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BADEN BADEN: „LANG LANG“ . Klavier-Recital“

25.04.2016 | Konzert/Liederabende

Baden-Baden: „LANG LANG“ . Klavier-Recital 24.04.2016

Virtuose Brillanz, schillernder Star-Ruhm, jugendliche Frische, charismatische Persönlichkeit etc. sind die Merkmale des chinesischen Pianisten Lang Lang, welcher dem Festspielhaus einen ausverkauften Saal bescherte.

Es hieße Eulen nach Athen tragen – die Aura, das Talent, die extravagante Verve des genialen Tasten-Künstlers zu portraitieren. Störend wirkt auf mich persönlich lediglich die exzentrische Show,  jedoch kann ich mich in keiner Weise der Faszination seines exzeptionellen  Spiels entziehen.

Das Piano-Recital wurde mit „Die Jahreszeiten“ (Peter Iljitsch Tschaikowsky) eröffnet, einer Komposition von zwölf eingängigen, aber technisch weniger einfachen Charakter-Episoden.  Doch zwei Seelen wohnen in meiner Brust: ganz glücklich wurde ich mit dieser Interpretation nicht.

Lyrisch, sentimental eröffnete Lang Lang mit Januar den Zyklus, sprühend vor Lebensfreude in schnellen Kontrasten, temporeich kam der Februar mit seiner karnevalistischen Episode daher. Wehmütig erklangen die Triolen des März mit dem Lied der Lerche, die Schneeglöckchen läuteten den April in glitzernden Piano-Kaskaden ein. Den Wechselbädern jenseits der Proportionen im Wonnemonat Mai sowie der schwerfälligen Barcarole im Juni konnte ich jedoch wenig abgewinnen.

Keineswegs bedingt der sommerlichen Atmosphäre während der Juli-August-Impressionen, eher als Folge des nach wie vor mimen- und gestenreichen Spiels griff der Erschöpfte öfters zum Schweißtuch und forderte somit den unangebrachten Szenenapplaus heraus. Vital, spannungsreich in obsessiver Ausreizung der Klangfarben „blies“ das Piano zur Jagd im September und lud zur lustigen Troika-Fahrt im November. Verhaltener gestaltete Lang Lang textgetreu, volltönend virtuos bar jeglicher Extravaganzen das Herbstlied im Oktober sowie einfühlsam die Weihnachts-Weise des Dezember.

Souverän gestaltete Lang Lang das „Italienische Konzert F-Dur“ (Johann Sebastian Bach) in Kantabler Leichtigkeit. Die Tempi klangen angenehm entspannt, der gesamte Spielansatz hatte nichts Demonstratives, kurzum man erlebte eine intelligente äußerst sympathische Wiedergabe von hohem Rang.

Plakativer, vordergründiger empfand ich zuweilen die gestalterischen Emphasen des Pianisten während der vier Scherzi von Frédéric Chopin, jedoch nur deshalb, kenne ich sie aus Vergangenheit und Gegenwart  „anders“ feingliedriger transparenter. Vor wenigen Jahren schrieb ein Feuilleton-Kollege einer Tageszeitung: Lang Lang´s Spiel gleich dem eines Pianola! In dieser Formation möchte ich es nun nicht ausdrücken, doch hinkt der Vergleich keineswegs.

Kraftvoll, glockig im Klang begann der charismatische Charmeur das „Scherzo Nr. 1“, ein bisschen mechanisch-pauschal, doch zunehmend nuancierter poetischer wirkt sodann sein Spiel trotz technischer eigenwilliger Finessen.

Leuchtend im Diskant, eruptiv, extravagant die lyrischen Linien betonend, natürlich fließen die Läufe des „Scherzo Nr. 2“ dahin. In kleinen Temposchwankungen verstand es der Tasten-Künstler Spannung und Entspannung zu erzielen und demonstrierte auf seine spezielle Art, dynamische Nuancen und Atmosphären zu zaubern.

Improvisatorisch unbekümmert frei mit viel Rubato gestaltete der Pianist das „Scherzo Nr. 3“, beeindruckte mit schattierenden Couleurs seines vielfältigen Spiels. Die Begleitfiguren schienen in samtiger Fülle zu murmeln, strahlend entfaltete sich die Oberstimme des Instruments, für jede Stimmung hielt der exzellente Techniker die passende Schattierung bereit.

Zum Finale seines Klavier-Recitals bot der Ausnahme-Künstler das „Scherzo Nr. 4“, nahm die Herausforderung des Stückes mit Bravour. Brillant im Zugriff mit Freude an der Subtilität der Melodie stellte Lang Lang verbindend eine bestechende Fülle spielerischer Nuancen zur Schau. Wilde Forte-Staccati fügten sich glaubhaft in das energiegeladene Drängen der Passagen ein.

Ein völlig anderes Publikum, nicht die gewohnt disziplinierte Zuhörerschaft zollte dem „Pop-Star des Piano“ seine entsprechend lautstarke Reverenz. Der Künstler selbst dankte huldvoll nach allen Richtungen ähnlich der Queen auf dem Söller und gewährte zwei Zugaben: wunderschön und hinreißend musiziert „Intermezzo Nr. 2“ (Manuel Ponce)  sowie völlig unsentimental  und persönlich variiert den „Liebestraum Nr. 2“ (Franz Liszt).

Gerhard Hoffmann

 

 

 

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