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BASEL/ Baseldytschi Bihni: „Mache Si en Abgang!“. Premiere

12.11.2021 | Theater

Basel / Baseldytschi Bihni: „Mache Si en Abgang!“, Pr. 11.11.2021

bini

Nach 2 Jahren kann die Baseldytschi Bihni endlich wieder mit einem neuen Stück aufwarten, und das hat es schauspieltechnisch in sich: „Kindly leave the stage“ – wie die Komödie von John Chapman noch etwas höflicher im englischen Originalton heisst – sind eigentlich zwei Stücke in einem: Während die Schauspieler eine seichte Komödie auf der Bühne zum Besten bringen wollen, fällt einer der Protagonisten in einem (echten) Eifersuchtsanfall aus der Rolle. Die übrigen Schauspieler klammern sich krampfhaft an den Text, bis nichts mehr zu retten ist und das reale Drama die Bühne im Griff hat.

Sara und Lukas liefern sich einen erbitterten Ehestreit vor ihren Gästen Charly und Leah. Das Auftauchen von Saras Mutter Vanessa macht die Sache nicht einfacher. Soweit kann man dem ursprünglichen Stück noch folgen.

Doch das reale Drama hat die Schauspieltruppe bald eingeholt: Die Ehe von Leah (Karin Kolb) und Lukas (Marc Gianola) kann spätestens dann als gescheitert gelten, als Marc seinen Nebenbuhler Charly (Remo Gallacchi) in der Garderobe seiner Frau erwischt. Fortan verbringt Charly den grössten Teil des Stücks in einer messersicheren Kiste. Dass die junge Schauspielerin Sara (Cheyenne Bättig) Lukas anbetet und gelegentlich auch küsst, stört den Obermacho aber keinesfalls in seinen Eifersuchtsanfällen. Selbst die erfahrene Schauspielerin Vanessa Brogli (Silvia Gallacchi) kann den Zusammenbruch der originalen Aufführung nicht verhindern, und spätestens als die trinkfeste Paula (Sabine Mack) ihr (von allen vermiedenes) Stichwort hört, ist nichts mehr zu retten. Die verzweifelten Versuche der Souffleuse Angela (Iris Heuss), die Verantwortlichen für das Herunterlassens des Vorhangs zu finden, sowie die Auftritte des Rettungssanitäters Benno Keller (Dan Wallmeroth), der Paula verehrt und nach Angela schmachtet, tun ihr Übriges, um die Situation vollends entgleisen zu lassen, tatkräftig unterstützt von der Flasche Whiskey, die den Theatertee bald ersetzt hat.

Regisseur Tom Müller hat sich da die Sache nicht einfach gemacht: Zum Teil müssen die Schauspieler mitten im Satz von einem Charakter zum anderen umschalten. Umso erstaunlicher die Leistung der Truppe des Laientheatervereins, der bereits seit 1892 besteht.

Die stetigen Versuche, das ursprüngliche Stück wiederzubeleben, Paulas dramatische Exkurse in Shakespeares Stücke und der steigende Alkoholkonsum der Truppe unterhalten das Basler Publikum im heimeligen Kellertheater jedenfalls auf Prächtigste.

Für Basler sowieso ein Muss. Aber auch Nicht-Basler – oder noch schlimmer: nur der hochdeutschen Zunge mächtige – sollten einen Besuch wagen.

Alice Matheson

 

 

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