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BADEN bei Wien: FIDELIO

Oper in der Operetten-Metropole

04.11.2018 | Oper


Marzelline (Sieglinde Feldhofer), die Tochter des Gefängnisdirektors Rocco, mit dem Justizwachebeamten Jaquino (Ricardo Frenzel Baudisch) Copyright: Christian Husar)

Oper in der Operetten-Metropole Baden: „Fidelio“ von Ludwig van Beethoven (Vorstellung: 3. 11. 2018)

Mit dem Intendanten Michael Lakner wurde es Usus, in der Operetten-Metropole Baden auch wieder Opern aufzuführen. War es in der vergangenen Saison „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber, wurde heuer „Fidelio“ von Ludwig van Beethoven gewählt. Mit gutem Grund, steht doch die Saison 2018 / 19 unter dem Spielzeit-Motto „Freiheit und Gefangenschaft“. In einem sehr ausführlich gehaltenen Artikel im Programmheft unter dem Titel „Fidelio, ein Plädoyer für das Recht auf freie Meinungsäußerung“ erläutert Michael Lakner die Gründe für die Wahl dieser Oper von Beethoven, der auch in Baden gelebt und gewirkt hat.

„So ist für mich gleich der Beginn der Ouvertüre mit seinem Freiheitssignal, kontrapunktiert durch das in den Bläsern kontrastierende Flehen der schuldlos eingekerkerten Gefangenen der Schlüssel zum gesamten Werk“, formulierte Lakner, der als Regisseur auch eine eigene Fassung der Oper für die Bühne Baden erstellte. „Das Hohelied der Gattenliebe und –treue (Leonore sucht den verschwundenen Mann ja schon ganze zwei Jahre und befreit ihn unter für sie selbst lebensbedrohlichen Umständen), das den Kern der Handlung bildet, bezieht seine musikalische Brisanz vor allem aus dem deutlich manifestierten Anspruch Beethovens, Texte zu Musik werden zu lassen.“

 Regisseur Michael Lakner sah sich verpflichtet, Fidelio als ein Stück des 21. Jahrhunderts zu inszenieren und aktuelle Bezüge zur heutigen Zeit herzustellen. „Denn in einer Epoche, in der die Demokratie immer stärker gefährdet ist, in der totalitäre Systeme und Autokratien im Vormarsch sind, … muss auch die Kunst den Finger auf diese Entwicklungen legen.“

 So gehörten auf der Bühne Laptops, Handys sowie eine Music-Box zur Ausstattung – und geschwärzte Texte bildeten als Dekorationselement ein Spiegelbild der heutigen juridischen  Öffentlichkeit (Bühnenbild: Stefan Brandtmayr), die Gewänder der Gefangenen sollten wohl an Guantanamo erinnern (Kostüme: Friederike Friedrich). Die Leonore III-Ouvertüre als Intermezzo zwischen Kerker und Schlussbild war gestrichen, ebenso die Auftrittsarie des Pizarro. Keine schlechte Idee war der Einbau des Balletts (Choreographie: Michael Kropf) bei der Freilassung der Gefangenen, wodurch die Jubelszenen am Schluss noch publikumswirksamer ausfielen.  


Magdalena Renwart als Fidelio / Leonore und Erik Rousi als Gefängnisdirektor Rocco (Copyright: Christian Husar)

Die Titelrolle als Fidelio / Leonore hatte nach der Erkrankung von Miriam Portmann die frühere Richard-Wagner-Stipendiatin Magdalena Renwart übernommen, die ursprünglich nur für zwei Vorstellungen geplant war. Eine Chance, die die Tiroler Sopranistin stimmlich vor allem in den dramatischen Szenen zu nutzen verstand. Sehr stark ihr Duett mit Florestan „O namenlose Freude“! Zu Beginn wirkte sie in der Hosenrolle als Fidelio zu wenig männlich, was teilweise an der unglücklichen Kostümierung als „Mann“, möglicherweise aber auch an der Personenführung des Regisseurs lag.

Ihren im Gefängnis schmachtenden Ehegatten Florestan gab an diesem Abend der slowenische Tenor Matjaž Stopinšek. Er konnte stimmlich wie darstellerisch überzeugen. Den Gouverneur Don Pizarro, der den unschuldigen Florestan ohne Anklage einkerkerte und ihn schließlich töten lassen wollte, spielte der französische Bariton Sébastien Soulès. Gleichfalls schauspielerisch und stimmlich solide. Als Don Fernando trat der österreichische Bariton Thomas Zisterer in der Proszeniumsloge der Galerie des Stadttheaters auf, von wo er mit sonorer Stimme den Gefangenen die Freiheit verkündete. Ein gelungener theatralischer Effekt.

Der finnische Bass Erik Rousi sang den Gefängnisdirektor Rocco anfangs zu zurückhaltend. Darstellerisch wurde er im Verlauf der Vorstellung immer bühnenpräsenter. Exzellent agierte die steirische Sopranistin Sieglinde Feldhofer als seine Tochter Marzelline. Mit prächtiger Stimme und köstlicher Erotik spielte sie das in Fidelio leidenschaftlich verliebte Mädchen. Als sie Leonores Verkleidung erkennt, tröstet sie sich rasch mit dem zuerst verschmähten Justizwachebeamten Jaquino, der vom deutschen Buffotenor Ricardo Frenzel Baudisch recht sympathisch dargestellt wurde.

Der Wiener Buffotenor Beppo Binder und der junge Tiroler Bariton Philippe Spiegel waren als zwei Gefangene im Einsatz. Mit einigen Abstrichen gelang es dem  Orchester der Bühne Baden unter der bewährten Leitung von Franz Josef Breznik, die Klänge der fesselnden Partitur Beethovens dem Publikum recht wirkungsvoll darzubringen.

Das Publikum im nicht ausverkauften Stadttheater Baden, das auch mit Szenenbeifall nicht geizte, belohnte am Schluss alle Mitwirkenden mit minutenlangem Beifall und einigen Bravorufen.

 

Udo Pacolt

   

 

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