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BADEN/ Stadttheater: DER FREISCHÜTZ – perfekter Operneinstand für Lakner!

09.11.2017 | Oper

STADTTHEATER BADEN, 9. November 2017

Carl Maria von Weber: Der Freischütz

Perfekter Operneinstand für Lakner!

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Copyright: Christian Husar

Vorerst ein paar Worte zur Spielplanprogrammierung der Opernhäuser in und rund um Wien: Der Typus der deutschen Spieloper war ja seit jeher ein Muss für die Wiener Volksoper, der Blick in die Aufführungslisten des 20. Jahrhunderts beweist dies übrigens eindrucksvoll. Dass aber ausgerechnet heuer das Stadttheater Baden (übrigens erstmals seit über 100 Jahren) das wohl bekannteste und beliebteste Werk dieses Genres, nämlich Carl Maria von Webers „Der Freischütz“ aufführt, während das Wiener Haus am Währinger Gürtel sein Heil immer mehr in Musicalproduktionen sucht, ist zumindest bemerkenswert. Dazu kommt noch, dass die Wiener Staatsoper für das nächste Frühjahr ebenfalls eine Freischütz-Premiere angekündigt hat.

Sei’s drum, dem Publikum der Kurstadt im Süden Wiens konnte es jedenfalls nur recht sein diese romantische Oper mit ihrer „Raubersg’schicht“ und dem Reichtum an eingängigen Melodien, die als wahre Klassik-Hits zu bezeichnen sind, in einer sehenswerten Inszenierung zu erleben. Der Jubel am Ende der Aufführung bewies trotz zahlreicher freier Sitzplätze, dass Neo-Intendant Michael Lakner mit seinem Spielplan auf dem richtigen Kurs ist.

Der zuvor in Graz, Basel und Bad Ischl tätige Wiener führte in der ersten Opernpremiere der Saison auch Regie – ein Himmelfahrtskommando in einem so konservativen Haus wie jenem von Baden. Aber gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Manfred Waba gelang es ihm diesen Spagat zu meistern: Traditionelles mit fantasievoll Neuem zu Mixen. Waba hatte eine hyperrealistische Projektion einer Gebirgslandschaft im Hintergrund entworfen, die einen speziell in der Wolfsschluchtszene begeisterte. Chapeau für das „kleine“ Haus, das mit Kreativität und Witz den „großen“ Bühnen so Konkurrenz macht. Lakner legte auch Hand an den Text, in den meisten Fällen zum Vorteil der Zuseher. Einzig die immer wiederkehrende Stimme aus dem „Off“, die den Handlungsstrang kommentierte, hätte er sich wohl sparen können. Und auch der Steg zwischen Orchestergraben und Publikum, der offenbar dafür sorgen sollte, dass die Stimmen auch wirklich rüber kommen, wäre wohl nicht unbedingt nötig gewesen. Zumindest ergab das die akustische Analyse aus Loge 1.

Aber das soll’s auch schon gewesen sein mit der Meckerei. Denn eine so heikle Szene wie jene in der Wolfsschlucht mit derartiger Fantasie aufzulösen, das verdient schon Respekt. Eine gute Idee war es hier auch das (wie immer) ausgezeichnete Ballett intensiv einzubeziehen, die Prospekt-Projektion im Hintergrund spielte in diesem Bild dabei auf gut Wienerisch alle Stückeln. Die gesamte Personenführung, die kurzweilige Präsentation der Massenszenen (hier ein Pauschallob für den nicht immer in dieser Präsenz agierenden Badener Chor) und das von Franz Josef Breznik geleitete Orchester der Bühne Baden (wenn auch mit kleinen Einschränkungen), das war wirklich sehens- und hörenswert.

Damit ist auch der Bogen gespannt zu den Sängern und auch hier erlebte man so manch positive Überraschung. Allen voran bei der nicht einfachen Partie des Max, die Reinhard Alessandri fast immer im Griff hatte. Manchmal grenzwertig, aber immer noch mehr als anständig meisterte er die doch sehr anspruchsvolle Tessitura. Für seine Agathe gilt ähnliches: Regina Riel begeisterte durch ansatzlos strömende Höhen, manchmal fehlte ihr in der Mittellage noch ein für diese Partie notwendiges solides Fundament, aber ihr Schmelztimbre ließ darüber locker hinwegsehen.

Ihr zur Seite das Ännchen der lange in Deutschland singenden Theresa Grabner, die ihre Karriere bei Lakner in Bad Ischl begann. Mit viel Spielwitz ausgestattet und auch im Koloraturbereich bombensicher holte sie aus der Rolle das Maximum heraus. Das tat auch Sebastien Soulés als Kaspar und damit Gegenspieler von Max. Auch wenn man seine Stimme eher als belkantesk bezeichnen kann, arbeitete er mit einer bombensicheren Tiefe das Schwarze der Figur perfekt heraus. Gemeinsam mit Grabner hat er die Begabung ein guter Schauspieler zu sein. Für den seinen 70. Geburtstag feiernden Franz Födinger als Kuno gab es am Ende sogar ein kleines Ständchen. Er konnte sein Alter zwar nicht verleugnen, gab aber dennoch einen gütigen und um das Wohl seiner Tochter bemühten Erbförster. Interessant die Besetzung des Ottokars mit Thomas Zisterer, der einen fast zynischen Fürsten spielte, der aber letztlich durch die Worte des Eremiten doch wieder friedlich gestimmt wurde. Mit orgelndem Bass erschien Gregor Loebel als eben dieser Gottesmann und als „deus ex machina“ im Schlussbild, in der Eröffnungsszene hatte Zisterer übrigens sein darstellerisches und sängerisches Können als Bauer Kilian bewiesen dürfen.

Obwohl kein Geringerer als TV-Star Oliver Baier als Samiel aufgeboten wurde, so richtig nahm man es dem ORF-Moderator nicht ab, dass er in diesem Stück die Fäden zog. Dennoch, man kann gespannt sein wie Lakner sein Haus künftig positionieren wird, der Auftakt scheint auf alle Fälle viel versprechend.

Ernst Kopica

MERKEROnline

 

 

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