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BADEN/Bühne: DIE CSÁRDASFÜRSTIN

20.07.2024 | Operette/Musical

BADEN bei Wien/ Bühne: Emmerich Kálmán: » DIE CSÁRDASFÜRSTIN«
Bühne Baden, 21. Juli 2024
Von Thomas Prochazka

In Baden gibt man Die Csárdásfürstin — oder vielmehr das, was Michael Lakner am Ende seiner vorletzten Spielzeit als Intendant Ruth Brauer-Kvam daraus machen ließ. Das Ergebnis ist einmal mehr der gescheiterte Versuch gesellschaftspolitischer Indoktrinierung des Publikums, wo Handwerk gefragt gewesen wäre. Und am Döblinger Friedhof rotiert Robert Herzl in seinem Grab.

Denn wie meistens in solchen Fällen » vergaß « man, dem Publikum vor dem Billetten-Erwerb mitzuteilen, daß es Belastungszeuge einer Bearbeitung sein werde. Diesfalls wurde die Handlung aus der Zeit der Donau-Monarchie in das Jahr 1934 verlegt und mit unzähligen textlichen Hinweisen auf das verfolgte Judentum bzw. dessen Leistungen angereichert. Im Programmheft läßt uns die Regisseuse Ruth Brauer-Kvam im pluralis majestatis wissen, daß die gezeigte Fassung als eine Hommage an Emmerich Kálmán und seine Librettisten Leo Stein und Bela Jenbach aufgefaßt werden müsse. Alle drei waren Juden, und man wolle den jüdischen Humor hochleben lassen…

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 Die Csárdasfürstin «, 1. Akt: Iurie Ciobanu (Edwin Ronald von und zu Lippert-Weylersheim), Tania Golden (Ferenc Ritter Kerekes) und Alma Sadé (Sylva Varescu) beim Heiratsversprechen im Budapester Orpheum
© Christian Husar/Bühne Baden

…Das Orchester der Bühne Baden ließ manche musikalische Erinnerung aufleben an jene Zeiten, da die Operette noch nicht zum Spielball versuchter politisch korrekter Publikumserziehung verkommen war. Christoph Hubers Zugriff am Pult resultierte an manchen Stellen in zu harten Kontrasten und gehetzten Tempi. An anderen Stellen traf man den intendierten Ton genau: Da wurden die antizipierten Steigerungen Wirklichkeit, da stellte sich — wie zum Beispiel im großen Duett Tanzen möcht’ ich von Sylva und Edwin jene Operettenseligkeit ein, die nach einem da capo verlangte. Und das man dem Publikum am Premièren-Abend — warum eigentlich? — vorenthielt.

Das Unangenehme an der G’schicht’ ist: Der Komponist wußte genau, was er wollte. Beim Chorsatz Doch ohne Weiber geht die Chose nicht beispielsweise schrieb er Langsames Marschtempo vor und merkte in der Partitur an: Bitte dieses Tema (sic!) in langsamen (sic!) Tempo, sehr süss und diskret vorzutragen. Kálmán. Respektiert, wird flugs aus einer nach der Überzeugung der Regisseuse sexistischen und vermeintlich abwertenden Aussage eine träumerische Erinnerung an Stunden der Zweisamkeit. Und in dem Unterschied liegt eine Welt.

Es ist schon eine Kunst, so erfolgreich zu scheitern.

 

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Thomas Prochazka/www.dermerker.com

Vielleicht herrscht ja noch Interesse daran, denn bis zum 23.  August (Dernière) gibt es noch fünf Vorstellungen: 21. und 27. Juli, 7., 18. und 23. August.

 

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