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BADEN/ Schlosshotel Weikersdorf: ITALIENISCHE OPERNGALA

Ein anspruchsvolles Programm mit interessanten Entdeckungen!

05.07.2019 | Konzert/Liederabende


Gedenken an Helene Habermann. Foto: Jorge Dreher

BADEN/ Schlosshotel Weikersdorf: ITALIENISCHE OPERNGALA – 2.7.2019
Ein anspruchsvolles Programm mit interessanten Entdeckungen!

Dieses 2. Konzert innerhalb der italienischen Operngala bot ein anspruchsvolles Programm sowie eine Entdeckungsreise nach Raritäten der Opernliteratur, die gemäß dem Wunsch der Prinzipalin des Merkers Kunstsalons, Elena Habermann, verlief. Vertreten war mit 2 Arien die selten aufgeführte Oper von Gaetano Donizetti: „Maria di Rohan“ und mit der Ouvertüre eine „Königin Golconda“ des schwedischen Komponisten Franz Berwald.

Der Abend begann mit der Ouvertüre der Oper „Königin Golconda“ von Franz Berwald. Der Komponist wurde 1786 in Stockholm in eine Musikerfamilie geboren. Er selber war Geiger und Bratschist in der Hofkapelle. Er hatte aber im Leben mehrere Saiten an seinem Bogen: Er war Orthopäde in Berlin, Glasfabrikant und ab 1841 Komponist in Wien, wo er seine 4 Symphonien komponierte. Die Oper „Königin Golconda“ wurde im Jahre 1863 geschrieben, dem Jahr der Uraufführung der „Pêcheursde Perles“ von Bizet. Sie erlebte aber erst ein Jahrhundert später, im April 1968, ihre Uraufführung im Rundfunk in Stockholm. Zeit seines Lebens war Berwald nicht besonders geschätzt, seine romantische Musik entstand wahrscheinlich den Historikern nach um Jahrzehnte zu spät. Eine zweite Oper “Estrella de Soria“ hatte etwas mehr Glück, aber geblieben und geschätzt sind nur seine 4 Symphonien. Die Geschichte der Königin Golconda ist nach der Vorstellung von Donizettis „Alina Regina di Golconda“ dem Publikum des Merker- Kunstsalons schon bekannt: Alina ist eine nach Indien entführte Provenzalin, die zur Frau des Königs von Golconda wird. Die Musik von Berwald ist weniger exotisch, aber dafür reizvoll und dynamisch. Das bewährte Orchester wurde von Tiziano Duca tadellos, klangschön und mit Schwung dirigiert: Ein besonderes Lob muss den ganzen Abend lang allen Bläsern, den 2 Hornisten und den Klarinetten (den Bassklarinettisten!) sowie dem Solo-Cellisten ausgesprochen werden.


Fabio Armiliato. Foto: Herta Haider

Die Solisten dieser Operngala waren heiß – im doppelten Sinn des Wortes – erwartet.
Fabio Armiliato hatte sich entschuldigen lassen, weil er wetterbedingte Stimmprobleme hatte. Davon hat man aber nichts bemerkt . Man würde sich freuen, öfters auch in der Staatsoper, ein solches Niveau an Stimmqualität und an packender Interpretation erleben zu dürfen: Fabio Armiliato besitzt noch immer die Merkmale, die in seinen Interpretationen immer faszinierten: seine starke, schöne eigenartig dramatische und oft verzweifelte Ausdruckskraft, die ihn aber nie – wie leider eine beträchtliche Anzahl seiner Tenorkollegen – zum Brüllen zwingt, wie wir es in den letzten Tagen unglücklicherweise in der Oper erleben mussten. Er braucht noch lange nicht Abschied von der Bühne zu nehmen. Das „RidiPagliaccio“ vom „Recitar“ aus Leoncavallos „Pagliacci“ schien ihm so intensiv aus dem Herzen herausgerissen, dass es zu zittern begann. Seit Jon Vickers während der Karajan-Ära habe ich diese Szene sehr selten mit einer solchen Intensität erlebt.


Anna Ryan. Foto: Herta Haider

Eine ähnliche Qualität muss man der armenischen Sopranistin Anna Ryan zuerkennen. Mit der Arie „Morróma in prima grazia“ aus Verdis „Ballo in Maschera“hätte die Amelia von Anna Ryan einen Felsen leicht zum Schmelzen gebracht. Sie besitzt eine wunderschöne, volle, eigenartige warme Mittellage, die zuerst in der Arie „HavviunDio“ der schon typischen Donizetti Opera rara „Maria di Rohan“ und im späteren Duett zwischen Maria und Simone Boccanegra: “Dinneperchè in quest‘eremo“ mit Paolo Rumetz sowie im „Trovatore“-Terzett am Schluss des Abends besonders zur Geltung kam. Sie hatte weder in der Tiefe noch in der Höhe Probleme oder konnte sie mit Kunstfertigkeit vergessen lassen, da sie ja eher über einen lyrischen spinto-Sopran als über einen Koloratur-Sopran verfügt. Aus der Tiefe steigt ihre Stimme in voller Fülle mit demselben Klang in die höhere Lage. Man braucht sie nur anzuschauen, um zu verstehen, wie eine warme, intensive Stimme ausder ganzen Körperkraft hervorkommt und souverän eingesetzt wird, wie ein Pianissimo nie eng wirkt, sondern sich entwickeln kann und wie eine Schlussnote nie in der Kehle stecken bleibt. Sie gibt einen wahren Gesang- und Interpretationsunterricht. In jeder Arie steckt die ganze Rolle und ihre Stimme entwickelt sich mit jedem Auftritt immer mehr. Sie würde ihren Platz im Ensemble der Staatsoper verdienen: dort gibt es leider sehr wenige Sopranstimmen, die obwohl tatsächlich über eine gute Technik verfügend dem Ohr einen schönen, runden, genussvollen Klang bieten.


