BADEN/STADTTHEATER: DIE FLEDERMAUS von Johann Strauss Sohn
am 5.1. 2023
chacun à son goût…. Copyright: Christian Husar/ Bühne Baden
Nach den ersten Kritiken hatte man schon das Schlimmste befürchtet. Denn Michael Lakner ist in Baden mittlerweile nicht nur als Intendant und Regisseur tätig, sondern hält sich seit Neuestem auch für einen begnadeten Librettisten. Und in dieser Eigenschaft bearbeitet er dann die Libretti der von ihm inszenierten Operetten ziemlich gründlich – was angesichts der Genialität von Autoren wie Leo Stein, Bela Jenbach und Richard Genée etc. zumindest mutig zu nennen ist.
Also las man anlässlich der Premiere der Badener Fledermaus in den Gazetten von heftiger „Aktualisierung“ der Vorlage: von einer Oligarchennichte, von Thomas Schmid, von Whatsapp-Nachrichten, von Klimawandel, Vorstadtweibern und natürlich – wie originell! – von einer F r a u als Frosch. Lauter Dinge, die man so sehr „liebt“, dass man sich die Vorstellung gar nicht erst hat anschauen wollen.
Gott sei Dank kam es dann doch nicht so arg. Abgesehen davon dass sich die kabarettistischen Scherzchen im Rahmen hielten, lag das vor allem an zwei Dingen: erstens hat Lakner in dankenswerterweise zumindestens die unübertreffbar genialen, nahezu prädadaistischen Gesangstexte („diudu, duidu, du du du immerzu“) intakt gelassen und zweitens wird sehr gut gesungen.
Marquis Renard und Chevalier Chagrin. Gezim Berisha, Paul Armin Edelmann. Copyright: Christian Husar/ Bühne Baden
Paul Armin Edelmann ist ein danilohafter Eisenstein wie aus dem Bilderbuch, Cornelia Horak eine leicht angegraute, aber immer noch begehrenswerte und begehrende Rosalinde, Loes Cools eine sehr soubrettenhafte, kokette Adele, Clemens Kerschbaumer ein selbstfälliger, schmieriger Tenor, Gezim Berisha ein sonorer,autoritätsvoller Gefängnisdirektor und Thomas Zisterer ein wirklich fieser, furchteinflössender Dr.Falke.
Angelika Niedetzky hat aus unerfindlichen Gründen einen Dialekt-Fetisch und legt die Ida voll prollig an (warum?) und Verena Scheitzs Leistung als Prinzessin Orlovkaya (völlig überflüssige Genderisierung) war an diesem Abend nicht beurteilbar, da sie wegen einer Verkühlung die Rolle (mit Maske und Microport) nur spielte und sprach, während an ihrer Stelle die (hervorragende) Erin Marks sang.
Breitfuß / Breitfrosch.. Copyright: Christian Husar/ Bühne Baden
Soweit, so erfreulich. Verzichtbar hingegen Lakners „Handlungserweiterungs“- Erfindungen: in einem „Prequel“ während der Ouverture besticht Dr.Falke den Richter, um überhaupt erst das Urteil gegen Eisenstein zu erwirken, und im dritten Akt lässt Dr.Falke im Salon Orlovsky (der hier das Badener Casino ist) ein Gefängnis aus den Beständen des Stadtheaters aufbauen – was genau nix bringt, im Gegenteil. Nix bringt auch, dass Verena Scheitz als Orlovskaya auf offener Bühne umzogen wird und – in Kostüm und Maske von Roland Düringers MA 2412 – Beamten – nunmehr auch den Frosch geben muss. Was soll das ? Wenigstens versucht die Scheitz nicht, Herrn Breitfuss nachzuahmen und auch nicht den Besoffenen zu mimen…
Alles in allem: eine Badener Fledermaus, szenisch mit Gags überladen, aber musikalisch (auch dank des Dirigats von Andjelko Igrec) sehr anständig…
Robert Quitta, Baden