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Barocke Wonnen, als erfrischende Ohrenausputzer wärmstens empfohlen

CD ANTONIO VIVALDI: STABAT MATER RV 621, GLORIA RV 609, LAUDATE JERUSALEM RV 609,

01.05.2018 | cd

Barocke Wonnen, als erfrischende Ohrenausputzer wärmstens empfohlen

 

CD ANTONIO VIVALDI: STABAT MATER RV 621, GLORIA RV 609, LAUDATE JERUSALEM RV 609, Andreas Scholl, Bach Consort Wien, GRAMOLA

 

 

Dieser Live Mitschnitt aus der Basilika Stift Klosterneuburg mit von Antonio Vivaldi für das Waisenhaus „Ospedale della Pieta“ in Venedig komponierten Werken ist nichts weniger als eine Offenbarung. Kaum je habe ich einen Dirigenten wie  den offenbar mit allen musikalischen Wassern gewaschenen argentinischen Rubén Dubrovsky erlebt, der mit einem – zugegeben – fulminanten Klangkörper wie dem der Alten Musik verschriebenen Bachconsort Wien (deutsche LeserInnen bitte merken) einem Komponisten gefühlt so dicht auf die Spur kommt wie auf diesem Album dem Venezianer Vivaldi. Hier ist alles vom Feinsten austariert und  organisch in den goldrichtigen Proportionen geatmet und gefühlt, rhythmisch und dynamisch mit pulsierendem Leben erfüllt, edel und vital zugleich in Klang gegossen. Der Musik wird ihre Spiritualität gelassen, ohne auf den für diese barocken Gassenhauer Vivaldis durchaus zulässigen Unterhaltungswert vernachlässigen zu müssen. Der Hörer profitiert hier merklich von Dubrovskys Opernerfahrung.

 

Das „Gloria“ RV 589 stand als trompetenjauchzendes und himmlisch schönes geistliches Stück für Orchester, Chor und Solisten im Zentrum des Konzerts.  Das „Stabat Mater“ RV 621 sowie das Filiae Maestae Jerusalem – Introduzione al Meserere“, RV 638, bieten ideale vokale Vehikel für die noch immer beachtliche Sangeskunst des Altisten Andreas Scholl. Ergänzt wird das Programm durch ein Konzert in g-Moll, RV 156, die Sonate in Es-Dur „Al Santo Sepolcro“ RV 130 und das „Laudate Jerusalem“ RV 609 für zwei Sopranstimmen und Chor. 

 

Rein stimmlich ist bei diesem Mitschnitt alles bestens. Der Vivaldi-geeichte Counter Andreas Scholl – er hat bereits für das Label DECCA 2000 ein Vivaldi Solo-Album mit dem Nisi Dominus-Psalm 126, RV 608, das Salve Regina, RV 616, „Clarae stellae, scintillate“, RV 625, sowie „Vestro Principi divino“ RV 633 mit dem Australian Brandenburg Orchestra unter Paul Dyer aufgenommen – scheint wieder in Top Form zu sein. In den letzten Jahren hat er mich etwa in Paris (Händel Giulio Cesare) wegen einer schwachen Mittellage und wenig Volumen live nicht immer überzeugt. Hier aber schwebt und schwelgt sein luxuriöser Ton in den langen Legatobögen. Die vibratoarme, farbenreiche Stimme und das im Piano so pure Timbre sind schlichtweg ideal für Vivaldis Musik. Die Sopranistinnen Hanna Herfurtner und Joowon Chung bieten starken Ausdruck und gediegene Gesangsleistungen, der Salzburger Bachchor ist sowieso eine sichere Nummer. Eine glatte und uneingeschränkte Empfehlung!

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

CD ANTONIO VIVALDI: LA VENEZIA DI ANNA MARIA – Violinkonzerte mit Midori Seiler, Concerto Köln, BERLIN CLASSICS

 

Diese neue Vivaldi Programm Doppel-CD bietet der bayerisch-japanischen Geigerin Midori Seiler das Podium, als Virtuosin zu glänzen und gemeinsam mit dem in der Szene der Alten Kunst unverzichtbaren Ensemble Concerto Köln musikalisch ausgefeilte und schwungvolle Interpretationen von vier Violinkonzerten des Antonio Vivaldi vorzulegen. Die ca. 8 bis 13 Minuten kurzen Konzerte hat Vivaldi für seine wohl begabteste Schülerin am Ospedale della Pietà, Anna Maria, geschrieben. 

 

Ihr ganzes Leben lang wohnte und arbeitete Anna Maria in diesem für die Musikgeschichte Venedigs so wichtigen Ospedale della Pietà. Als Schule, Konservatorium und vom Publikum geliebter Konzertort stellte es nicht zuletzt einen Wirtschaftsfaktor dar. Der Maestro di concerto des Ospedale Vivaldi komonierte insgesamt fast 30 Concerti für Anna Maria. Sie muss den technischen Anforderungen dieser Konzerte entsprechend ganz vorzüglich Violine und eine Vielzahl anderer Instrumente gespielt haben. Damit avanciert sie zum Publikumsmagnet und trug somit nicht unerheblich dazu bei, dass Vivaldis Instrumentalkonzerte eine solche Blüte erlebten, die bis heute nachwirkt. 

 

Die Waise Anna Maria hatte ein „Spielbuch“ angelegt, in das sie die von ihr gespielten Konzerte übertrug und mit Ornamenten ihrer Hand versah. Das Zurückgreifen auf diese Quellen ermöglicht eine historisch informierte Wiedergabe. Stilistisch ist wohl ein Schuss teutonischer Strenge im Spiel des technisch herausragenden Ensembles, aber auch ein überwiegend sachlicher Ton der Geigerin auszumachen. Die Vorzüge der Aufnahme bestehen in der die kühnen Harmonien so klar auslotenden Durchhörbarkeit, der in der klanglichen Entwicklung raffinierten Annäherung an die wunderschönen langsamen Sätze sowie der einem Uhrwerk ähnelnden rhythmischen Präzision. 

 

Das insgesamt sehr erfreuliche Album enthält noch ein Concerto a Quattro in g-Moll von Baldassare Galuppi und ein Concerto a Cinque in B-Dur Tomaso Albinoni sowie zwei weitere Concerti (c-Moll, A-Dur) und eine Sinfonia in F-Dur  von Antonio Vivaldi.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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