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BADEN-BADEN: Liederabend „ANNA NETREBKO – MALCOLM MARTINEAU“  –

Ein elitärer Liederabend: „Tag und Nacht“

15.07.2019 | Konzert/Liederabende


Elena Maximova, Giovanni Andrea Zanon, Anna Netrebko, Malcolm Martineau. Foto: Andrea Kremper

Baden-Baden: „ANNA NETREBKO – MALCOLM MARTINEAU“  –  14.07.2019

 Ein elitärer Liederabend: „Tag und Nacht“

Eine Königin des Gesangs gab sich die Ehre! Nach zwei exquisiten Symphonie-Konzerten beschloss das Festspielhaus seine „Sommer-Festspiel 2019“ mit einem hochkarätigen Liederabend und präsentierte dafür eine der besten Sopranistinnen der Gegenwart: Anna Netrebko. Mir war die Ehre widerfahren die großartige Künstlerin auf ihrem Erfolgsweg der Anfänge bis dato in diversen Recitals und Opern-Events zu begleiten und zu erleben. Anna Netrebko gehört zu den wenigen internationalen Gesangs-Stars welche sich immer wieder aufs Neue interessante Rollen erarbeiten und sich so „nebenbei“  den Luxus erlauben sporadisch  grandiose Liederabende zu offerieren.

Heute präsentierte die begnadete Sopranistin eine neue Programmfolge mit Liedern, Arien und Duetten unterstützt von der Mezzosopranistin Elena Maximova,  beide Stimmen vereinten sich vortrefflich abgestimmt beim Duett Lisa/Polina Uzh vecher aus „Pique Dame (Tschaikowsky) sowie zur Barcarole aus „Les Contes d´Hoffmann“ (Offenbach).

Schwerlich lassen sich wiederum meine neuen Eindrücke zum Vortrag dieser absoluten Künstlerin erfassen, Anna Netrebko versteht es nicht nur vokal zu interpretieren, nein die geniale Künstlerin choreographierte ihren Vortrag hauchte ihm Leben ein, bewegte sich raumfüllend fernab des begleitenden Instruments stellte so auf eindrückliche Weise den Pianisten in den Vordergrund. Natürlich wie selbstverständlich beiläufig wirkte die inszenierte Optik wie beispielsweise beim Auftritt mit weißem Blumenstrauß oder nach der Pause mit einem Luftballon, vereinten doch diese Interieurs gewisse Text-Bezüge.

Siren´ und Son (Rachmaninow) duftig wie Flieder und träumerisch verklärt erklang der füllige Sopran in herrlichsten melodischen Couleurs. Leicht wie eine vorüberziehende Wolke artikulierte Netrebko die zwei Preziosen Redeyet oblakov letucaya sowie sonnambul durchleuchtet zum Gesang der Lerche Zvonce zavoronka aus der Feder Rimsky-Korsakows.

Mit zwei höchst differenzierten Arien erfüllt von Dramatik, schwebender Leichte und Resignation bereicherte Anna Netrebko ihr Liedprogramm: sehnsuchtsvoll,  mit Höhenakrobatik gekonnt versehen, vernahm man das Bekenntnis Depuis la jour der „Louise“ (Charpentier) und geprägt von Lebenslust in herrlichen Variationen vorgetragen die Arie der Elisabeth aus „The Ballad of Baby Doe“ (Moore).


Malcolm Martineau, Anna Netrebko. Foto: Andrea Kremper

Vortrefflich untermalte Malcolm Martineau der souveräne Gestalter die Vokalistin, seine  Melodienfolgen fließen, man spürte regelrecht die Spannung die Wachsamkeit mit welcher der einfühlsame Pianist nie vordergründig sondern sensibel und kongenial nachhaltig die Singstimme begleitete. Auf Genaueste exerziert erklangen Ornamente energiegeladen in instrumentaler Perfektion.

Melancholisch in hellen Farben und feinsten Nuancen interpretierte Anna Netrebko Il pleure dans mon coeur (Debussy), ließ traumverloren Aprés un réve (Fauré) folgen und hinreißend authentisch und sehr persönlich erklang Kdyz mne stará matka (Dvorak). Lustvoll, burschikos wirkte Go not, happy day (Bridge) sowie beschwingt, von der Sonne Italiens durchflutet kam die Mattinata (Leoncavallo) daher.

Richard Strauss widmete die vielseitige Künstlerin Morgen zum Weinen schön gesungen und von der Violine (Giovanni Andrea Zanon) elegisch begleitet. Konträr folgten Die Nacht, zärtlich versonnen Wiegenlied und schließlich euphorisch-hymnisch, prächtig nuanciert Ständchen in ausgezeichneter Artikulation.

Eine gewisse Affinität verbindet die Sängerin mit Peter Tschaikowsky, seinen Vertonungen schenkte die grandiose Gestalterin und Erzählerin eine besonders liebevolle Attention. Warm getönt wie der inhaltliche Frühling erklangen  To bylo ranneju vesnoj, leidenschaftlich visionär Noci bezumniye sowie fragend, expressiv in atemberaubender Tongebung das offizielle Finale des überwältigend-aufregenden Abends Den´li carit.

Standing Ovations für die sympathische Sängerin welche immer wieder völlig uneigennützig ihren Partnern den Vortritt ließ. Bravochöre schallten den Künstlern entgegen, beim schwungvollen „Il Bacio“ (Arditi) anmutig perlten die Koloraturen, sichtlich musste Netrebko ihr Temperament zügeln, gar zu gerne wäre sie über die Bühne getanzt. Nach der zweiten Zugabe O mio babbino caro (Puccini) wunderbar innig vorgetragen, verabschiedete sich die einzigartige Künstlerin endgültig, entließ das Publikum in den lauen Sommerabend und bestärkte die Gewissheit nachdrücklich, einem Event der Sonderklasse beigewohnt zu haben.

Gerhard Hoffmann

 

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