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BADEN-BADEN/ Kurhaus/Weinbrennersaal: PREISTRÄGERKONZERT der Carl-Flesch-Akademie

14.07.2022 | Konzert/Liederabende

Preisträgerkonzert der Carl-Flesch-Akademie am 13. Juli 2022 im Weinbrennersaal des Kurhauses/BADEN-BADEN

Harmonische Spannung

Bereits zum 40. Mal öffnet die Carl-Flesch-Akademie in Baden-Baden nun schon ihre Pforten, nachdem sie im Jahre 1982 von Generalmusikdirektor Werner Stiefel gegründet wurde. Carl Flesch galt als einer der bedeutendsten Violinvirtuosen des 20. Jahrhunderts. 1928 startete er seine Sommerkurse in Baden-Baden, an denen unter anderem auch Größen wie Henryk Szeryng oder Ginette Neveu teilnahmen. 1934 verkaufte er sein Haus in Baden-Baden und emigrierte nach England, denn er hatte bei den Nationalsozialisten Berufsverbot.

Etwas von dem früheren Glanz ist im Weinbrennersaal immer noch zu spüren, wo jetzt ein denkwürdiges Preisträgerkonzert stattfand. Coco Tomita (Violine, Carl-Flesch-Preisträgerin 2019) musizierte zunächst zusammen mit der Philharmonie Baden-Baden unter der einfühlsamen Leitung von Pavel Baleff das Konzert für Violine und Orchester Nr. 1, Sz 36 von Bela Bartok. Bei ihrer Interpretation kam die glutvolle Verschmelzuung von höchstem geistigem Anspruch und elementarer Vitalität voll zum Ausdruck. Hochentwickeltes Formgefühl und impulsive Musikalität zeichnete Coco Tomitas Violinspiel hier zudem aus. Die dissonante und kühne Klangsprache verband sich facettenreich mit geigerischer Bravour. Alle vorkommenden Motive wurden immer wieder präzis herausgearbeitet. Auch die lyrische Prägung schimmerte in geheimnisvoller Weise hindurch – und so konnte sich die weitgeschwungene Melodie der Solovioline voll entfalten. Als dynamischer Kontrast kam es wiederholt zu heftigen kontrapunktischen Ballungen, die Coco Tomita in souveräner Weise auflockerte. Leidenschaftlich strömten so die Skalen der Solovioline dahin – und in zierlichen Umspielungen entwickelte die Geigerin die Themen konsequent weiter. Auch anmutig-ländliche Weisen kamen so zu ihrem Recht. Die harmonische Spannung steigerte sich so dynamisch eindrucksvoll mit energischem Drängen. Und auch der tänzerische Rhythmus sorgte für ein bewegendes Gleichgewicht. Der langsame Satz bestach mit dem Motiv  aufsteigender Terzen, während die Sonatenform des zweiten Satzes ebenfalls transparent verdeutlicht wurde. Quarten und große Septime sowie „Tristan“-Harmonik machten sich im langsamen Satz bemerkbar. 

Als zweiter glanzvoller Preisträger musizierte Christoph Heesch (Violoncello, Carl-Flesch-Preisträger 2021) das Konzert für Violoncello und Orchester in a-Moll op. 129 von Robert Schumann. Die schönen solistischen Möglichkeiten wurden hier voll genutzt und die pausenlose Verbindung der drei Sätze ging nahtlos ineinander über. Das Kopfthema des ersten Satzes gewann als echte Cello-Melodie eine enorme Intensität. Danach erst brachte das Orchester das energische Hauptthema und damit das wichtigste Material des lyrisch betonten Satzes hervorragend zum Ausdruck. Samtenes Dunkel hüllte den langsamen zweiten Satz ein, dessen bewegende Melodie von Christoph Heesch sehr überzeugend betont wurde. Der oft als blass und konventionell gedeutete letzte Satz fesselte hier aufgrund der höchst virtuosen und lebendigen Interpretation des Solisten mit geradezu erfrischender Leichtigkeit. Zum Abschluss begeisterte noch die überaus temperamentvolle Wiedergabe der Sinfonie Nr. 2 in B-Dur von Franz Schubert. Der Einfluss Ludwig van Beethovens war dabei deutlich zu spüren. Der erste Satz beeindruckte die Zuhörer als Allegro vivace mit langsamer Largo-Einleitung. Das rasche Hauptthema bildete dann einen rasanten Gegenstz zur schönen Melodielinie des zweiten Themas. Sehr zukunftsweisend waren die Variationen des zweiten Andante-Satzes, die wiederum durch ihren  Klangsinn und ihre subtile Harmonik imponierten. Im Menuett kam es dann zu einem überaus zierlichen Dialog von Oboe und Klarinette beim österreichisch-tanzseligen Trio. Und die harmonischen Besonderheiten des grandios musizierten Finales sorgten für eine ausgesprochen mitreissende Stimmung. Eduard J. Freudl rühmte als Vorsitzender des Fördervereins herausragende Professoren, die hier begabte junge Musiker gezielt fördern. Die Preise wurden an die jungen Künstler wegen der schwierigen Corona-Lage erst jetzt verliehen. Arndt Joosten (Conference) führte kenntnisreich ins Programm ein. So erhielt dieses Preisträgerkonzert der Lions-Clubs lebhafte Zustimmung.

Alexander Walther

 

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