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BADEN/ Sommerarena: ZIGEUNERLIEBE von Franz Lehár. Derniere

01.09.2019 | Operette/Musical


Star des Abends war der in China geborene Vincent Schirrmacher in der Rolle des „Zigeunergeigers“ (Foto: Christian Husar)

Operetten-Rarität in der Sommerarena Baden: „Zigeunerliebe“ von Franz Lehár (Derniere: 31. 8. 2019)

Mit einer musikalischen Rarität wartete die Bühne Baden in der ausverkauften Sommerarena auf: „Zigeunerliebe“ von Franz Lehár. Sie wurde damit neuerlich ihrem Ruf als führende Operettenstadt gerecht. Diese romantische Operette in drei Akten, deren Uraufführung im Wiener Carl-Theater am 8. Jänner 1910 Lehár selbst dirigierte, wurde noch im selben Jahr in Berlin und Hamburg gespielt und etablierte sich als „sentimentale Ungarn-Operette“. Sie wurde unter anderem in Kalkutta, Sydney, New York, San Francisco und sogar in Darjeeling am Fuße des Himalaja aufgeführt.

Unerklärbar, warum die Operette Zigeunerliebe danach nur noch selten zur Aufführung gelangte, galt die Partitur des Komponisten doch „melodisch so erfinderisch, harmonisch so verwegen, klanglich so farbenreich“, wie der deutsche Musikwissenschaftler Norbert Linke im  informativen Programmheft schreibt. „Kaum eine zweite entwirft so vielfältige unermüdliche Rhythmen, kaum eine zweite auch mobilisiert ungarische und zigeunerische Volksmusik derart triftig, aber auch mit derart unverwechselbarem persönlichem Stil.“

 Im Juni 2011 wurde Lehárs Operette übrigens in Leipzig in der Musikalischen Komödie, einer Dependance der Oper Leipzig, halbszenisch aufgeführt. Der Online-Merker veröffentlichte damals meinen Bericht.

Die Handlung von Zigeunerliebe, deren Libretto Robert Bodanzky und Alfred Maria Willner verfassten, wechselt zwischen Traum und Wirklichkeit und sorgt für phantasie- und geheimnisvolle Situationen. Die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Rumänien und Ungarn angesiedelte Geschichte führt ins wilde, düstere Tal des Flusses Czerna, dem magische Kräfte nachgesagt werden. Die Bojaren-Tochter Zorika steht vor ihrer Verlobung mit dem jungen Bojaren Jonel, ist sich aber ihrer Liebe nicht sicher. Um Klarheit zu gewinnen, geht sie ans Flussufer, wo ihr Józsi, der wilde Zigeuner mit der Zaubergeige begegnet, der auf sie sofort eine große Faszination ausübt. Ratlos, wie sie sich entscheiden soll, erinnert sie sich an einen alten Volksglauben, nach dem ein Mädchen, das in der Verlobungsnacht Wasser aus der Czerna trinkt, ihre Zukunft voraussehen könne. Zorika trinkt davon, sinkt in den Schlaf und sieht im Traum ihr Leben an der Seite von Józsi. Doch nach einiger Zeit des gemeinsamen Lebens beginnt ihre Liebe abzukühlen. Zorikas Träume halten der Realität nicht stand, denn Józsis Neigung zur Ungebundenheit und seine Anfälligkeit für die Avancen anderer Frauen kann sie nur schwer ertragen. Als sie erwacht, fällt ihr die Entscheidung leicht: sie wählt den sicheren Weg an der Seite Jonels.


Das Szenenbild spiegelt die bunte Ausstattung in der Sommerarena wider – in der Mitte Miriam Portmann als Gutsbesitzerin Ilona (Foto: Christian Husar)

Isabella Fritdum gelang eine packende und humorvolle Inszenierung, die recht geschickt zwischen Wirklichkeit und Traum pendelt. Für die bunte, farbenprächtige Ausstattung sorgte Susanne Thomasberger, für die kreative Choreographie der Tanzszenen Guido Markowitz.

Star des Abends war der in China geborene Tenor Vincent Schirrmacher in der Rolle des Spielmanns Jószi. Mit seiner großen Bühnenpräsenz und seiner ausdrucksstarken Stimme begeisterte er das Publikum in jeder Szene. Hinreißend seine Arie „Ich bin ein Zigeunerkind“, mit der er seinen Lebensstil als Abenteurer eindrucksvoll interpretierte. Man konnte verstehen, dass sich Zorika, von der Wiener Sopranistin Cornelia Horak adäquat dargestellt, in den „Zigeunergeiger“ verliebte. Und sich nach ihrem Traum doch für ihren Jugendfreund Jonel entschied. Diesen Jonel Bolescu spielte der rumänische Tenor Iurie Ciobanu anfangs sehr zurückhaltend. Am Schluss überzeugte er jedoch vor allem stimmlich. 

Ebenfalls überzeugend – sowohl stimmlich wie schauspielerisch –  die Wiener Sopranistin Miriam Portmann als Gutsbesitzerin Ilona von Köröshaza. Das begeisterte Publikum belohnte ihre Auftritte jedesmal mit Szenenapplaus. Eine exzellente Leistung bot Christoph Wagner-Trenkwitz in der Rolle als Peter Dragotin, Zorikas Vater. Er spielte seinen Part mit subtiler Komik und starker Bühnenwirksamkeit. 

Humorvoll agierte auch das Buffo-Paar: der Bonner Tenor Dominik Am Zehnhoff-Söns als Sohn des Bürgermeisters Dimetreanu und die Salzburger Sopranistin Elisabeth Schwarz als Dragotins Nichte Jolán.  Ebenso der Wiener Bassbariton Niklas-Sven Kerck in der Rolle von Dragotins Kammerdiener. Zorikas Vertraute Julcsa wurde von der Koloratursopranistin Kerstin Grotrian dargestellt.    

Gut wie immer das Ballett der Bühne Baden (Leitung: András Virág) und der Chor der Bühne Baden (Leitung: Christoph Huber). Das Orchester der Bühne Baden brachte unter der Leitung von Michael Zehetner die vielschichtige Partitur der romantischen Operette, die neben den ungarisch gefärbten Melodien auch eine starke slawische Färbung aufweist, wunderbar zur Geltung.

Das begeisterte Publikum belohnte alle Mitwirkenden mit lang anhaltendem Beifall und vielen Bravorufen. Besonders für Vincent Schirrmacher, Miriam Portmann, Christoph Wagner-Trenkwitz und den Dirigenten Michael Zehetner.  

Udo Pacolt

 

 

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