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BADEN / Sommerarena: DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN

Schwungvoller Auftakt zur Sommersaison mit Emmerich Kálmáns Meisteroperette

23.06.2024 | Operette/Musical
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Alma Sadé (Sylvia Varescu), Iurie Cioban (GRaf Edwin) und das Bühnenmusik-Trio. Alle Fotos: Bühne Baden / Christian Husar

BADEN / Sommerarena: DIE CSÁRDASFÜRSTIN

22. Juni 2024 (Premiere 21. Juni)

Von Manfred A. Schmid

Die Saison des emsigen Sommerfestspiel-Treibens, in der landauf-landab kein Heustadel, keine Ruine und kein Schloss davor sicher ist, nicht flugs zum Austragungsort eines neuen Festivals ausgerufen zu werden, wurde mit einer gelungenen Aufführung von Emmerich Kálmáns Die Csárdasfürstin eröffnet. Ort des Geschehens: Die fein restaurierte Badener Sommerarena, ein Juwel des niederösterreichischen Kulturlebens, noch dazu vor den Toren Wiens. Ruth Brauer-Kvam sorgt mit ihrer abwechslungsreichen Inszenierung für einen flotten, eleganten, immer wieder auch urkomisch unterhaltsamen Sommerabend in schmucken Kostümen (Ursula Gaisböck) und schwungvoller, ebenfalls von der Regisseurin stammender Choreographie.

Die Geschichte des Grafen Edwin, der sich unsterblich in die Varietékünstlerin Sylvia Varescu verliebt und diese nach endlos vorgetragenen adeligen Bedenken und Verboten seiner durchlauchten Eltern auch heiraten darf, lebt von den zündenden Tänzen, schmachtenden Liedern und romantischen Klängen aus der Feder des ungarischen Operettenkönigs Emmerich Kálmáns. „Heia, heia, in den Bergen ist mein Heimatland“, „Machen wir’s den Schwalben nach“, „Ja, Mädchen gibt es wunderfeine“ und „Nimm Zigeuner deine Geige – Jai Mamám, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt“ sind nur einige der Evergreens, die bis heute mitreißen und begeistern.

Warum aber der Schlager „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ auf „Ganz ohne Liebe geht die Chose nicht“ abgeändert werden muss, kann nur erraten werden und hängt vermutlich damit zusammen, dass es in Ruth Brauer-Kams Regie im Budapester Etablissement „Orpheum“ recht regenbogenbunt und libertär zugeht, so dass die Geschlechteridentitäten nur so durch die Lüfte wirbeln und an die wilden Zwanzigerjahre in BerIin erinnern. In der Originalvorlage spielt die Geschichte unmittelbar vor dem Erste Weltkrieg, für ihre Badener Version hat Baier-Kvam ausgerechnet das Jahr 1934 auserkoren, was sich aber hinten und vorn nicht ausgeht, weil es damals in Mitteleuropa schon längst nicht mehr so freizügig zuging und in Ungarn beispielsweise das repressive Horthy-Regime an der Macht war. Nur dafür, dass man einmal warnend „NSDAP“ und „faschistisch“ hören kann und ein strammer Offizier mit blauen Augen und blonden Haarschopf auftritt (Forian Stöhr, der später als Portiermit  Slapstickeinlagen brilliert) , der den einberufenen Graf Erwin an seine Pflichten gegenüber seinem Vaterland erinnert, ist diese Verlegung der Handlung in die Dreißigerjahre ziemlich sinn- und folgenlos. Doch diese unnötige Unstimmigkeit ist nicht so gravierend und schmälert den Erfolg der ansonsten durchaus überzeugenden Umsetzung nicht. Zu kleinen Mängeln gehört auch Brauer-Kvams Einfall, Feri Bacsi, den Conferencier und Leiter des Orpheums, jüdische Witze, die in keinem Zusammenhang zu Handlung stehen, erzählen zu lassen. Die Handlung und die Texte der beiden bewährten Librettisten Leo Stein und Bela Jenbach sind in der Art, wie hier etwa blasiert vorgetragene Standesdünkel bloßgestellt werden, ohnehin witzig genug und brauchen diese willkürlich anmutende Unterstützung wirklich nicht. Abgesehen davon, dass Tania Goldens „ungorische“ Reminiszenzen zum Teil schwer verständlich und daher auf Dauer etwas ermüdend sind.

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Anna Overbeck (Komtesse Stasi) und Ricardo Frenzel Baudisch (Graf Boni)

Gesungen und gespielt wird mit Verve und Animo, und das ist es, worauf es vor allem ankommt. Mit Alma Sadé wird eine ideale Besetzung für die Rolle der Varietésängerin aufgeboten. Sie strahlt Liebreiz aus und lässt keinen Zweifel daran, warum sich ein Mann wie Edwin in sie nicht nur verschaut, sondern sich tatsächlich verliebt. Iurie iobanu verfügt über eine angenehm klingende Stimme und den für einen Operettentenor nötigen Schmelz, ist aber auch darstellerisch eine durchaus sympathische Erscheinung.

Als Komtesse Stasi, Edwins Jugendfreundin, die er auf Wunsch seiner Eltern heiraten sollte, was beide nicht wollen, gibt Anna Overbeck häufigen Anlass für Lacher. Die Tanzszene am Fürstenhof gehört zu den Highlights des Abends, wozu auch die Gastgeber – Oliver Baier als steifer, schwerhöriger Fürst Leopold Maria von und zu Lippert-Weylersheim und Verena Scheitz als dessen Frau Anthilde das Ihre beitragen.

Den stärksten Eindruck hinterlässt aber Ricardo Frenzel Baudisch als Edwins bester Freund Graf Boni, der ihm in seiner schwierigen Lage beistehen will, mit seinen Aktionen aber laufend für Verwirrungen und Komplikationen sorgt. Er liefert ein gediegenes Stück komödiantischer Darstellungskunst und singt, tanzt und spielt, dass es eine wahre Freude ist.

Das Orchester unter der Leitung von Christoph Huber spielt beschwingt und wird vom Trio der Bühnenmusik – Sandor Javorkai (Violine), Milos Avramovic (Akkordeon) und Frieda Schöfmann (Kontrabass) – mit folkloristisch-exotischen Klängen bestens unterstützt.

Viel Applaus für einen treffsicheren Start in den Operettensommer. Vorstellungen noch bis Ende August.

 

 

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