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BADEN-BADEN/ Malersaal des Hotel Maison Messmer: Meisterkonzert Kammermusik der Carl-Flesch-Akademie

14.07.2024 | Konzert/Liederabende

Meisterkonzert Kammermusik der Carl-Flesch-Akademie im Malersaal des Hotel Maison Messmer/BADEN-BADEN

Mit stürmischer Bewegung

 Diesmal konnte man die Auslese aus fast 280 Bewerbungen aus 56 Ländern hören. Es war ein ausgezeichnetes Kammermusik-Konzert der Extraklasse. Zunächst erklang das mit feinsinniger Balance musizierte Sextett in D-Dur für Klavier und Streicher von Felix Mendelssohn Bartholdy. Hier zeigten sich vor allem die Vorbilder Haydn und Mozart. Lebhaftigkeit und Frische kennzeichnete das feinnervige Spiel bei den beiden Sätzen Allegro vivace und Adagio mit Marley Erickson (Violine), Elena Küssner (Viola I), Eva Lacarel Gomez (Viola II), Jinseok Jeong (Cello) und Shun Nawa (Kontrabass). Die Pianistin Mana Oguchi setzte als einfühlsame Interpretin  immer wieder besondere Akzente. Lauren Yoon (Violine), Joelle Hsu (Viola I), Kevin OLoughlin (Viola II), Heddi Raz Shahar (Cello), Zipeng Dou (Kontrabass) und Peter Wittenberg (Dozent, Klavier) gestalteten dann die restlichen Sätze Menuetto, Agitato – Trio sowie Allegro vivace mit Brillanz und Verve,  was sich vor allem beim rasant musizierten Polonaisen-Finale zeigte. Nicht nur die virtuosen Klavierfigurationen erinnerten an Werke von Johann Nepomuk Hummel und Carl Maria von Weber. Aber auch Ludwig van Beethoven blitzte stellenweise hervor. Zu bewundern waren neben der seelenvollen Interpretation vor allem die präzise Spieltechnik. Aus dem Oktett für Streicher in Es-Dur von Felix Mendelssohn Bartholdy war dann der einfühlsam musizierte erste Satz Allegro moderato ma con fuoco zu hören, wo die Interpreten Marie Helling (Violine I), Jelin Lee (Violine II), Youijn Lee (Violine II), Sean Takada (Violine IV), Joelle Hsu (Viola I), U Chon Wong (Viola II), Lynn Renouil-Hata (Cello I) und Yi-I Stephanie Yang (Cello II) insbesondere die überwältigende melodische Fülle und den fast schon sinfonischen Charakter dieser Komposition in hervorragender Weise betonten. Die konträren Themen und ihre konzentrierte motivische Verarbeitung leuchteten hier in beglückender Weise hervor. Und auch der al-fresco-artige Stil kam nicht zu kurz. Die gebrochenen Dreiklänge des Kopfsatzes wurde von der ersten Violine stilvoll exponiert – und die beiden weiteren Violinen ließen das zweitaktige Signalmotiv regelrecht aufblühen. Das thematische Material konnte sich so bestens entfalten – und das Diminuendo der Durchführung überzeugte aufgrund des sensiblen Spiels ebenso wie die Bewegungssteigerung (Dozent: Kirill Troussov). YoEun Seol (Violine) und Junha Moon (Kontrabass) präsentierten dann aus den 12 Duos für Violine und Kontrabass von Bela Bartok die Duos Nr. 1 bis 6, wo neben den spannungsvoll interpretierten kontrapunktischen Abläufen vor allem die folkloristischen Momente und die vielgestaltige Rhythmik die Zuhörer fesselten. Sara Schlumberger-Ruiz (Violine) und Harald Edin (Kontrabass) spielten dann die Duos Nr. 7 bis 12 aus den 12 Duos für Violine und Kontrabass von Bela Bartok. Man spürte bei den einzelnen Intervallen, wie geschickt Bartok durch die Verwendung von alten Tonskalen zu einer überaus lebendigen neuen Klangsprache fand. Aus der Klasse von Kirill Troussov stellten Daniel Hodos (Violine I) und Liepa Jurgutaviciut (Violine II) die an Johann Sebastian Bach gemahnende „Passacaglia“-Bearbeitung für zwei Violinen von Johan Halvorsen vor, wobei die ostinate Struktur auch in dieser Bearbeitung in faszinierender Weise deutlich wurde. Ständig wechselnde Gedanken illustrierten dabei diese altitalienische Variationsform. Höhepunkt dieses überaus gelungenen Abends war zuletzt die geradezu stürmische Wiedergabe des berühmten „Forellenquintett“-Klavierquintetts von Franz Schubert, wo zunächst  die Interpreten Gregoire Torossian (Violine), Felicitas Frücht (Viola), Amelia Zofia Chmielewska (Cello), Ariane Thomann (Kontrabass) und Tatiana Chernichka (Klavier) bei den beiden Sätzen Allegro vivace und Andante ganz aus sich herausgingen. Die ungewöhnlichen klangfarblichen Reize dieser Komposition leuchteten von Anfang an hervor. Neben der reizvollen Betonung des Bassfundaments gefielen die überzeugend herausgearbeiteten rhythmisch-tänzerischen Impulse, die sich durch die nuancenreichen Pizzicato-Passagen des Basses noch weiter verdichteten. Nicht nur beim Kopfsatz traten die konzertanten Momente wiederholt hervor. Spielfreude korrespondierte hier in beglückender Weise mit ausdrucksstarker Klanglyrik. Innerhalb des ersten Sonatensatzes zeigte die Virtuosität immer wieder neue Facetten. Stürmisch und ohne Coda schloss dann dieser Satz. Die Liedform des Andante besaß hier ein wunderbares melodisches Strömen, dessen Intensität immer mehr zunahm. Die melancholische Melodie in fis-Moll zeigte große Klangdichte. Die weiteren Sätze Scherzo Presto, Thema con Variationen und Allegro giusto aus Schuberts „Forellenquintett“ wurden von den weiteren Solisten Lewin Creuz (Violine), U Chon Wong (Viola), Nagyeom Jang (Cello), Mihail Aharodnikau (Kontrabass) und Saule Tatubaeva (Klavier) in exzellenter Weise präsentiert. Das überaus turbulente Scherzo beeindruckte hier durch enorme Schwungkraft, die nicht nachließ. Auch der temperamentvolle Dreiachtel-Auftakt des Themas stach hervor. Rhythmische Impulse machten das D-Dur-Trio ungemein lebendig. Im vierten D-Dur-Satz stellten die Streicher sehr melodiös die Melodie des bekannten Schubert-Liedes von der Forelle vor, der Charakter von Cantus-firmus-Variationen wurde nicht geleugnet. Streichertriolen und Kontrabass-Pizzicato gefielen besonders neben der Brillanz der perlenden pianistischen Oktav-Figurationen. Überschwänglich und begeisternd interpretierten die begabten jungen Musiker zuletzt das tänzerisch-überwältigende Finale, das trotz seines Unterhaltungswerts auch hier Tiefgang besaß. Jubel,

„Bravo“-Rufe, Blumen. 

Alexander Walther

 

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