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BADEN/ Stadttheater: SUNSET BOULEVARD – Musical von Andrew Lloyd Webber

21.07.2022 | Operette/Musical

BADEN/Stadttheater: SUNSET BOULEVARD – Musical von Andrew Lloyd Webber

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Maya Hakvoort, Lukas Perman und die vier Oscar-Statisten. Foto: Bühne Baden/Christian Husar

„Sunset Boulevard“ ist zweifellos nicht eines der besten Andrew Lloyd Webber Musicals. Es fügt dem genialen Film von Billy Wilder nicht nur nichts hinzu, sondern verwässert es „dank“ des äusserst konventionellen Librettos von Christopher Hampton auch noch ziemlich. Außerdem hat es – wie bei Lloyd Webber üblich – maximal einen Hit ( „ With One Look „ ), der aber auch nicht an „Dont cry for me, Argentina“, „Memory“ oder „ The Music of the Night“ heranreicht.

Lloyd Webber hat im Übrigen das Prinzip des Leitmotivs hier gründlich missverstanden: es besteht nun wirklich nicht darin, eine Tonfolge gefühlte 150mal solange zu wiederholen, bis der Zuschauer, völlig zermürbt, soweit ist, sich freiwillig in die nächstliegende Psychiatrie einliefern zu lassen.

Die Inszenierung hat die Bühne Baden Andreas Gergen anvertraut, an und für sich der beste derzeit tätige Regisseur in diesem Fach (nächstes Jahr wird er „Mamma mia“ in Mörbisch machen). Leider hat man von ihm schon sehr viel bessere, nahezu geniale Sachen gesehen („Viktoria und ihr Husar“, „I am from Austria“ etc.). Warum sein Touch hier nicht funktioniert, hat einen Hauptgrund: die unsägliche knallweisse „Showtreppe“, die die ohnehin schon nicht sehr große Bühne des Stadttheaters komplett verstellt (und ausserdem sehr schlecht zu beleuchten ist). Man hätte doch gehofft, diese schreckliche, mittlerweile schon 100 Jahre alte Erfindung, die schon sooviele Inszenierungen (bei Wernicke und unzähligen anderen) ruiniert hat, nie wieder zu Gesicht zu bekommen. Von Rechts wegen sollten Treppen auf Bühnen eigentlich EU-weit verboten werden…

Nun werden Sie mich fragen, warum ich nach all dem Gesagten vom Besuch dieser Produktion nicht nur nicht abrate, sondern ihn sogar ausdrücklich und nachdrücklich empfehle, ja ihn sogar eigentlich als Muss für jeden Musicalfreund empfinde. Die Antwort trägt einen Namen: Maya Hakvoort.

Was die Ex-Sissy-Darstellerin in der Rolle der gealterten Diva Norma Desmond hier vollbringt, ist schlicht und einfach großartig, atemberaubend, überwältigend. Es fehlen einem fast die Worte angesichts ihrer Leistung: denn Hakvoort ist nicht nur gesanglich und schauspielerisch perfekt, sondern hat darüberhinaus noch ein überaus facettenreiches Repertoire an Tönen, Lauten, Schreien, Tränen – ohne sich aber je „draufzusetzen“, ohne je zu übertreiben, ohne je zu outrieren. Das kann man gar nicht adäquat beschreiben, dass muss man gesehen und miterlebt haben.

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Die Diva weint. Lukas Perman, Maya Hakvoort. Foto: Bühne Baden/ Christian Husar

DIe Hakvoort ist darüberhinaus so faszinierend, erotisch, sexy und verführerisch, dass man am Ende gar nicht versteht warum ihr Galan (auch hervorragend: Lukas Perman ) sie unbedingt für diese langweilige blonde Sekretärinnen-Tussi verlassen will (was er dann völlig zu Recht mit seinem Leben bezahlen muss)…

Wir neigen ja dazu, alles, was im Musicalbereich aus dem angelsächsischen Raum kommt (London ! New York !!) automatisch für viel viel, ja unerreichbar besser zu halten als alles was bei uns stattfindet. Aber schauen Sie sich einmal auf Youtube die Videos von Sunset Boulevard an, auch die von den Uraufführungsbesetzungen (Patti Lubone, Glenn Close etc.). Da kann unsere Maya nicht nur locker mithalten, sondern toppt ihre Kolleginnen meiner bescheidenen Ansicht nach bei weitem…

Wenn Sie mir nicht glauben, dann fahren Sie nach Baden und schauen Sie sich die göttliche Maya Hakvoort an. Ansonsten rede ich kein Wort mehr mit Ihnen!

Robert Quitta/ Baden

 

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