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BADEN-BADEN/ Kurhaus: Abschlusskonzert der Carl-Flesch-Akademie im Weinbrennersaal

25.07.2021 | Konzert/Liederabende

Abschlusskonzert der Carl-Flesch-Akademie im Weinbrennersaal des Kurhauses am 24. 7. 2021

Ekstasische Höhenflüge

Die Carl-Flesch-Akademie geht auf den ungarischen Geigenvirtuosen Carl Flesch zurück, der auch in Baden-Baden lebte und in seiner Villa berühmten Geigern wie Henryk Szeryng als „Geigenmeister aller Erdteile“ in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts den letzten Schliff gab.  Wieder einmal gaben ausgewählte Teilnehmer der Meisterklassen im nicht voll besetzten Weinbrennersaal einen eindrucksvollen Beweis ihres großen Könnens. Zunächst interpretierte Antonia Hadulla (Kontrabass, Deutschland) zusammen mit der  Philharmonie Baden-Baden unter der inspirierenden Leitung von Pavel Baleff den ersten und zweiten Satz aus dem reizvollen Konzert für Kontrabass in h-Moll von Giovanni Bottesini. Dabei wurden vor allem die thematischen Zusammenhänge dieses spätromantischen Werkes eindringlich nachgezeichnet. Bewegende lyrische Emphase beherrschte den zweiten Andante-Satz. Hwayoon Lee (Korea, Viola) interpretierte anschließend mit virtuoser Eleganz den ersten Moderato-Satz aus dem expressiven Bratschenkonzert von Bela Bartok. Klarheit der Form, sparsame Harmonik und präzise Konzentration auf ein einziges Thema stachen facettenreich hervor. Daraus entwickelte sich dann vielfältig das gesamte Thema. „Kol Nidrei“ von Max Bruch hatte in dem versierten Kontrabassisten Benedek Devich (Ungarn) einen ausdrucksvollen Interpreten. Meditativ und ausgesprochen reizvoll erschienen hier Themen der Synagogenmusik. Und auch die Tremolo-Passagen blieben stark im Gedächtnis. William Wei (Taiwan, Violine) lotete als hervorragender Solist den ersten Allegro-moderato-Satz des Violinkonzerts in D-Dur von Erich Wolfgang Korngold in sensibler Weise aus. Elemente der Filmmusik trafen sich dabei mit äusserst raffinierten thematischen und harmonischen Spitzfindigkeiten, deren dynamische Schwungkraft nicht nachließen. Die Philharmonie Baden-Baden begleitete den Solisten auch hier mit durchsichtiger Feingliedrigkeit. Alhao Zheng (China, Violoncello) interpretierte den ersten Largo-Satz aus dem Konzert für Violoncello Nr. 2 von Dmitri Schostakowitsch mit enormer spieltechnischer Energie und einem energischen Bogenstrich. Spannungsgeladene Intervalle schwankten dabei in der Dur-Moll-Tonalität, die sich immer weiter auffächerte. Pizzicato- und Martellato-Passagen zeigten ein starkes Fundament. Vor allem die weitgespannten Melodien wurden von Solist und Orchester ausgezeichnet betont. Igor Sajatovic (Kroatien, Kontrabass) zeigte beim ersten Satz Allegro moderato aus Franz Schuberts „Arpeggione“-Sonate seinen besonderen Sinn für den Reichtum der Erfindungskraft, wobei das innige Hauptthema leuchtend hervorstrahlte. Dass auch die Viola ein sehr virtuoses Instrument ist, bewies Olivera Matic (Serbien) bei Niccolo Paganinis Sonata per la Grand’Viola e Orchestra. Selbst der bei Paganini aufgrund der enormen Virtuosität selten anzutreffende musikalische Kern blitzte hier grell hervor. Läufe, Triller und Doppelgriffe explodierten in einem betörenden Konglomerat aus technischen Spitzfindigkeiten, wobei Pavel Baleff und die Philharmonie Baden-Baden die begabte Solistin behutsam begleiteten. Der Höhepunkt des Konzert folgte zuletzt. Ava Bahari (Schweden, Violine) bot eine grandiose Leistung bei Paul Hindemiths Konzert für Violine und Orchester. Klangkontraste, leidenschaftlich-kühne Aufschwünge, Laufe, Triller, Doppelgriffpassagen und wild aufstrebende Themen rissen die Zuhörer hier unmittelbar mit. Und auch die Philharmonie Baden-Baden unter Pavel Baleff zeigte dabei explosives Fingerspitzengefühl.  

Ein paar Tage zuvor hatten die Teilnehmer im Weinbrennersaal bei „Junge Meister musizieren“ überzeugt. Svenja Dose (Deutschland, Kontrabass) und Zsuzsa Balint (Klavier) interpretierten den ersten Satz aus Giovanni Bottesinis Konzert für Kontrabass und Orchester in h-Moll ausgesprochen dezent und formal ausgeglichen. Der erweiterte tonale Klangraum triumphierte dann bei Thema und Variationen aus Paul Hindemiths Solosonate Nr. 4 mit Ionel Ungureanu (Deutschland, Viola), während Kyunghwan Lee (Südkorea, Kontrabass) und Zsuzsa Balint (Klavier) bei der Elegie Nr. 1 für Kontrabass in D-Dur von Giovanni Bottesini ein hohes Maß an melodischem Einfühlungsvermögen demonstrierten. Johanna Müller (Deutschland, Violine) und Kira Ratner (Klavier) besaßen beim ersten Satz von Johannes Brahms‘ Violinsonate Nr. 3 in d-Moll viel Sinn für feingliedrige thematische Zusammenhänge. Das spannungsgeladene Hauptthema mit seiner erregten Begleitung konnte sich so gut entfalten. Monika Grimm (Deutschland, Viola) überzeugte dann bei der formal ausgeglichen interpretierten Suite Nr. 3 für Solo Viola von Max Reger. Die Veränderung des musikalischen Gewandes kam dabei höchst differenziert daher. David Martin (Spanien, Violoncello) und Yumi Kimachi (Klavier) interpretierten leidenschaftlich und ausdrucksstark den ersten Allegro-Satz aus dem Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll von Antonin Dvorak, wobei vor allem die Energie des Sonatenschemas nicht zu kurz kam. Benedek Devich (Ungarn, Kontrabass) und Zsuzsa Balint (Klavier) bewiesen bei der transponierten Sonate für Violoncello Nr. 1 in e-Moll von Johannes Brahms  viel Sinn für Kantabilität und Klangfülle, die facettenreich betont wurden. Zuletzt brillierten noch Lorenz Karls (Schweden, Violine) und  Kira Ratner (Klavier) beim ersten Satz Allegro maestoso aus dem Konzert für Violine Nr. 1 in D-Dur von Niccolo Paganini. Das festliche erste Thema erinnerte an die virtuose Melodik Rossinis. Und auch die schön geschwungene Melodik zeigte reichen klangfarblichen Zauber.  

Alexander Walther

 

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