Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BADEN/ Bühne: TOSCA

21.03.2025 | Oper in Österreich

Bühne Baden:    „TOSCA“   20.03.2025

Tosca | Bühne Baden
Copyright: Bühne Baden/Jodlbauer

Das in Rom 1900 uraufgeführte Puccinische Meisterwerk , das wiederum genau ein Jahrhundert früher  im Juni 1800 spielt – mit der Schlacht von Marengo exakt historisch verortet – ist eine der Opern, die ich am öftesten in meinen nun beinahe fünf Opernjahrzehnten gesehen habe. Dies liegt einerseits an dem perfekten Werk – der von mir geschätzte nicht nur Wagner und Strausstenor Jess Thomas bezeichnet in seiner Autobiographie „Kein Schwert verhieß mir der Vater“ Tosca als die einzige Oper, wo keine Note zuviel oder zuwenig ist – andererseits an unserer Wiener Wallmann Produktion, die ebenso zu Recht Kultstatus genießt , und wo alle großen Sänger der letzten Jahrzehnte den idealen Rahmen für ihre Auftritte  vorgefunden haben bzw. noch vorfinden!

     Wäre Baden ein Repertoiretheater, ja dann könnte die Inszenierung von Michael Lakner in der Ausstattung von Manfred Waba ein ähnliches Schicksal erfahren – aber dazu wird es leider nicht kommen. Die Intendanz eines der letzten Theaterdirektoren, der aus „unseren Kreisen“ – das heißt den Stehplatztagen der goldenen und silbernen Zeit der Staatsoper – kommt und musikalisch umfassend gebildet ist geht leider mit Saisonschluß zu Ende, und damit voraussichtlich auch die Tradition in Baden einmal pro Saison eine Oper aufzuführen, die Robert Herzl aufgenommen hat ( unvergesslich ein „Hoffmann“ in der Herzl-Ära oder „Der Freischütz“ unter Lakners Direktion). Der in Wien geborene Lakner, der u. a. an der Grazer Oper, dann an der Oper Basel in leitender Position tätig war und seine Operettenaffinität auch bei den Lehar Festspielen in Bad Ischl bewiesen hat, hat sich quasi selber als Abschiedsgeschenk  die „Tosca“ beschert – und uns Besucher mitbeschenkt! Das war auch an diesem Abend zu bemerken  wieviele Menschen dankbar waren, dieses reißerische Werk so zu erleben, wie es Giuseppe Giacosa und Luigi Illica mit sehr genauen szenischen Anweisungen zu Papier gebracht hatten: die Demut vor diesem Geniestreich, das „illustrieren“ und nicht die – unzulässige -„Neuinterpretation“ standen im Mittelpunkt. Als kongenialen Mitstreiter dafür hatte sich Lakner den Seewinkler Bühnenbildzauberer Manfred Waba geholt, der die drei Schauplätze perfekt auf die Bühne stellte, speziell die Engelsburg hatte besonders Flair! Alexia Redl steuerte sehr ästhetisch-kleidsame Kostüme bei. Ja, und Regisseur Michael Lakner erzählte darin klar die Geschichte – vor jedem Akt gab es auch die Verlesung der Inhaltsangabe! Ungewöhnlich für ein Opernhaus, aber ein sehr begrüßenswertes Service für das zu großen Teilen doch nicht so opernkundige Badener Stammpublikum!  Da hatte Lakner auch ein weiteres Schmankerl bereit, das ein wenig „operettenstimmung“ ins Haus brachte. Zu Beginn des dritten Aktes kam der Hirte, ein Knabe vor den Vorhang, ein Lämmchen hinter sich nachziehend. Die auch die Proszeniumlogen nutzenden Musiker des Orchesters streichelten das „Tier“, worauf das zu „bähen“ begann…was zu einigen Lachern und beim Abgang des Hirten hinter den Vorhang sogar zu einem Szenenapplaus führte!  DAS habe ich bisher noch in keiner Aufführung erlebt!

     Aber bleiben wir gleich beim Orchester: die Souveränität der Wiedergabe war für mich eine große, positive Überraschung. Die Musiker waren hörbar mit großer Freude am Spielen und Michael Zehentner leitete den Abend souverän. Auch der Chor und die Gumpoldskirchner Spatzen trugen das ihrige zum positiven Gelingen des Abends bei. Leider mußte Intendant Lakner auch zu Beginn vor den Vorhang treten. Er erklärte, daß Natalia Ushakova seit sechs Wochen mit Verkühlung, Husten zu kämpfen hatte und er dankbar sei, daß sie jedes Mal die Vorstellung rette. Sie entzieht sich damit jeglicher Kritik ( immerhin – einige imposante Fortetöne vermochte sie in den Saal zu schleudern). Auch Eric Reddet, der vorgesehene Cavaradossi könne heute nicht singen, Vincent Schirrmacher werde seitlich vom Pult die Partie singen.  Nun, gesagt, getan, auf sehr professionelle Art und Weise und bombensicher löste der kurzfristige Einspringer seine Aufgaben, geizte bei den Ausbrüchen („La vita mi costasse“, „Vittoria“ ) nicht mit tenoralen Stentortönen. Weniger erbaulich war das Agieren des vorgesehenen Cavaradossi – vielleicht auch, weil er sich wirklich sehr bemühte „Singen“ vorzutäuschen und sich darauf konzentrieren musste. Aber so bewegt sich kein Cavaradossi, der Arme vermittelte eher den Eindruck eines Nemorino oder gar Wenzel… Warum sich Tosca da nicht doch eher Scarpia zugewandelt hat? Der trat auf alle Fälle weit männlicher auf und dominierte die beiden ersten Akte. Thomas Weinhappel hat sich mit dem Polizeichef von Rom eine weitere Partie erarbeitet, die er sicher noch „verfeinern“ wird. Stimmlich hat er die fordernde Partie schon gut in  der Kehle, gefällt speziell mit parlando-Stellen und feinen Schattierungen seines auch die Forte Stellen des „Te Deum“ gut überwindenden Baritons, stellt einen sehr „aktiven“ und „zupackenden“, cholerischen Scarpia auf die Bühne. Ein wenig mehr „Elegance“ und Zurückhaltung – Scarpia ist auch Baron würde den exzellenten Eindruck wohl noch verbessern. Zu Recht räumte er beim Schlußvorhang am Meisten ab, dankbarer Applaus aber für Alle. Man sollte die letzten Vorstellungen wirklich nutzen und diese Aufführung nicht versäumen !        

Michael Tanzler

 

 

Diese Seite drucken