selbst vom Leben verbittert – will die Wahrheit ans Licht bringen. Um die eigene Vergangenheit und katastrophale Beziehung zu seinem Vater aufzuarbeiten, ist er jedoch zu feige. Deshalb beschliesst er – quasi als letzte Lebensaufgabe – das Lügengebäude seines Freundes zum Einsturz zu bringen. Dass Hjalmar nie etwas erfinden wird, und Hjalmars Ehefrau Gina damals ein Techtelmechtel mit dem alten Greger hatte und Hedvig vielleicht dessen Tochter ist, bringt aber nicht die erhofften Katharsis sondern Zerstörung und Depression.

 Die Hellraumprojektorbühnenbilder von Nikolaus Porz sind so einfach wie genial, sie lassen sich nämlich bewegen. Auch die Fantasiedoppelwelt des Dachbodens, in dem auch die ominöse Wildente gehalten wird, wird mit einfachsten Mitteln eines Holzgerüsts überzeugend erschaffen. Die Kostüme von Annelis Vanlaere weisen den passenden Retro-Touch auf, nur die Interpretation von Gina als minirocktragende blonde Schlampe ist vielleicht doch etwas zu viel des Guten. Auch auf die Musik von Fabian Kalker könnte man eigentlich getrost verzichten.

 Nach Stücken von Ibsen sollte es einem so gehen wie nach französischen Filmen: Man will sich entweder betrinken oder umbringen. Insofern hat die Produktion ihr Klassenziel erreicht.

 Alice Matheson

 

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