Russi Nikoff, Paolo Rumetz. Foto: Herta Haider

Den vom Wiener Opernpublikum geliebten Bass-Bariton Paolo Rumetz braucht man nicht mehr vorzustellen. Als Rigoletto, Bartolo, Don Magnifico, Alfio oder Dulcamara in der Oper gefeiert, kennt ihn der Merker-Kunstsalon auch in anderen tragischen oder lyrischen Partien. Sein „Eri tu…“ aus dem „Balloin maschera“ voriges Jahr bleibt ein Erlebnis. Jetzt begann er mit der monumentalen Arie des Spions der Inquisition, Barnaba; „O monumento“ ,die dem venezianischen Dogenpalais gilt, dessen Geheimnisse er gerne erführe.

„Bella e di solvestita“, war der 2.2Ausschnitt aus „Maria di Rohan“ von Donizetti, die im Wiener Theater am Kärntnertor uraufgeführt wurde: Am Hofe des Königs in Versailles mitten in den wilden unzähligen Intrigen, Enrico, Duca di Chevreuse und Ehemann der Kurtisane Maria di Rohan, wurde vom strengen Kardinal Richelieu verurteilt, weil er in ein Duell verwickelt war. Dank der Intervention des Comte de Chalais wird er begnadigt und als Dank bietet er seine Hilfe als Zeuge bei einem Duell des Grafen an. Durch einen Abschiedsbrief von Chalais vor dem Duell erfährt er, dass der Brief seiner eigenen Frau Maria zugedacht ist. Er – Paolo Rumetz – schwört Rache und in dieser Arie trauert er über sein Leben, das ihm „schön und sonnig entgegen lächelte“ und dessen „giftige Luft“ ihn jetzt ins Grab führt. Eine kleine Erinnerung: Das Werk entstand 1843, das ebenfalls für Bariton geschriebene „Eri tu“ in Verdis „Ballo in Maschera“ später, im Jahre 1859.

Der zweite Bariton des Abends,. Russ iNikoff, erfreute wieder durch seine schöne, warme samtige Stimme und sein sympathisches Auftreten. Seine Technik – eine sichere Höhe – und seine bemerkenswerte Musikalität erlauben ihm, ganz verschiedene Gesangsstile zu meistern: Er wirkt ganz bösartig als Comte di Luna, überzeugend in der alternativ für Ford (Falstaff) ausgesuchten Arie „Perfidi! All’Anglo contro me v’unite!…Pieta, rispetto, amore “ aus “Macbeth” vom Wunschkomponisten Verdi. Mich hat die „Vision fugitive“ aus Massenets „Herodiade“besonders beindruckt. Seine Interpretation dieser lyrischen Arie – deren Text man sich eher für eine traditionelle Liebhaber-Tenorrolle vorstellen könnte und die automatisch an „Ah fuyezdouceimage“ aus Massenets „Manon“ erinnert, – ließ keinen Wunsch offen und bereitete ungetrübte Freude.


Erich Binder, Tiziano Duca. Foto: Herta Haider

Kein Eindringling in die Sängerschar war der Ex-Philharmonische Konzertmeister Erich Binder, der stets eine Note paralleler konzertanter Werke für Violine anbietet: Er bot jetzt die „Romanze für Violine op.26von Johan Svendsen (1840-1911) an, ein norwegischer Geiger, Dirigent und Komponist, den Grieg besonders schätzte. Svendsen war ein guter Freund Wagners, der ihn nach Bayreuth einlud. Er lebte in Kopenhagen, reiste aber durch ganz Europa, wo er, nachdem er seine Karriere als Solist aufgrund starker Fingerprobleme aufgeben musste, einen großen Ruf als Dirigent genoss. Die Romanze besteht aus einem schönen romantischen und variierten, hauptsächlich von Streichern begleiteten Thema und brachte eine Entspannung vor der stürmischen Fortsetzung der Gala.
Im letzten Teil des Abends genoss man 2 Meisterstücke der Opernliteratur: Zuerst aus „La forza del destino“das Duett: “Solenne in quest’ora“ zwischen dem schwer verwundeten Alvaro und Don Carlos di Vargas, dem Bruder seiner Leonora, deren Vater Alvaro unabsichtlich getötet hat. Die Szene war packend interpretiert von Fabio Armiliato und dem seiner Neugierde nicht widerstehenden und seinen Schwur brechenden Rächer Don Carlos, der wütend die wahre Identität seines Freundes entdeckt. Der Applaus war für beide hervorragenden Künstler entsprechend begeistert.

Zum Schluss lieferten die Sänger im dramatischen Terzett „Udiste…Mira“ zwischen Leonore, Manrico (Fabio Armiliato) und dem Comte di Luna (RussiNikoff), und der von Anna Ryan wunderschön gesungenen Arie der Leonora „D’amor sul ali“ ein richtiges Feuerwerk.


Schlussapplaus. Foto: Jorge Dreher

Mit emotionsgeladener Stimme drückte zum Schluss der Dirigent Tiziano Duca im Namen aller Solisten seine Dankbarkeit an die Organisatorin dieser Konzerte, Elena Habermann, aus, die die Realisierung ihres geliebten Programms nicht mehr erleben durfte.

Mathilde Dreher

 

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