Basel: Basler Münster – 1000 Jahre Basler Münster – «Theater im Münster – Eine Zeitreise durch die Geschichte des Basler Münsters» – Knabenkantorei Basel – Oliver Rudin (musikalische Leitung) – Sandra Rudin Förnbacher (Regie)
– Premiere 13.09.2019
Foto: Oliver Hochstrasser
Foto: Oliver Hochstrasser
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Das Basler Münster spielte in den vergangenen Jahren im musikkulturellen Leben der Stadt am Rheinknie eine besonders wichtige Rolle. Seit der Musiksaal des Stadtcasinos umgebaut wird, kommen viele der Konzerte des Sinfonieorchesters Basel im eindrücklichen historischen Ambiente des gewaltigen Kirchenbaus zur Aufführung.
Vor 1000 Jahren, genauer am 11. Oktober 1019 wurde das Basler Münster in Gegenwart des Kaisers Heinrich II. geweiht. In den vergangenen 1000 Jahren wurde das Münster mehrfach im wahrsten Sinne des Wortes geologisch und (kirchen-)politisch erschüttert. Beim Erdbeben von 1356 wurde es stark in Mitleidenschaft gezogen, 1439 wurde in ihm während des Basler Konzils Felix V. zum Gegenpapst zu Eugen IV. gewählt. Tapfer überstand das Münster auch die Reformation und den Friedenskongress von 1912. Eine stolze Geschichte, auf welche der altehrwürdige Kirchenbau zurückblickt. Grund genug also auf dieses bewegte, noch andauernde Leben zurückzublicken und dem interessierten Basler Publikum die geschichtliche Bedeutung der Stadt am Rheinknie in Erinnerung zu rufen.
Das Team um Regisseurin Sandra Rudin Förnbacher und Produktionsleiter Matthias Zehnder schafft einen Musiktheaterabend in vier Teilen. Erinnert wird dabei an die im vorangegangenen Abschnitt erwähnten Ereignisse. Angelegt ist das Stück als Theaterprobe, welche entweder durch die ambitionierte Regisseurin, den stets besorgten und eher wenig kooperativen Sigrist oder auch mal durch eine Touristengruppe gestört wird. Das ist ein wunderbarer inszenatorischer Ansatz. Er lockert auf und sorgt dafür, dass das Stück nicht zu einem wuchtigen moralinsauren Mahnmal wird.
Das Publikum wird bereits beim Betreten der Kirche mit eingebunden. Die Domschüler wandeln singend und betend durch den Raum, die Schauspieler lesen sich in ihre Rollen ein. Regisseurin Rudin Förnbacher leitet die Aufführenden durch den gesamten Kirchenraum. Dadurch erhalten die Gesänge zusätzliche mystische Wirkung. Oliver Rudin, der musikalische Leiter, übt mit den eintreffenden Zuschauern anhand der verteilten Noten die eigens für das Münsterjubiläum komponierte «Münsterhymne», welche den gemeinsamen Schlusschor bildet, ein. Das zuschauende Publikum wird zum Darsteller.
Den musikalischen Rahmen der Aufführung bilden einerseits die «Hymne der Internationalen» und die versöhnende «Münsterhymne» des Basler Komponisten Balz Aliesch zum Text der Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field. Aus der Feder von Balz Aliesch stammen auch die stimmungsvollen musikalischen Zwischenspiele.
Die wunderbar ausgewählten Chorstücke, deren Bandbreite sich von der Gregorianik bis in die Moderne erstreckt, werden von der Knabenkantorei Basel mit grösster Hingabe dargeboten. Die jungen Sänger sind mit grosser Freude bei der Sache und bringen ihre herrlichen Stimmen zum Strahlen. Die Knabenkantorei wird am Premierenabend durch den Basler Gesangverein (Leitung: Viola Tinari) unterstützend ergänzt. Dies ist übrigens ebenfalls eine Besonderheit des spannenden Projektes: An jedem Aufführungstag kommt ein anderer Basler Gastchor zum Einsatz.
Äusserst interessant ist auch die instrumentale Besetzung des Abends gelungen. Neben den «herkömmlichen» Instrumenten Oboe, Fagott und Renaissance-Posaune erklingen auch unbekannte historische Instrumente wie der Zink, die Ophikleide, das Alpofon und die Theorbe. Sie machen die musikalische Klangwelt von damals erlebbar.
Dirigent Oliver Rudin führt Orchester und Chor souverän durch den Abend. Er versteht es ausgezeichnet seine Begeisterung auf die jungen Muszierenden zu übertragen. Die strahlenden Augen und begeisterten Erzählungen der Chorjungs im Anschluss an die Aufführung sprechen Bände!
Einen nicht ganz einfachen Stand haben die Schauspielerinnen und Schauspieler wegen der schwierigen akustischen Verhältnisse im Münster. Die Licht- und Tontechnik von Konnex und Andreas Pfeiffer meistern diese Herkulesaufgabe jedoch sehr gut, und so ist die Textverständlichkeit weitgehend sehr gut. Gerade unter diesen nicht einfachen Bedingungen fällt die sorgfältige Diktion des grossartig aufspielenden Helmut Förnbacher besonders auf. Überhaupt ist der Abend mit hochkarätigen Darstellern besetzt. Diese haben alle einen Bezug zu Basel, sei es dadurch, dass sie aus Basel stammen und/oder dadurch, dass sie alle auf einer Basler Bühne standen oder immer noch stehen: Dominique Lüdi, Marc Schmassmann, Urs Schaub, Suzanne Thommen und Kristina Nel hauchen den historischen Figuren gekonnt Leben ein.
Ein Highlight für sich sind die sorgfältig gearbeiteten historischen Kostüme von Regina Potocki. Die Kostümbildnerin hat auf jeglichen Schnickschnack verzichtet. Dank ihrer Schlichtheit wirken die Kostüme in dem von Konnex und Andreas Pfeiffer stimmungsvoll ausgeleuchteten Raum besonders stark.
Grosser Applaus und Standing Ovation für das Regieteam und die Aufführenden sind der richtige Lohn und Dank für diesen Abend! Würdiger kann ein 1000. Geburtstag wohl kaum begangen werden.
Michael Hug