BADEN / Stadttheater: Monty-Python-Musical SPAMLOT
14. Juli 2024 – 2. Aufführung
Von Manfred A. Schmid
Der Beginn ist sakral. Mönche gehen hintereinander, einen mittelalterlichen Choral singend, in einer feierlichen Prozession über die Bühne. Jeder hält ein dickes Gebetbuch in den Händen und schlägt es – Bumm – gegen die Stirn: Bumm, Bumm. Bumm. Spätestens da weiß man, dass einen etwas Besonderes, jedenfalls Außergewöhnliches erwartet. Und das ist es auch.
Alles dreht sich um den Heiligen Gral. Mit der Suche nach ihm, Ausgangspunkt des Musicals, ist diesmal freilich nicht Parsifal beauftragt, sondern König Artus (Uwe Kröger). Als erstes muss er seine Helfershelfer, die Ritter der Tafelrunde, rekrutieren. So ziemlich jeder, der ihm und seinem ergebenen Pagen (Niklas Doddo) über den Weg läuft, wird auf der Stelle engagiert. Die vier Ritter, die er so einfängt, sind der singende und tanzende Sir Robin (Martin Berger), der zur Gewaltausbrüchen neigende Sir Lancelot (Reinwald Kranner), der anarchistische Antimonarchist Sir Dennis Galahad (Drew Sarich) und Sir Bedevere (Artur Ortens), der ständig unter Blähungen leidet und in gefährlichen Situationen vor Angst jedes Mal in die Hose macht. Gelegenheiten dazu gibt es viele, wenn sie etwa auf ihrer Suche auf allerlei kuriose Kreaturen stoßen, unter anderem auch auf ein höchst gefährliches Killer-Karnickel. Dass die vier in diesen Rollen eingesetzten Schauspieler, alles erprobte Musicalstars und erstklassige Komödianten, auch noch jede Menge anderer Rollen übernehmen müssen, ist Ehrensache. Die grotesken Abenteuer, die die Ritter im 2005 am Broadway uraufgeführten und mit einem Tony Award als bestes Musical ausgezeichneten Stück zu bestehen haben, folgen dem 1975 gedrehten Monty-Python-Film Die Ritter der Kokosnuss. Die Kokosnuss ist deshalb von Bedeutung, weil die Herren Ritter gar keine Pferde haben, sondern nur so tun, als ob sie reiten würden, während der Page mit aufeinander geschlagenen Hälften von Kokosnussschalen das Klappern der Hufe nachmacht. Werner Sobotka geht in seiner exzellenten, temporeichen Inszenierung genau nach dem Buch von Eric Idle und John du Prez vor und liefert eine ebenso lächerliche wie lachhafte, stets aber überaus lachenswerte Show ab. Sommerliche Unterhaltung als Quadratur des Kreises.
Wer und was noch so alles zu bewundern ist: Die Fee aus dem See, die Muse der Tafelritter, gespielt von der gesanglich wie auch darstellerisch überaus wandlungsfähigen Ann Mandrella. Sie ist es, die den Auftrag erteilt, den Gral zu suchen, und sie ist es auch, die veranlasst, dass die guten Ritter der Tafelrunde am Schluss auch noch ein Broadway-Musical (!) daraus machen müssen. Mandrella ist grandios, wenn sie sich in einem Lied über ihre Rolle als Diva und was daraus geworden ist, beklagt. Eine gelungene Episode findet vor den Toren einer Burg statt, die von französischen Rittern besetzt ist. Zunächst versuchen sie, sie zum Mitmachen zu überreden, als sie sich weigenr, wollen sie die Burg zurückerobern: Ein riesengroßer hölzerner Hase ist ihr Trojanisches Pferd und wird auch flugs hineingezerrt. Allerdings leer, worüber sich die Franzosen lautstark beschweren und ihrerseits Kühe durch die Luft wirbeln lassen.
Alles passt: Die musikalische Leitung von Victor Petrov am Pult des Orchesters, die eingängige Musik, Bühne und Ausstattung von Christian Floeren, die Choreographie von Ramesh Nair und das Light Design von Michael Grundner. Zu erwähnen weiters Michael Niavarani als (aufgenommene) Stimme Gottes, vor allem aber der achtfache schauspielerische Verwandlungskünstler Boris Pfeifer als Historiker / Noch-Nicht-Tot-Fred / Dennis‘ Mutter / Dorfbewohner / Französischer Spötter / Fahrender Sänger / Prinz Herbert sowie als Tim der Zauberer. Allein der rasante Kostümwechsel eine bewundernswerte Meisterleistung!
Satire und Farce auf der Bühne gelingen nur, wenn man sie spielt, als ob es um Leben oder Tod gehen würde, und das vermittelt Uwe Kröger als König der Tafelrunde in jedem Moment. Auch wenn er noch so überfordert wird, er bleibt mit Gleichmut und Gelassenheit dabei und gibt niemals auf.
Man mag das, was man zu sehen und zu hören bekommt, albern und respektlos finden. Ist es ja auch. Aber so sind sie eben, die Schöpfer der legendären britischen TV-Serie Monty Pythons Flying Circus: John Cleese, Terry Gilliam, Graham Chapman, Eric Idle, Michael Palin und Terry Jones. Allesamt Genies des absurden, abgründigen, tiefschwarzen Humors. So verrückt, unverschämt, unlogisch und skatologisch ihre TV-Sketche und Filme auch sein mögen, immer steckt Intellekt dahinter. Die satirische, parodistische, persiflierende Sicht der Gruppe auf alles, was einem lieb und teuer ist, ist unerbittlich. Sie hatten nie Angst, in Szenen von fragwürdigem Geschmack abzudriften. Wer diesen ganz eigenen britischen Humor mag und damit etwas anzufangen weiß, wird an dieser Inszenierung große Freude haben. Was da geboten wird, sollte auch gar nicht erst hinterfragt werden. Einfach hingehen und genießen. Eine extravagante Sommerunterhaltung, perfekt serviert. Was man braucht, um das genießen zu können: einen guten Lacher. Das ist alles.
Am Schluss wird der Gral unter dem Sitz einer Zuschauerin gefunden und die Zuschauerin auf die Bühne gebeten, um einzustimmen in Eric Idles klugen Rat, den er in seinem bekanntesten Lied allen im Publikum mit auf dem Weg gibt: „Always look on the bright side of life.“ Und alle singen mit.