SOMMERARENA BADEN, 26.August 2018
Carl Millöcker – Der Bettelstudent: So geht Operette!
Der Bettelstudent war heuer unbestritten der Sommerhit der Badener Sommerarena: Carl Millöckers grandiose Operette, deren Libretto von F. Zell und Richard Genée stammt und auf der Vorlage von Les Noces de Fernande von Victorien Sardou basiert, garantiert seit ihrer Uraufführung im Jahr 1882 für beste Unterhaltung. Isabella Gregor besitzt natürlich das nötige Handwerkszeug für dieses Genre und verfällt nicht in den Fehler mutwilliger Aktualisierungen, sondern belässt die Handlung wie im Original in Krakau im Jahr 1704. Natürlich streut sie hie und da tagespolitische Anspielungen ein, so wie es auch die Form der Operette anbietet und verlangt, aber stets geht die Handlung flott weiter und die knappen drei Stunden vergehen wie im Flug.
Sie hat dabei aber im Dirigenten Oliver Ostermann, der das Badener Orchester erstaunlich motivieren kann, und in Dietmar Solt (Bühnenbild und Kostüme) kongeniale Mitstreiter. Und was noch viel wichtiger ist: Es ist ein Ensemble im Einsatz, das ausnahmslos keine Schwachstellen ausweist. Allen voran imponiert natürlich der opernerprobte Jochen Schmeckenbecher als Oberst Ollendorf mit samtener Stimme und immenser Wortdeutlichkeit – besser geht’s wahrlich nicht. Aber auch der in Baden fast Heimrecht genießende Matjaž Stopinšek in der Titelpartie (mit strahlenden Höhen und viel Spielfreude) warf sich voll ins Geschehen. Regina Riel als Laura trumpfte mit ihrem sicheren Sopran auf, mit der jungen Ilia Staple als deren Schwester Bronislava wächst eine Sängerin heran, auf deren weitere Laufbahn man gespannt sein kann, der Jubel für ihre Leistung war voll berechtigt. Aber auch „ihr“ Ricardo Frenzel Baudisch (in der Rolle des Jan Janicki) wußte mit seiner natürlichen, sympathischen Art zu überzeugen.
Sylvia Rieser als verarmte Gräfin Nowalska beschränkte sich nicht nur auf ihre Rolle als „alte Mutter“, sondern gewann der Partie erstaunliche Zwischentöne ab. Johannes Terne widerstand der Versuchung den Onuphrie allzu klamaukhaft anzulegen, ebenso die vier Offiziere Anton Graner, Sebastian Huppmann, Michael Fischer und Thomas Malik. Robert R. Herzl bemühte sich als Enterich um sächsischen Dialekt, was aber angesichts dessen Färbung zu kleinen Textunverständlichkeiten führte. Die witzigen choreographischen Einfälle von Michael Kropf (etwa beim Finale 2. Akt, als plötzlich die allgemeine Aufregung in ein mediales Berichterstattungs-Feuerwerk wechselte) rundeten die insgesamt sehr überzeugende Produktion ab. Das normalerweise eher nicht so applausfreudige Badener Publikum spendete schon während der Aufführung ausgiebige Ovationen, am Ende gab es überragenden Jubel für alle Beteiligten. Intendant Michael Lakner konnte in seiner Loge zufrieden auf die letzte, fast ausverkaufte Aufführung dieser Serie am kommenden Freitag warten.
Ernst Kopica
MERKEROnline